Entscheidungsstichwort (Thema)

Stundung der ErbSt für einen Nacherwerb wegen nießbrauchsbelasteten Vorerwerbs

 

Leitsatz (redaktionell)

Die in § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG vorgesehene Stundung der Erbschaftsteuer auf nießbrauchsbelastetes Vermögen ist auch zu gewähren, wenn zwar nicht der Erwerb, aber der Vorerwerb nach § 14 ErbStG zugunsten des Ehegatten des Erblassers belastet ist.

 

Normenkette

ErbStG § 14; ErbStH 2003 H 85; ErbStG § 25 Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.03.2006; Aktenzeichen II R 29/05)

BFH (Urteil vom 08.03.2006; Aktenzeichen II R 29/05)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und ggf. in welcher Höhe die Erbschaftsteuer für einen Nacherwerb nach § 25 Abs. 1 Satz 2 Erbschaftsteuergesetz – ErbStG – deshalb zu stunden ist, weil ein nach § 14 ErbStG zu berücksichtigender Vorerwerb mit einem Nießbrauchsrecht belastet ist.

Die Kläger sind Vermächtnisnehmer ihres am 09.01… verstorbenen Vaters, Herrn … Im Ehegattentestament der Eheleute … vom 10.04… wurden den Klägern Geldvermächtnisse i.H.v. jeweils 400.000 DM zugewandt.

Durch notariellen Vertrag vom 09.09… hatten …, geb. am 11.10…, und seine Ehefrau, Frau …, geb. am 27.05…, den Klägern zu je ½ das Eigentum an dem Grundstück … (Einheitswert 143.200 DM) und an dem Grundstück … (Einheitswert 44.200 DM) in … gegen Einräumung eines lebenslänglichen Nießbrauchsrechts übertragen. Nach Punkt II. 1. des Übertragungsvertrags vom 09.09.1994 sollte das Nießbrauchsrecht nach dem Tode des Zuerstversterbenden der Berechtigten dem Überlebenden von ihnen ganz und uneingeschränkt zustehen.

Am … erließ der Beklagte gegenüber den Klägern zwei Erbschaftsteuerscheide, in denen die Erbschafsteuer i.H.v. jeweils 4.585 DM wie folgt ermittelt wurde:

– Vermächtnis:

400.000 DM

– zzgl. Vorerwerb:

½ Anteil …:

71.600 DM

½ Anteil …,

22.100 DM

93.700 DM × 140 % × ½

65.590 DM

465.590 DM

– abzüglich Freibetrag für Steuerklasse I:

400.000 DM

– abgerundet:

65.500 DM

– Steuer nach Steuerklasse: 7 % von 65.500 DM:

4.585 DM

Gegen die beiden Erbschaftsteuerbescheide legten die Kläger Einsprüche ein und beantragten, wegen der Nießbrauchsbelastung des Vorerwerbs die Erbschaftsteuer nach § 25 ErbStG zu stunden.

Die Einspruchsverfahren verliefen erfolglos. Durch Einspruchsentscheidungen vom … wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte vertrat die Ansicht, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG eine Nießbrauchsbelastung nur dann zu einer Stundung der festgesetzten Steuer führen kann, wenn der Erwerb selbst mit einer solchen Belastung beschwert ist. Da der „letzte Erwerb” im Sinne des § 14 ErbStG im Streitfall nicht mit einer solchen Belastung beschwert sei, komme eine Stundung nicht in Betracht. Der „frühere Erwerb” sei als selbständiger Erwerb hier nicht einzubeziehen.

Mit der von den Klägern gemeinsam erhobenen Klage verfolgen diese ihr Begehren weiter. Sie sind der Ansicht, dass die vom Beklagten in zutreffender Höhe festgesetzte Erbschaftsteuer nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG zinslos zu stunden ist. Die vom Beklagten vorgenommene Auslegung des § 25 ErbStG verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz – GG –. Es könne insoweit keinen Unterscheid machen, ob zunächst eine Immobilie unter Nießbrauchsvorbehalt verschenkt und dann ein Geldvermächtnis zugewandt werde, oder ob dies umgekehrt erfolge.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten zu verpflichten, die in den Erbschafsteuerbescheiden vom …festgesetzte Erbschaftsteuer i.H.v. jeweils 1.673 DM nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG zinslos zu stunden.

Der Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen,
  2. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

I. Die beiden Erbschaftsteuerbescheide vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 19.11.2001 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

Der Beklagte hat die in den Erbschaftsteuerbescheiden vom … gegenüber den Klägern festgesetzte Erbschaftsteuer zu Unrecht nicht nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG i.H.v. jeweils 1.673 DM bis zum Wegfall des hinsichtlich der Grundstücke … und … in … bestehenden Nießbrauchsrechts zinslos gestundet.

1. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG wird der Erwerb von Vermögen, dessen Nutzungen dem Schenker oder dem Ehegatten des Erblassers (Schenkers) zustehen oder das mit einer Rentenverpflichtung oder mit der Verpflichtung zu sonstigen wiederkehrenden Leistungen zugunsten dieser Personen belastet ist, ohne Berücksichtigung dieser Belastungen besteuert. Die Steuer, die auf den Kapitalwert dieser Belastungen entfällt, ist jedoch gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG bis zu deren Erlöschen zinslos zu stunden.

2. Im Streitfall war der Erwerb der Kläger von Todes wegen nach ihrem am 09.01… verstorbenen Vater nicht mit ...

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