Entscheidungsstichwort (Thema)

Frist für den Antrag auf Erstattung von KapESt bei vgA

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Antrag auf Erstattung von Kapitalertragsteuer bei vgA ist gemäß § 50d Abs. 1 Satz 8 EStG spätestens 6 Monate nach dem Zeitpunkt der Entrichtung der Steuer zu stellen. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts ist weder der Zeitpunkt der Festsetzung der Kapitalertragsteuer maßgebend, noch ob diese bestandskräftig ist.

2) Eine teleologische Ausdehnung des § 50d Abs. 1 Satz 8 EStG kommt nicht in Betracht.

3) Die Fristenregelung des § 50d Abs. 1 Sätze 7 und 8 EStG ist mit EU-Recht vereinbar, insbesondere liegt weder ein Verstoß gegen die Mutter-Tochter-Richtlinie vor, noch werden die Niederlassungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit verletzt.

 

Normenkette

EStG § 43b; EURL 96/2011 Erwägungsgrund 3; AEUV Art. 49, 56; EStG § 50d

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten streitig, ob der Klägerin bezüglich der Streitjahre 2007 und 2008 ein Anspruch auf Erstattung von Kapitalertragsteuer zusteht. Dabei ist insbesondere problematisch, ob die Antragsfrist versäumt wurde.

Die Klägerin ist in Tschechien ansässig und zu 100 % Anteilseignerin der A GmbH (B/Deutschland).

Im Jahre 2011 wurde bei der A GmbH für die Geschäftsjahre 2007 bis 2009 eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt F durchgeführt.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 teilte das Finanzamt F den Steuerberatern der A GmbH die Prüfungsergebnisse mit. Wesentliche Prüfungsfeststellung war die Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen der A GmbH an die Klägerin in den Jahren 2007 bis 2009. Dementsprechend erließ das Finanzamt F am 27. Juni 2012 geänderte Steuerbescheide. Hierzu gehörte unter anderem ein Nachforderungsbescheid über Kapitalertragsteuer 2007, 2008 und 2009, in dem die Kapitalertragsteuer wie folgt festgesetzt wurde:

Jahr

KapESt

SolZ

2007

19.883 €

1.094 €

2008

43.752 €

2.406 €

2009

18.488 €

1.017 €

Die Kapitalertragsteuer wurde wie folgt gezahlt:

14.09.2012

258,46 €

KapESt 2007

28.09.2012

66.876,54 €

KapESt und SolZ 2007 und 2008

26.11.2012

19.505,00 €

KapESt und SolZ 2009

Im Laufe des von der A GmbH geführten Einspruchsverfahrens änderte das FA F die streitigen Steuerbescheide und setzte u.a. die Kapitalertragsteuer jeweils mit Bescheid vom 25. März 2013 wie folgt herab.

Jahr

KapESt

SolZ

Summe

2007

7.903 €

434 €

8.337 €

2008

19.123 €

1.051 €

20.174 €

2009

6.637 €

365 €

7.002 €

Am 22. August 2013 (Posteingangsdatum) beantragte die Klägerin die Erstattung von Kapitalertragsteuer in Höhe von insgesamt 35.513 € (KapESt zzgl. SolZ), die die A GmbH auf die verdeckten Gewinnausschüttungen bezüglich der Jahre 2007-2009 einbehalten und abgeführt hatte, wie folgt:

Zeitpunkt des Zuflusses der Erträge

Bruttozufluss

Abgeführte Steuer und Steuerzuschläge

Beantragte Erstattungen (Steuer und Steuerzuschläge)

31.12.2007

31.613,32 €

8.337,00 €

(= 7.903 € KapESt zzgl. 434,00 € SolZ)

8.337,00 €

31.12.2008

76.492,72 €

20.174,00 €

(= 19.123 € KapESt zzgl. 1.051 € SolZ)

20.174,00 €

31.12.2009

26.549,13 €

7.002,00 €

(= 6.637 € KapESt zzgl. 365 € SolZ)

7.002,00 €

Mit Bescheid vom 14. November 2013 gewährte der Beklagte die Erstattung für das Jahr 2009 i.H.v. 7.002,33 €. Bezüglich der Jahre 2007 und 2008 lehnte er eine Erstattung jedoch ab.

Hiergegen legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2015 wegen Versäumung der Frist gemäß § 50d Abs. 1 Sätze 9 und 10 EStG als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung ihrer am 10. März 2015 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen des § 43b EStG unstreitig sei. Streitig sei allein die Rechtsfrage, ob der Erstattungsanspruch gemäß § 50d Abs. 1 Satz 10 EStG verjährt sei. Soweit der Beklagte die Norm allein auf der Grundlage des Wortlauts auslege, führe dies dazu, dass der Erstattungsanspruch bereits vor rechtskräftiger Festsetzung der Kapitalertragsteuer verjähre. Eine solche Auslegung sei weder mit geltendem nationalem Recht noch mit Unionsrecht vereinbar.

Mit der Änderung vom 25. März 2013 sei die Festsetzung vom 27. Juni 2012 entfallen und durch die neue Festsetzung ersetzt worden. Diese verfahrensrechtliche Folge setze sich auch im Abrechnungsteil des Bescheides fort. Durch den Wegfall des Regelungsgehaltes des Bescheides vom 27. Juni 2012 seien ein Steuererstattungsanspruch des Vergütungsschuldners bezogen auf diesen Bescheid und zugleich eine neue Steuerschuld aufgrund des neu erlassenen Bescheides vom 25. März 2013 entstanden. Im Abrechnungsteil des Bescheides werde dann dieser Erstattungsanspruch mit der neuen Steuerschuld verrechnet und es erfolge lediglich ein Spitzenausgleich (hier eine Erstattung). Nichtsdestotrotz sei damit die letztlich bestandskräftig festgesetzte Steuer nicht nur erst am 25. März 2013 festgesetzt worden, sondern zugleich auch durch Aufrechnung (§ 226 AO) in vollem Umfang neu entrichtet worden.

Der Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragsteuer sei nicht gemäß § 50d Abs. 1 Satz 10 EStG verjährt.

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