Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.09.1997; Aktenzeichen VII R 114/96)

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt eine Müllverbrennungsanlage. Bei der Reinigung des durch die Verbrennung entstehenden Rauchgases wird dieses (u.a.) in einem Gewebefilter von Schwebstoffen befreit und in einem späteren Verfahrensabschnitt in einem sog. SCR-Reaktor durch eine dort stattfindende chemisch-katalytische Reaktion entstickt. Während das Rauchgas beim Passieren des Gewebefilters keine höhere Temperatur als 140 ° C haben darf, bedürfen die chemischen Reaktionen im SCR-Reaktor einer höheren Gastemperatur. Aus diesem Grund wird das Rauchgas vor dem Eintritt in den SCR-Reaktor mit Hilfe von speziell zu diesem Zweck installierten Erdgasbrennern auf 170 ° C aufgeheizt. Ein umgekehrter Ablauf der Rauchgasreinigung ist nicht möglich.

Mit Schreiben an den Beklagten vom August 1994 beantragte die Klägerin die Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung des bei diesem Vorgang eingesetzten Erdgases. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom Dezember 1994 ab. Den hiergegen am 29. Dezember 1994 erhobenen Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 8. März 1995 zurück.

Mit ihrer am 23. März 1995 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, daß die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung vorlägen. Entgegen der Auffassung des Beklagten handele es sich bei der beschriebenen Verwendung des Erdgases nicht um ein „Verheizen” i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) MinöStG. Die Hinzufügung von Wärme sei in erster Linie erforderlich, um das Rauchgas zu entsticken und nicht, um es zu erhitzen. Der Hauptzweck der Verbrennung sei nicht die Übertragung der Wärme auf einen anderen Stoff, sondern die Herbeiführung einer katalytischen Reaktion. Die Heizleistung des Erdgases werde nicht gewollt genutzt, um die Wärme auf einen anderen extern zu nutzenden Stoff zu übertragen, sondern es werde lediglich eine Rauchgastemperatur geschaffen, um die gesetzlich geforderten Reinigungsprozesse herbeiführen zu können. Daß dabei das Rauchgas einschließlich der Schadstoffe erwärmt werde, sei nur eine logische Nebenfolge. Das Erdgas werde in der Müllverbrennungsanlage zur Reinigung des schadstoffbelasteten Rauchgases, jedoch über den Umweg der Erwärmung, genutzt. Nicht bei jedem Verbrennungsvorgang liege ein „Verheizen” vor, sondern nur, wenn es beim Verbrennen zu einer Wärmeübertragung auf einen anderen Stoff komme, der im Rahmen der Wärmegewinnung lediglich als Energieträger (Heizmittel) fungiere. Dies sei hier aber nicht der Fall, da die erwärmten Rauchgase nicht selbst als Energieträger fungierten, sondern selbst einer bei 170 ° C einsetzenden chemischen Reaktion unterworfen würden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Dezember 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. März 1995 zu verpflichten, die Erlaubnis für die steuerfreie Verwendung des bei der Aufheizung des Rauchgases eingesetzten Erdgases zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, daß der Begriff des „Verheizens” i.S.d. MinöStG alle Vorgänge umfasse, bei denen Mineralöl verbrannt und die bei diesem Prozeß freiwerdende Wärme genutzt werde. Dies sei vorliegend der Fall, da durch das Verbrennen des Erdgases Wärme erzeugt werde, die auf einen anderen Stoff, nämlich das Rauchgas, übertragen werde. Durch diese Erwärmung allein finde keine chemische Reaktion statt, sondern es werde nur eine Voraussetzung für eine solche Reaktion geschaffen. Die Aufheizung sei somit ein physikalischer Vorgang für sich.

Dem Gericht hat ein Band Sachakten des Beklagten vorgelegen. Ergänzend wird auf den Akteninhalt und die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig (§ 101 FGO).

Erdgas ist nach § 1 Abs. 2 Nr. 6 Mineralölsteuergesetz (vom 21. Dezember 1992 BGBl. I S. 2150, 2185 – im folgenden: MinöStG) Mineralöl i.S.d. Gesetzes und damit Steuergegenstand (§ 1 Abs. 1 MinöStG). Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) MinöStG darf Mineralöl vorbehaltlich des § 12 MinöStG (d.h. vorbehaltlich der Erteilung der nach dieser Vorschrift erforderlichen Erlaubnis) zu anderen Zwecken als zum Verheizen steuerfrei verwendet werden. Der Beklagte hat die von der Klägerin beantragte Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung des Erdgases in der Müllverbrennungsanlage zu Recht versagt, weil das Erdgas bei dem von der Klägerin beschriebenen Verwendungszweck verheizt wird.

„Verheizen” bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der der Senat folgt, die gewollte Ausnützung des Heizwertes eines Stoffes, d.h. sein (ganzes oder teilweises) Verbrennen zur Erzeugung von Wärme, die (ganz oder teilweise) auf einen anderen Stoff übertragen wird, der nunmehr als Energieträger fungiert, wobei die Wärmeerzeugung und die Übertragung der Wärme neben ande...

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