Entscheidungsstichwort (Thema)

Neuveranlagung nach § 16 VStG ohne Vorliegen der Änderungsvoraussetzungen nach der AO

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Neuveranlagung nach § 16 VStG ist es nicht erforderlich, dass die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift nach der AO vorliegen.

 

Normenkette

VStG § 16

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 07.03.2005; Aktenzeichen II B 49/04)

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung höherer Vermögensteuer aufgrund des Neuveranlagungsbescheides vom 28.03.2001.

Der Kläger ist seit Jahren Vermögensteuerpflichtig und gab auf den Hauptveranlagungszeitpunkt 01.01.1995 eine Vermögensteuererklärung ab. Der Beklagte veranlagte ihn mit Vermögensteuerbescheid vom 08.09.1997 auf den 01.01.1995, Hauptveranlagung, zu einer Vermögensteuer für 1995 und für 1996 in Höhe von jeweils ... Tsd. DM. Dieser Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Nach Aufforderung durch den Beklagten reichte der Kläger am 28.11.1997 eine Vermögensteuererklärung auf den 01.01.1996 ein.

Mit Bescheid vom 04.10.1999, Hauptveranlagung, änderte der Beklagte den Vermögensteuerbescheid vom 08.09.1997 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und setzte die Vermögensteuer für 1995 und für 1996 auf jeweils ... Tsd. DM fest. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob er auf. Ein weiteres Mal änderte der Beklagte den Vermögensteuerbescheid auf den 01.01.1995, Hauptveranlagung, mit Bescheid vom 12.03.2001 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO und setzte die Vermögensteuer für 1995 und für 1996 jeweils auf ... Tsd. DM fest. Grund dieser Änderung waren der Eingang geänderter Einheitswertbescheide.

Mit Bescheid vom 28.03.2001 setzte der Beklagte auf den 01.01.1996, Neuveranlagung, die Vermögensteuer für 1996 auf ... Mio. DM fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 30.04.2001 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 20.07.2001 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Gegen diese Entscheidung wendet der Kläger sich mit seiner am 22.08.2001 erhobenen Klage. Zur Begründung trägt er vor, dass der Erlass des angefochtenen Vermögensteuerbescheids allein auf der Grundlage des § 16 Abs. 1 Vermögensteuergesetz (VStG) unzulässig sei, da diese Regelung keine Änderungsvorschrift für Steuerbescheide darstelle. Die vorangegangenen Vermögensteuerbescheide auf den 01.01.1995 hätten mehrere Bescheide enthalten, da sie für jeden einzelnen Veranlagungszeitraum der Vermögensteuer (= Kalenderjahr) die Steuer gemäß § 155 Abs. 1 AO festgesetzt hätten. Ein Steuerbescheid könne jedoch nur aufgehoben oder geändert werden, soweit dies gesetzlich zugelassen sei. Der § 16 Abs. 1 VStG sei jedoch nach einhelliger Auffassung in der Literatur keine Änderungsvorschrift. Er stelle lediglich eine Ausnahmeregelung dar, die bestimme, wann bestimmte Besteuerungsgrundlagen abweichend von der allgemeinen Regelung, der Festsetzung der Steuer nach den Verhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt, der Vermögensbesteuerung zugrunde gelegt werden könnten. Für eine Neuveranlagung sei daher auch das Vorliegen der Voraussetzung einer Änderungsvorschrift nach der Abgabenordnung notwendig. Die Voraussetzungen einer der Änderungsvorschriften der Abgabenordnung lagen jedoch nicht vor. Insbesondere komme eine Änderung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht in Betracht, da die Verhältnisse zum Stichtag 01.01.1996, die den Beklagten zur Neuveranlagung auf den 01.01.1996 veranlasst hätten, ihm bereits vor Erlass der Vermögensteuerbescheide vom 04.10.1999 und 12.03.2001 bekannt gewesen seien. Eine Auswertung der Vermögensteuererklärung auf den 01.01.1996 sei somit nicht mehr zulässig gewesen. Zudem stehe es nicht im Ermessen des Beklagten, wann die Neuveranlagung nach bekannt werden der Voraussetzungen durchzuführen sei. Vielmehr sei die Neuveranlagung vorzunehmen, sobald dem Finanzamt die entsprechenden Erkenntnisse vorlägen (vgl. Wortlaut zu ähnlicher Formulierung in § 22 Abs. 4 Bewertungsgesetz). Der Beklagte habe jedoch mehr als drei Jahre gezögert und die bestehende Veranlagung mehrfach geändert, ohne die vorliegende Steuererklärung zu berücksichtigen. Auch deute der Wortlaut des § 16 Abs. 1 VStG darauf hin, dass eine Neuveranlagung ohne Verzögerung zu erfolgen habe, nachdem dem Finanzamt bekannt werde, dass sich die Verhältnisse für die Ermittlung der Vermögensteuer geändert hätten.

Der Kläger beantragt, den Vermögensteuerbescheid auf den 01.01.1996, Neuveranlagung, vom 28.03.2001 und die Einspruchsentscheidung vom 20.07.2001 ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Dem Kläger sei darin zuzustimmen, dass die Änderung oder Berichtigung einer Neuveranlagung nur dann zulässig sei, wenn eine Änderungsvorschrift der AO einschlägig sei. Im Streitfall sei jedoch nicht eine Neuveranlagung geändert oder berichtigt worden, sondern diese erstmalig durchgeführt worden. Es widerspreche jeder Logik, eine erstmalige Neuveranlagung vom Eingreifen einer Änderungsvorschrift abhängig zu machen, denn es erfolge in diesen...

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