rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Grobes Verschulden eines Rechtsanwalts

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Rechtsanwalt, der über Jahre hinweg ohne weitere Prüfung davon ausgeht, dass Beiträge zum Versorgungswerk bei der Einkommensteuer nicht zu berücksichtigen seien und diese deshalb in der Einkommensteuererklärung nicht angibt, ist grobes Verschulden vorzuwerfen, das es ausschließt, die Beiträge noch nachträglich zu berücksichtigen.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) ein grobes Verschulden des Klägers entgegensteht.

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist seit 1997 als Rechtsanwalt tätig und Mitglied der Sozietät … Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Einkünfte vom Finanzamt … unter der Steuernummer … gesondert und einheitlich festgestellt werden. Die Feststellungserklärungen und Gewinnermittlungen der GbR werden von einem Steuerberatungsbüro erstellt. Die Feststellungserklärungen wurden am ….2001 (für 2000), am ….2002 (für 2001), am ….2003 (für 2002) und am ….2004 (für 2003) eingereicht. Die Feststellungsbescheide ergingen am 14.03.2002 (für 2000), am 24.03.2003 (für 2001), am 27.11.2003 (für 2002) und am 12.11.2004 (für 2003).

Die Kläger erstellten die Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre am 11.02.2002 für 2000, am 27.04.2003 für 2001, am 31.03.2004 für 2002 und am 05.01.2005 für 2003. Sie wurden zur Einkommensteuer 2000 bis 2003 antragsgemäß veranlagt. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung wurden die in dem jeweiligen Mantelbogen zur Einkommensteuererklärung angegebenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie die private Haftpflichtversicherung als Sonderausgaben (Vorsorgeaufwendungen) berücksichtigt.

Nachdem die Kläger im Rahmen der Abgabe der Einkommensteuererklärung 2004 festgestellt hatten, dass, wie auch bereits in den Vorjahren seit 1997, die Mitgliedsbeiträge des Klägers an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Höhe von 4.845,00 DM im Jahre 2000, 6.588,00 DM im Jahr 2001, 4.002,60 EUR im Jahr 2002 und 5.369,19 EUR im Jahr 2003 in den Vorjahren nicht geltend gemacht und berücksichtigt worden waren, beantragten sie die rückwirkende Berichtigung der bestandskräftigen Bescheide. Diese Anträge wurden mit Bescheid vom … 2006 abgelehnt.

Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch trugen die Kläger vor, die Nichtberücksichtigung entstandener Vorsorgeaufwendungen stelle eine neue Tatsache dar. Sie, die Kläger, treffe am nachträglichen Bekanntwerden dieser Tatsachen auch kein grobes Verschulden. Die Buchführung und die Erstellung der Steuererklärung für die GbR obliege Herrn Steuerberater … Die GbR werde durch das Finanzamt … veranlagt. Der Schwerpunkt der anwaltlichen Tätigkeit des Klägers liege im Arbeits- und Beamtenrecht, nicht jedoch im Steuerrecht. Über das normale Maß hinausgehende steuerrechtliche Kenntnisse, habe er nicht. Die Einkommensteuererklärungen seien ohne Hinzuziehung eines Beraters erstellt worden. Aus den Erklärungsvordrucken (insbesondere dem Mantelbogen zur Einkommensteuererklärung, Sonderausgaben) ergebe sich nicht eindeutig, dass im Rahmen der Sonderausgaben auch die Aufwendungen zur Altersversorgung eines Selbständigen einzutragen seien. Ausdrücklich erwähnt würden im Mantelbogen lediglich der Arbeitnehmeranteil sowie andere gleichgestellte Aufwendungen, wobei sich zusätzlich die Hinweise „ohne steuerfreie Zuschüsse des Arbeitgebers” und „in der Regel der Lohnsteuerbescheinigung zu entnehmen” fänden. Selbst bei sorgfältiger Durchsicht lasse sich hieraus nicht entnehmen, dass lediglich Eintragungen von Arbeitnehmern, nicht jedoch von Selbständigen vorzunehmen seien. Der Text im Mantelbogen selbst erwähne auch nur Arbeitnehmer. Der Kläger sei jedoch kein Arbeitnehmer und eine Lohnsteuerbescheinigung werde für ihn nicht ausgestellt. Insofern liege kein grobes Verschulden vor, wenn angesichts der Formulierung im Steuerformular angenommen werde, dass dort keine Versorgungsaufwendungen für Selbständige einzutragen seien. Sofern das Erklärungsformular die Steuerpflichtigen nicht auf die für sie zutreffende Fallgestaltung ausdrücklich hinweise, bestehe darüber hinaus kein weitergehender Anlass, evtl. mit der Steuererklärung übersandte umfangreiche Merkblätter auf diese spezielle Abzugsmöglichkeit hin zu überprüfen (Tipke/Kruse, AO, § 173 AO, Rdnr. 77 und Urteil des FG Köln vom 09.04.1991 13 K 5413/89, EFG 1991, 639). Hinzu komme, dass die Beträge für das Versorgungswerk über die Buchhaltung der Kanzlei überwiesen worden seien. Insofern habe der Kläger annehmen dürfen, dass diese Aufwendungen bereits in der Gewinn- und Verlustrechnung der GbR berücksichtigt und versteuert worden seien. Tatsächlich seien diese Aufwendungen in der Steuererklärung der GbR zwar aufgeführt, jedoch nur im Rahmen der Buchungen und nicht als gewinnmindernder Abzugsposten. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 09.10.1992 III R 72/91 sei g...

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