Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO, § 174 Abs. 4 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

1.) Die Zustimmung des Steuerpflichtigen zur Änderung eines Steuerbescheides nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO muß unzweifelhaft erklärt worden sein.

2.) Eine Änderung nach § 174 Abs. 4 AO kann auch dann durchgeführt werden, wenn zwischenzeitlich ein Erstbescheid für den betreffenden Zeitraum der Erfassung der Besteuerungsgrundlage ergangen ist, in dem der entstandene Widerstreit nicht berücksichtigt wurde.

3) Für die Rechtmäßigkeit eines Änderungsbescheides ist nicht die zu seiner Begründung herangezogene Norm maßgebend, sondern ob die Änderung durch eine entsprechende Korrekturvorschrift gedeckt ist.

 

Normenkette

AO § 174 Abs. 4, § 172 Abs. 1 Nr. 2a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.01.2009; Aktenzeichen X R 27/07)

 

Tatbestand

Der Kläger erzielte aus dem Restaurant „…” Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mit Vertrag vom …1998 veräußerte er das Unternehmen an seinen Bruder … gegen einen festen Barpreis (… DM), eine Leibrente (… DM mtl. inkl. Wertsicherungsklausel) und Übernahme der Verbindlichkeiten (… DM) inklusive der auf den Veräußerungsgewinn anfallenden Einkommensteuern (… DM). Der Übergang von Nutzen und Lasten erfolgte zum 01.02.1998.

In der am …1998 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung 1997 wurde von dem damaligen – mittlerweile verstorbenen – Steuerberater des Klägers ein Veräußerungsgewinn von 809.992 DM erklärt. Nachdem die Veranlagung zur Einkommensteuer 1997 im Wesentlichen antragsgemäß durchgeführt worden war, legte der damalige Steuerberater des Klägers gegen den Einkommensteuerbescheid 1997 vom …1998 Einspruch mit der Begründung ein, dass der Veräußerungsgewinn erst in 1998 entstanden und daher auch erst in 1998 zu versteuern sei. Der Beklagte half daraufhin dem Einspruch ab.

Mit Bescheid vom …1998 wurden – entsprechend den Angaben des damaligen Steuerberaters – die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer 1998 im Hinblick auf den Veräußerungsgewinn erhöht. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger – insoweit vertreten durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten – Einspruch mit der Begründung ein, dass ein Steuerpflichtiger, der seinen Betrieb gegen einen festen Barpreis und eine Leibrente veräußere, bezogen auf die Leibrente ein Wahlrecht habe, den entstandenen Gewinn sofort zu versteuern oder statt dessen die Rentenzahlung als nachträgliche Betriebseinnahmen zu behandeln. In diesem Fall entstehe ein Gewinn erst dann, wenn die Rentenzahlung das steuerliche Kapitalkonto des Veräußerers zzgl. etwaiger Veräußerungskosten übersteige. Daraufhin setzte der Beklagte mit Bescheid vom …1999 die Vorauszahlungen 1998 auf 0 DM herab.

In der Einkommensteuererklärung 1998 vom …1999, die vom damaligen Steuerberater des Klägers erstellt worden ist, wurde eine ab 01.02.1999 laufende Leibrente in Höhe eines Betrages von 77.000 DM mit einem Ertragsanteil von 31% als sonstige Einkünfte erklärt. Angaben zum Rentenanspruch wurden nicht gemacht (Zeile 36 der Anlage KSO). Der Einkommensteuererklärung war keine Anlage GSE beigefügt. Der Veräußerungsgewinn wurde daher nicht erklärt.

Der Beklagte führte die Veranlagung für 1998 mit Bescheid vom …2000 erklärungsgemäß durch. In den Erläuterungen wurde die Aufgabebilanz zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe angefordert. Soweit aus den Steuerakten ersichtlich, wurde keine Aufgabebilanz auf den Zeitpunkt der Betriebsveräußerung eingereicht.

Im Jahre 2003 wurde beim Erwerber des Betriebes, dem Bruder des Klägers, eine Außenprüfung durchgeführt. In diesem Zusammenhang gelangte der Prüfer zu der Erkenntnis, dass eine sofortige Versteuerung des Veräußerungsgewinns beim Kläger in 1998 gewollt war.

Mit Änderungsbescheid nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vom …2003 wurde die Einkommensteuer 1998 unter Ansatz eines Veräußerungsgewinns von 809.992 DM neu ermittelt. Dabei ging der Beklagte davon aus, dass der damalige Steuerberater des Klägers am …1998 einen entsprechenden Antrag gestellt habe.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger rechtzeitig Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass im Schreiben des damaligen Steuerberaters vom …1998 der grundsätzliche Wille ausgedrückt worden sei, den Veräußerungsgewinn sofort in 1998 zu versteuern. Der Beklagte habe somit den Veräußerungsgewinn für 1998 ansetzen müssen. Eine Zustimmung zu einer späteren Änderung sei nicht erteilt worden.

Mit Entscheidung vom …2004 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Die hiergegen erhobene Klage begründet der Kläger damit, dass er den Einspruch gegen den Vorauszahlungsbescheid vom …1998 deshalb eingelegt habe, weil man bei Vertragsschluss davon ausgegangen sei, dass bei normalem Ablauf des Veranlagungsverfahrens die Besteuerung eines Veräußerungsgewinnes aus dem Jahre 1998 frühestens Anfang des Geschäftsjahres 2000 zu einer Einkommensteuernachzahlung und damit zu Liquiditätsabfluss auf Seiten der Erwerber führen werde. Mit einer Einkommensteuerbelastung bereits im Vorauszahlungsverfahren habe keiner de...

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