Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.08.1998; Aktenzeichen V R 55/96)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft … Rechts mit Sitz in … Gegenstand ihres Unternehmens ist der Vertrieb von …

Am 16. August 1989 beantragte sie die Vergütung von Vorsteuern im Rahmen des besonderen Vergütungsverfahrens nach den §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-DurchführungsverordnungUStDV – für den Vergütungszeitraum Januar bis März 1989 in Höhe von … DM. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Verfügung vom 17. Oktober 1989 ab. Hiergegen erhob die Klägerin am 8.11.1989 Einspruch.

Am 27. September 1989 hatte die Klägerin eine weitere Vergütung für denselben Vergütungszeitraum in Höhe von … DM beantragt. Dieser Antrag betraf eine Rechnung der … GmbH vom 1. Februar 1989 über eine Abfindung für die Auflösung eines Händlervertrages. Hierzu legte die Klägerin dem Beklagten eine Kopie der Rechnung vom 1. Februar 1989 vor. Zum Verbleib der Originalrechnung gab sie an, diese sei mit Begleitschreiben vom 9. November 1989 von ihr an ihre Bevollmächtigten im Vergütungsverfahren, die Rechtsanwälte …, in …, versandt worden. Auf dem Postwege sei die Rechnung verloren gegangen und könne deshalb nicht vorgelegt werden. Die Klägerin beantragte, den Vergütungsantrag vom 27. September 1989 in das laufende Einspruchsverfahren über den Vergütungsantrag vom 16. August 1989 einzubeziehen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 1990 wies der Beklagte den Einspruch hinsichtlich der Vorsteuer aus der Rechnung vom 1. Februar 1989 als unbegründet zurück. Gemäß § 61 Abs. 1 UStDV setze die Vergütung voraus, daß die erforderlichen Belege dem Vergütungsantrag im Original beigefügt seien, was im Streitfall nicht geschehen sei. Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.

Die Klägerin ist der Auffassung, die in § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV sowie in Artikel 3 der 8. Umsatzsteuer-Richtlinie der EG getroffenen Regelungen seien auslegungsfähig und auslegungsbedürftig. Eine zutreffende Auslegung ergebe, daß nach dem Willen des Verordnungs- und Richtliniengebers Ausnahmen von der grundsätzlichen Regelung des Nachweises durch Originalbelege möglich seien. Der Streitfall sei ein derartiger Ausnahmefall.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid auf Vergütung der Umsatzsteuer vom 17. Oktober 1989 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 1990 aufzuheben und das Bundesamt für Finanzen zu verurteilen, die Umsatzsteuervergütung für den Vergütungszeitraum 01/89 bis 03/89 auf DM … festzusetzen,

hilfsweise,

den Bescheid auf Vergütung der Umsatzsteuer vom 17. Oktober 1989 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 1990 zu ändern und, die Umsatzsteuervergütung für den Vergütungszeitraum 01/89 bis 03/89 auf DM … festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Angesichts des klaren Gesetzeswortlauts sei eine Ausnahme vom „Originalzwang” nur möglich, wenn die Originalrechnung aufgrund höherer Gewalt wie beispielsweise Brand oder Diebstahl untergegangen sei und der Antragsteller dies nachweise.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

§ 61 Abs. 1 UStDV lautet: „Der Unternehmer hat die Vergütung … zu beantragen. … Dem Vergütungsantrag sind die Rechnungen und Einfuhrbelege im Original beizufügen.” Artikel 3 der 8. Umsatzsteuerrichtlinie der EG lautet: „Um die Erstattung zu erhalten, muß ein in Artikel 2 genannter Steuerpflichtiger … einen Antrag stellen, dem die Originale der Rechnungen oder Einfuhrdokumente beizufügen sind.”

Die verwendeten Begriffe „Rechnungen … im Original” bzw. „Originale der Rechnungen” haben ebenso wie die verwendeten Begriffe „sind … beizufügen” bzw. „beizufügen sind” einen eindeutigen Inhalt. Das unmißverständliche Verlangen des Verordnungs- und Richtliniengebers nach Beifügung der Originalrechnungen kann nur so verstanden werden, daß ohne Beifügung der Originalrechnungen ein Vergütungsanspruch materiell-rechtlich nicht bestellt oder jedenfalls aus formellen Gründen nicht mit Erfolg geltend gemacht werden kann. Dies ergibt sich einmal daraus, daß der Verordnungs- und Richtliniengeber sich nicht darauf beschränkt hat, lediglich den Begriff „Rechnungen” zu verwenden, wie er dies in anderen Fällen getan hat (vgl. Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der 6. Umsatzsteuerrichtlinie der EG und den hierzu ergangenen Vorlagebeschluß des BFH vom 12. Oktober 1994 IX R 63/93 an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften; dortiges Aktenzeichen C-85/95). Zum andern ergibt sich das zwingende Erfordernis der Vorlage der Originalbelege aus dem Umstand, daß dem Verordnungs- und Richtliniengeber die Möglichkeit des Abhandenkommens von Originalbelegen bekannt war, er für keinen derartiger Fälle jedoch eine Ausnahmeregelung in der Verordnung bzw. der Richtlinie getroffen hat.

Der Senat hält dieses Auslegungsergebnis auch für verfassungskonform, zumal bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 163, 227 der Abgabenordnung – AO – Billigkeitsmaßnahmen möglich sind, auf die ggfs. ein Rechtsanspruch besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnu...

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