Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergleichsbeträge aus der Rückabwicklung eines Baukredits als einkommensteuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Vergleichsbetrag, welcher von der Bank nach Widerruf der dem Kreditverhältnis zugrunde liegenden Willenserklärung des Darlehensnehmers als Ersatz für Nutzungsvorteile geleistet wird, die die Bank aus laufenden Zins- und Tilgungszahlungen gezogen hat (Nutzungsersatz), führt zu Kapitaleinkünften gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

2) Die Aufteilung der Vergleichssumme in einen steuerpflichtigen Nutzungsersatz und eine nichtsteuerbare Rückzahlung überhöhter Zinsen scheidet aus, sofern in dem Zivilrechtsstreit ausschließlich Nutzungsersatz eingeklagt wurde und nicht auch die Rückgewähr von Zinszahlungen.

 

Normenkette

EStG § 12 Nr. 3, § 32d; EStG 2017 § 20 Abs. 1 Nr. 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.11.2023; Aktenzeichen VIII R 7/21)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Steuerpflicht einer Vergleichszahlung im Streitjahr 2017 im Anschluss an den Widerruf eines Darlehensverhältnisses durch die Kläger.

Die Kläger hatten am ….2005 einen Darlehensvertrag zur Finanzierung der von ihnen bewohnten Immobilie mit der A-Bank (A-Bank), einem Geschäftsbereich der K-Bank, über 208.000 € abgeschlossen. Der vereinbarte Zinssatz betrug 4,1 % bei 3 % Tilgungsrate; vereinbart war eine Zinsbindung von 20 Jahren. Die Auszahlung des Darlehens erfolgte im September bzw. Oktober 2005; die Kläger ihrerseits leisteten Ratenzahlungen auf die so entstandene Darlehens- und Zinsschuld i.H.v. 710,67 € im Oktober 2005 und anschließend i.H.v. 1.230,67 € monatlich seit 11/2005. Überdies leisteten die Kläger eine Reihe von Sondertilgungen (30.000 € zu jeweils 5.000 €).

Mit Erklärung vom 27.9.2015 kündigten die Kläger das Darlehensverhältnis gegenüber der A-Bank zum 30.4.2016 (GA Bl. 228). Zudem widerriefen die Kläger ihre Willenserklärung zum Abschluss des Darlehensvertrags mit Schreiben vom 21.3.2016, da die Widerrufsbelehrung seitens der A-Bank nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Zum 30.4.2016 lösten die Kläger die seinerzeit noch offene Restvaluta i.H.v. 90.662,40 € ab (GA Bl. 242, 267 und Anl. K4 zur Zivilklageschrift sowie die Anlage zur Einkommensteuererklärung, die die Restvaluta nur marginal abweichend mit 90.663,78 € angibt).

Im Rahmen einer anschließenden zivilgerichtlichen Auseinandersetzung im Verfahren … war bis zuletzt der von der Bank zu leistende Nutzungsersatz für die von den Klägern erbrachten Leistungen streitig. Die Kläger hatten in diesem Verfahren einen Betrag i.H.v. 23.444,88 € eingeklagt. Dieser Betrag war auf der Grundlage einer Tabelle der „Stiftung Warentest” errechnet worden (GA Bl. 315/316, der Zivilklage als „Anl. 4” beigefügt, vgl. ferner Bl. 27 der Zivilklageschrift vom ….2017). Die Tabelle enthält in einer Spalte sämtliche vom Darlehensnehmer geleisteten Zahlungen, mit Ausnahme der Sondertilgungen, die in einer Extraspalte eingetragen waren. Der Gesamtbetrag i.H.v. 23.444,88 € ergab sich dann als Summe der Spalte „Vorteil Rückabwicklung / 2,5 %”, die die Verzinsung der geleisteten Beträge mit 2,5 % zugunsten des Darlehensnehmers zum 30.4.2016 auswies (GA Bl. 268, ferner Bl. 28 der Zivilklageschrift).

Dazu führte der Prozessvertreter der Kläger im Zivilverfahren auf Bl. 24 der Klageschrift aus, dass der im Streitfall vereinbarte Zinssatz zugunsten der A-Bank als marktüblich zu unterstellen sei und der A-Bank deshalb die Summe aller an sie geleisteten Zinszahlungen zustehe, sodass für den zwischen den Klägern und der A-Bank geführten Zivilrechtsstreit die seitens der A-Bank in der Vergangenheit vereinnahmten Zinsen nicht in Zweifel gezogen würden. Soweit die Kläger als Darlehensnehmer die Herausgabe der erlangten Früchte verlangen könnten, seien dies die Zinsen, die die A-Bank in der Zeit zwischen Auskehr und Rückzahlung (bzw. Saldierung) jeder geleisteten Rate erwirtschaftet habe. Dabei sei zugunsten der Kläger als Darlehensnehmer zu vermuten, dass die A-Bank einen Zins von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB als gewonnene Früchte herauszugeben habe, wobei als Stichtag der auf den Widerruf des Darlehensvertrags folgende nächste 1. des Folgemonats zu sehen sei, im Streitfall also der 1.4.2016. Ergänzt werden diese Ausführungen durch das „Zwischenergebnis” (Bl. 25 der Zivilklageschrift), nach welchem infolge des durch Widerruf beendeten Leistungsaustausches einzig die vermutungsgemäß von der A-Bank gezogenen Nutzungen herauszugeben seien. Die Kläger hätten ihre Ansprüche dementsprechend berechnet und verlangten „lediglich … eine Verzinsung unter Verzugsgesichtspunkten” aus der Summe der aufgelaufenen Zinsen und der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung.

Seitens der zuständigen Zivilkammer des LG T wurde sodann in öffentlicher Sitzung vom ….2017 darauf hingewiesen, dass die Kläger bezüglich ihrer „eigenen Zins- und Tilgungsleistungen” mit einem Nutzungsersatz i.H.v. 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinss...

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