Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertungsgesetz: Grundbesitz- und Erbbaurechts-Bedarfswert

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 145 Abs. 3 BewG in der Fassung vor 2007 sind allein dem Gutachterausschuss vorbehalten - die Ableitung eines Bodenrichtwerts aus dem Bodenrichtwert für eine benachbarte Richtwertzone; - die Ableitung von Bodenrichtwerten mittels Zuschlags für erschließungsbeitragsfreie Grundstücke aus Bodenrichtwerten für erschließungsbeitragspflichtiges Bauland; - die Ermittlung oder Ableitung von Bodenrichtwerten für die in der Bebauungsplanung vorgesehenen Gemeinbedarfs- bzw. Krankenhausflächen; - die Ableitung von Bodenrichtwerten für Brutto- oder Nettorohbauland vom Bodenrichtwert für erschließungsbeitragsfreie Flächen; der Finanzverwaltung ist es nicht erlaubt, hierfür stattdessen selbst bestimmte Abschläge zu verwenden.

2. Für den Erbbaurechtswert zum Zeitpunkt der Übertragung kommt es bei null Grundlaufzeit-Erbbauzins weder auf den erst nach zukünftiger eventueller Ausübung einer Verlängerungsoption vorgesehenen noch auf einen marktüblichen Erbbauzins an.

 

Normenkette

BewG §§ 138, 145, 147-148; GG Art. 3; GrEStG § 8

 

Gründe

I. Zulässigkeit der Klage und Zwischenurteil

Im Rahmen der zulässigen Klage entscheidet das Gericht über die im Tenor bezeichneten entscheidungserheblichen Sach- und Rechtsfragen zum Grundbesitz-Bedarfswert des jeweiligen Krankenhaus-Erbbaurechts vorab im Wege des Zwischenurteils gemäß § 99 Abs. 2 FGO.

1. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn nicht der Kläger oder der Beklagte widerspricht.

Entscheidungserheblich sind solche Vorfragen, ohne deren Beantwortung ein Urteil über die geltend gemachte Rechtsbeeinträchtigung nicht möglich ist (BFH-Urteile vom 29.05.2008 V R 7/06, BFHE 221, 528, BStBl II 2009, 64 zu II A 2 a; vom 04.02.1999 IV R 54/97, BFHE 187, 418, BStBl II 2000, 139). Die Entscheidungserheblichkeit richtet sich nach dem Sach- und Streitstand vor dem Zwischenurteil. Sie ist bei auch dann zu bejahen, wenn eine anderweitige Möglichkeit zur Entscheidung des Rechtsstreits - etwa aufgrund neuen Tatsachenvortrags zu einer weiteren dann eventuell ausschlaggebenden Frage - nicht auszuschließen ist, aber die Beantwortung der vorgezogenen Fragen bei prozessökonomischer Prüfungsfolge Vorrang genießt. Maßgeblich ist der materiell-rechtliche Standpunkt des Finanzgerichts (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.2008 III R 22/06, Juris Rz. 34; FG Hamburg, Zwischenurteile vom 06.04.1994 I 193/92, EFG 1994, 1080; vom 09.03.1993 I 195/90, EFG 1993, 700 zu II 2 a).

Sachdienlich ist die Entscheidung durch Zwischenurteil u. a. dann, wenn dadurch die Zeit zur Klärung von Vorfragen genutzt werden kann, während eine Bewertung noch nicht abgeschlossen ist (FG Hamburg, Zwischenurteil vom 07.04.2009 3 K 218/07, EFG 2010, 341, DStRE 2010, 418).

2. Im vorstehenden Sinne sind die im Tenor entschiedenen Sach- und Rechtsfragen entscheidungserheblich und ist ihre Entscheidung jeweils sachdienlich, während die Bewertung wegen unzureichender Bodenrichtwerte des Gutachterausschusses noch nicht abgeschlossen ist (vgl. ... unten V 3 h - j).

3. Die Beteiligten sind auf die mögliche Entscheidung durch Zwischenurteil ausdrücklich gemäß § 99 Abs. 2 FGO hingewiesen worden und haben nicht widersprochen. (...)

II. Vorläufigkeit

Verfassungsrechtliche Fragen (Art. 3 GG) hinsichtlich der Heranziehung des jeweiligen Grundbesitzwerts als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer stehen der Entscheidung nicht entgegen, nachdem das FA den jeweils angefochtenen Grundbesitzwertbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung gemäß § 165 Abs. 1 Nr. 3 AO für vorläufig erklärt hat aufgrund des Ländererlasses vom 17. Juni 2011 (BStBl I 2011, 575).

III. Bindung an die Grundbesitzwert-Anforderung (Tenor 1)

Die jeweilige Anforderung des Grundbesitzbedarfswerts für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin als Steuerschuldnerin aus dem Erbbaurechts-Einbringungs- und Übertragungsvertrag vom ... durch die Grunderwerbsteuerstelle ... ist gemäß § 138 Abs. 5 BewG i. d. F. vor 2007 für das Grundbesitzwertverfahren der Bewertungsstelle und beim Finanzgericht bindend; auf den Beteiligungsvertrag vom ... kommt es nicht an.

1. Ob nach § 138 Abs. 5 BewG i. d. F. vor 2007 "Bedarf" für einen Grundbesitzwert-Feststellungsbescheid besteht bzw. ob dieser "erforderlich" ist, entscheidet nicht die feststellende Bewertungsstelle beim Lage-FA, sondern die für die Besteuerung zuständige Stelle, ggf. ... die Grunderwerbsteuerstelle, und zwar allein durch den verwaltungsinternen Vorgang der Anforderung des Grundbesitzwerts (BFH-Beschluss vom 10.02.2011 II S 39/10 (PKH),BFHE 232, 310, BStBl II 2011, 657).

Es handelt sich um eine kraft Gesetzes zugewiesene sachliche Zuständigkeit. Insoweit gilt gemäß § 138 Abs. 5 i. d. F. vor 2007 nichts anderes als nach § 151 Abs. 1 BewG i. d. F. ab 2007 (vgl. FG Münster, Urteile vom 22.08.2013 3 K 1558/13 F, Juris; 3 K 1557/13 ...

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