Entscheidungsstichwort (Thema)

Abfindung an belgischen Arbeitnehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine an einen in Belgien ansässigen Arbeitnehmer gezahlte Entlassungsentschädigung ist in Deutschland nicht steuerpflichtig.

 

Normenkette

EStG §§ 19, 24 Nr. 1, § 1 Abs. 3, § 50d Abs. 8; DBA-Belgien Art. 15 Abs. 1

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob eine an den Antragsteller gezahlte Abfindung in Deutschland zu versteuern ist.

Der Antragsteller und seine Ehefrau haben ihren Wohnsitz in Belgien. Der Antragsteller erzielte im Streitjahr als Maschinenschlosser in Deutschland Einkünfte aus einer nichtselbständigen Tätigkeit. Der Arbeitgeber des Antragstellers (Arbeitgeber) stellte seine Maschinenproduktion zum 31.12.2004 in B ein und kündigte dem Antragsteller aus diesem Grund. In einem mit dem Betriebsrat vereinbarten Sozialplan verpflichtete sich der Arbeitgeber, dass jeder Betroffene, dem betriebsbedingt gekündigt werde, eine Abfindung in Höhe von 700,00 EUR pro Beschäftigungsjahr erhalte. Zu diesem Personenkreis gehörte auch der Antragsteller. Ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmer mit Kindern erhielten weitere Vergünstigungen.

Der Antragsteller erhielt im Streitjahr neben einem Bruttoarbeitslohn von 43.218,70 EUR eine Entlassungsentschädigung i. H. v. 23.510,00 EUR. Mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung 2004 beantragte der Antragsteller die Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung nach den Grundsätzen der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG. Beigefügt war eine Bescheinigung EU/EWR aus der sich ergab, dass der Antragsteller in Belgien im Streitjahr keine Einkünfte erzielt hatte, die dort der Besteuerung unterlagen.

Mit Bescheid vom 19.07.2007 setzte das Finanzamt (FA) die Einkommensteuer 2004 nach den Grundsätzen der unbeschränkten Steuerpflicht fest. Die Abfindung i. H. v. 23.510,00 EUR bezog das FA dabei nach Abzug des Freibetrags von 9.000,00 EUR in die Steuerfestsetzung mit ein, wobei es die Abfindung der 1/5-Regelung unterwarf.

Hierbei berief sich der Antragsgegner auf eine zwischen dem Bundesministerium der Finanzen der Bundesrepublik Deutschland und dem Finanzministerium des Königreichs Belgien am 15.12.2006 getroffene Verständigungsvereinbarung (bekannt gegeben durch BMF Erlass vom 10.01.2007 – IV B 6-S 1301 BEL-1/07, BStBl I 2007, 261). Danach sei die Besteuerung von Abfindungen an Arbeitnehmer abhängig vom wirtschaftlichen Hintergrund der jeweiligen Zahlung. Sei einer Abfindung Versorgungscharakter beizumessen, könne sie gemäß Art. 18 DBA Belgien nur im Wohnsitzstaat des Empfängers besteuert werden. Handele es sich dagegen bei der Abfindung um eine im Rahmen eines Arbeitsvertrags geleistete Nachzahlung von Löhnen, Gehältern oder anderen Vergütungen oder werde die Abfindung allgemein für die Auflösung des Arbeitsvertrags gewährt, so könne sie gemäß Art. 15 DBA Belgien in dem Staat besteuert werden, in dem die Tätigkeit ausgeübt werde. Diese Vereinbarung sei auch auf alle zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch nicht abgeschlossenen Verfahren anzuwenden.

Gegen den Bescheid vom 19.07.2007 legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides. Während das FA über den Einspruch bisher nicht entschieden hat, lehnte es die Aussetzung der Vollziehung ab. Auch den hiergegen eingelegten Einspruch wies es durch Einspruchsentscheidung zurück. Am 31.08.2007 hat der Antragsteller den vorliegenden Eilantrag erhoben.

Der Antragsteller trägt vor, das Besteuerungsrecht für Abfindungen habe nach dem DBA Belgien der Wohnsitzstaat, hier: Belgien. Zwar hätten sich die Finanzbehörden der beteiligten Staaten am 15.12.2006 darauf geeinigt, das Besteuerungsrecht für Abfindungen wegen der Auflösung eines Arbeitsvertrags dem Tätigkeitsstaat zuzuweisen, diese Verwaltungsanweisung stehe aber im Widerspruch zur bisherigen Auslegung des DBA Belgien durch die Behörden beider Staaten und der ständige höchstrichterliche deutsche Rechtsprechung. Sie sei deswegen im Streitfall nicht anwendbar. Eine ministerielle Anordnung könne ein DBA nicht ändern. Darüber hinaus enthalte die Verwaltungsanweisung vom 15.12.2006 eine unzulässige Rückwirkung auf den streitigen Veranlagungszeitraum 2004.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung des Bescheids 2004 (Einkommensteuer, Zinsen zur Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag) vom 19.07.2007 in Höhe der geforderten Nachzahlung von 6.298,48 EUR auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsgegner macht geltend, entgegen der Auffassung des Antragstellers handele es sich bei der Verständigungsvereinbarung vom 15.12.2006 nicht um eine einfache Verwaltungsanweisung, sondern vielmehr um eine durch einen BMF-Erlass bekannt gegebene vertragliche Vereinbarung zwischen den beteiligten Staaten Belgien und Deutschland zur Auslegung und Anwendung des bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens, die ebenso bindend sei, wie das Doppelbesteuerungsabkommen selbst. Eine zusätzliche Änderung des DBAs selbst sei nicht erforderlich gewesen.

 

Entscheidun...

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