Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer: Keine Steuerfreiheit für Zinsen nach § 1 Abs. 1 EntschG

 

Leitsatz (amtlich)

Zinsen nach § 1 Abs. 1 EntschG sind nicht gemäß § 3 Nr. 7 EStG steuerfrei, sondern im Jahr des Zuflusses als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig.

 

Normenkette

EStG 2009 § 3 Nr. 7, § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 32d Abs. 1 S. 1; EntschG § 1 Abs. 1 S. 5

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Steuerfreiheit einer - als Zinsen bezeichneten - Zahlung aufgrund einer Ausgleichsleistung.

Mit Bescheid vom 12.03.2009 erkannte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen A der Klägerin einen Anspruch auf Ausgleichsleistung für das Gut B, ehemals Landkreis C, in Höhe von 38.000 DM (= 19.429,09 €) gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können (Ausgleichsleistungsgesetz - AusglLeistG -, BGBl I 2004, 1665) zu. Zusätzlich setzte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Entschädigungsgesetz - EntschG -, BGBl I 2004, 1658) eine Zahlung in Höhe von 0,5 % pro Kalendermonat auf die Ausgleichsleistung für die Zeit von Januar 2004 bis einschließlich Februar 2009 in Höhe von insgesamt 6.023,02 € fest. Die Klägerin erhielt die Zahlung in Höhe von 6.023,02 € im Mai 2009.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2009 teilten die Kläger die Zahlung in Höhe von 6.023,02 € mit, berücksichtigten jedoch - neben anderen unstreitigen Einkünften der Klägerin aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.237 € - nur einen anteiligen auf das Kalenderjahr 2009 entfallenden Betrag in Höhe von 194 €. Zugleich beantragten die Kläger eine Veranlagung für die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Beklagte erließ am 06.08.2010 einen Einkommensteuerbescheid für 2009, in dem er den Betrag in Höhe von 6.023 € insgesamt als Kapitalertrag der Klägerin der Besteuerung nach der tariflichen Einkommensteuer und den erklärten Betrag in Höhe von 194 € - ohne steuerliche Auswirkung - der Abgeltungsteuer zu Grunde legte, und setzte die Einkommensteuer auf 20.823 € fest. Hiergegen legten die Kläger am 20.08.2010 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 24.09.2010 zurückwies.

Am 18.10.2010 erhoben die Kläger Klage. Sie sind der Auffassung, die Zahlung in Höhe von 6.023,02 € sei gemäß § 3 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei. Es handele sich nicht um einen Kapitalertrag im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Die Klägerin habe kein Kapitalvermögen überlassen. Die Klägerin habe dem Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen ihren Ausgleichsanspruch nicht freiwillig zur Nutzung überlassen. Vielmehr handele es sich bei der Zahlung um steuerfreien Schadensersatz wegen der verzögerten Bearbeitung des Antrages der Klägerin auf Ausgleichsleistung. Entgegen der bis zum 31.12.2003 erfolgten Erfüllung der Entschädigungsansprüche mittels Ausgabe von Schuldverschreibungen handele es sich bei der Barleistung nicht um einen Ausgleich für die Überlassung eines wirtschaftlichen Wertes zur Nutzung. Es sei unklar, welchen wirtschaftlichen Wert die Klägerin zur Nutzung überlassen haben sollte. Eine wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit bestehe erst nach Erlass des Bescheides über die Ausgleichsleistung. Die Klägerin habe keine Kapitalforderung in der Zeit zwischen der Antragstellung auf Ausgleichsleistung und dem Erlass des Bescheides innegehabt, die sie hätte nutzen können. Insofern bestehe ein Unterschied zwischen denjenigen, die nach Erlass eines Bescheides über eine Ausgleichsleistung vor dem 01.01.2004 Schuldverschreibungen erhalten hätten, und denjenigen, die - wie die Klägerin - erst nach Erlass des Bescheides über die Ausgleichsleistung eine Entschädigung in Geld erhalten hätten. Der Gesetzgeber habe es versäumt, die Zahlung als Kapitalertrag i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu bestimmen.

Zumindest sei die Zahlung entsprechend der ursprünglichen Entschädigungsregelung mittels Schuldverschreibungen anteilig auf die einzelnen Jahre zu verteilen. Es könne nicht Absicht des Gesetzgebers sein, den erhaltenen Betrag durch eine Einkommensbesteuerung zu mindern.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 06.08.2010 und die Einspruchsentscheidung vom 14.09.2010 in der Weise zu ändern, dass die Einkommensteuer ohne die Berücksichtigung von Kapitalerträgen der Klägerin in Höhe von 6.023 € niedriger festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Zahlung sei zu Recht als Kapitalertrag behandelt worden, da diese Zahlung unabhängig von dem Anspruch auf Ausgleichsleistung zu betrachten sei. Der Betrag sei nicht anteilig zu versteuern, da er im Jahr 2009 zugeflossen sei.

Dem Gericht hat die Einkommensteuerakte Bd. I des Finanzamtes Hamburg 1 zur Steuernummer .../.../... vorgelegen.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten n...

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