rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Entstehung einer Erledigungsgebühr im finanzgerichtlichen Klageverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Im Verfahren des 1. Rechtszugs entsteht eine Erledigungsgebühr wegen "Mitwirkens" des Rechtsanwalts an der Erledigung schon dann, wenn der Rechtsanwalt einem Erledigungsvorschlag des Berichterstatters zustimmt, bei dem das ursprüngliche Klagebegehren im Interesse der außergerichtlichen Beendigung des Rechtsstreits nicht unwesentlich eingeschränkt wird.

2) Eine nicht unwesentliche Einschränkung erreicht der Rechtsanwalt, wenn der Kläger einer Einschränkung seines Begehrens um mehr als 10% zustimmt.

 

Normenkette

FGO § 139 Abs. 1; BRAGO § 24 Abs. 1

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Prozessbevollmächtigten eine Erledigungsgebühr zusteht.

Mit seinem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 begehrte der Kläger die Berücksichtigung von 10.985 DM Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung (97 Fahrten á 216 km zur krankheitsbedingten Pflege seiner Mutter) und zusätzlich die Berücksichtigung eigener Krankheitskosten von 3.129 DM als außergewöhnliche Belastung. Im anschließenden Klageverfahren 7 K 3420/02 beschränkte sich das Begehren des Klägers zunächst auf die Berücksichtigung der Fahrtkosten zur Pflege der Mutter. Im Erörterungstermin vom 27. Januar 2003, bei dem sowohl der Erinnerungsführer als auch der Prozessbevollmächtigte anwesend waren, sagte der Erinnerungsgegner nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage die Berücksichtigung von 2.920 DM Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung zu. Außerdem verpflichtete sich der Erinnerungsgegner, die eigenen Krankheitskosten des Erinnerungsführers von 3.192 DM als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Ferner sagte der Vertreter des Erinnerungsgegners für das Folgejahr 2001 verbindlich zu, die Fahrtkosten insoweit als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, als sie über normale Besuchsfahrten einmal alle zwei Wochen hinausgingen. Anschließend wurde der Rechtsstreit von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärt. Entsprechend der Anregung der Beteiligten wurden die Kosten des Verfahrens mit Beschluss vom 17. Februar 2003 dem Kläger zu 1/4 und dem Beklagten zu 3/4 auferlegt.

Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag beantragte der Prozessbevollmächtigte, die zu erstattenden Kosten unter Berücksichtigung einer Erledigungsgebühr festzusetzen. Im vorliegend streitgegenständlichen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7. Oktober 2003 wurden die zu erstattenden Kosten auf 191,50 EUR festgesetzt. Eine Erledigungsgebühr wurde dabei nicht berücksichtigt. Der Kostenbeamte vertrat die Ansicht, eine Erledigungsgebühr entstehe nicht, wenn die Behörde unter dem Eindruck schriftlicher oder mündlicher Ausführungen während des Prozesses oder auf Anregung des Berichterstatters einlenke.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Erinnerung ist begründet. Die für die Entstehung einer Erledigungsgebühr erforderlichen Mitwirkung liegt auch dann vor, wenn der Prozessbevollmächtigte einem Erledigungsvorschlag des Berichterstatters zustimmt, bei dem das ursprüngliche Klagebegehren im Interesse der außergerichtlichen Beendigung des Rechtsstreits nicht unwesentlich eingeschränkt wird.

1. Erledigt sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts, so erhält der Rechtsanwalt, der bei der Erledigung mitgewirkt hat, eine volle Gebühr (§ 24 BRAGO). Nach welchen Gesichtspunkten der Begriff „mitwirken” an der Erledigung auszulegen ist, wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum nicht einheitlich beurteilt.

a) Nach einer teilweise vertretenen Rechtsauffassung fällt die Erledigungsgebühr bereits an, wenn der Prozessbevollmächtigte in der Klagebegründung Argumente vorträgt, die das Gericht oder die Verwaltungsbehörde mit der Folge der Erledigung ohne Urteil überzeugen (vgl. insoweit die Nachweise bei Tipke/Kruse, AO/FGO, § 139 FGO Rz 99). Dagegen spricht jedoch, dass die Erledigungsgebühr einen Ersatz für die Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO darstellt, die in öffentlich-rechtlichen Streitsachen nur ausnahmsweise in Betracht kommt (vgl. § 23 Abs. 3 BRAGO). Auch die Vergleichsgebühr wird nicht bereits durch die allgemeine Prozessführung (Klageerhebung und Begründung derselben) verdient; erforderlich ist vielmehr eine darüber hinausgehende Mitwirkung beim Abschluss oder bei der Vorbereitung eines Vergleichs, auch wenn die Vergleichsbereitschaft des Gegners durch die allgemeine Prozessführung gefördert wird (vgl. FG Köln, Beschluss vom 2. Juli 2001 10 Ko 2725/01, EFG 2001, 1321; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, BRAGO, 8. Aufl. § 23 Rz. 21).

Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Prozessbevollmächtigte im finanzgerichtlichen Verfahren gegenüber einem Rechtsanwalt privilegiert werden sollte, der im Zivilprozess eine auf einen Vergleich gerichtete Tätigkeit entfaltet. Deshalb kommt als „Mitwirkung bei der Erledigung” nur eine besondere Tätigkeit des Prozessb...

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