Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträgliches Bekanntwerden ausländischer Dividenden / Anrechnung ausländischer Quellensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn sich keine Anzeichen für die Unvollständigkeit der Steuererklärung ergeben (wie etwa durch Bezugnahme auf Anlagen) hat das Finanzamt keinen Anlass zur Anforderung einer Übersetzung einer im anderen Zusammenhang eingereichten fremdsprachigen Bescheinigung in einer nicht gängigen Fremdsprache; bei nachträglichem Bekanntwerden des Inhalts steht Treu und Glauben einer Steuerheraufsetzung nicht entgegen.

Bei der deutschen Besteuerung ausländischer Dividenden im Halbeinkünfteverfahren nach der Anrechnungsmethode wird die zulässige ausländische Quellensteuer voll angerechnet.

 

Normenkette

DBA Ungarn Art. 10, 23 Abs. 1 Buchst. b Nr. 1; AO §§ 87-90, 150, 173 Abs. 1 Nr. 1; EStG (i. d. F. 2003) § 3 Nr. 40; EStG (i. d. F. 2003) § 15 Abs. 1; EStG (i. d. F. 2003) § 20 Abs. 1; EStG (i. d. F. 2003) § 20 Abs. 3; EStG (i. d. F. 2003) § 34 c Abs. 1; FGO § 96 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Streitig ist nur die verfahrensrechtliche Frage, ob die bestandskräftig festgesetzte Einkommensteuer 2003 aufgrund einer nachträglich bekanntgewordenen Tatsache heraufgesetzt werden durfte, und zwar aufgrund einer Dividendenausschüttung aus Ungarn.

I.

Der Kläger ist Kaufmann. Bei seinem Einzelunternehmen in Deutschland handelt es sich um das gewerbliche Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung mit einer deutschen GmbH.

In seinem Einzelunternehmen hält der Kläger auch eine hundertprozentige Beteiligung an einer ungarischen Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der Korlátolt felelosségu társaság (Kft) mit Betrieb in Ungarn. Geschäftsführer (Ügyvezetök) sind der Kläger und ein ungarischer Geschäftsführer (Anlage K I 1/2, K I 1/3, K II 1, K II 2; Finanzgerichts-Akte --FG-A-- Bl. 8, 53; Einkommensteuer-Akte Bd. III --ESt-A-- Bl. 3, 37, 121).

II.

a) In der Einkommensteuererklärung für 2001 - zwei Jahre vor dem Streitjahr - erklärte der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in der Anlage N Zeile 15 nach Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Arbeitslohn aus Ungarn.

Dazu fügte er eine in holprigem Deutsch abgefasste Bescheinigung der ungarischen Kapitalgesellschaft bei über "... 5.b ... nicht von selbständige Tätigkeit stammende Einkommen" ungarischer Währung. Auf der Bescheinigung befindet sich ein handschriftlicher Vermerk über die Umrechnung der genannten Position in DM.

Dividendeneinkünfte aus Ungarn erklärte der Kläger weder bei den gewerblichen Einkünften aus seinem Besitz-Einzelunternehmen (Anlage GSE Zeile 3 "gewerbliche Vermietung") noch bei den Kapitaleinkünften (Anlage KAP). Er reichte keine Anlage AUS ein (Anlagen K I 2/2; ESt-A Bl. 3, 7, 9 ff.; vgl. FG-A Bl. 69).

b) Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) erfasste den als steuerfrei erklärten ungarischen Arbeitslohn im Einkommensteuerbescheid 2001 vom 8. Januar 2003 und im bestandskräftig gewordenen Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2001 vom 2. Januar 2004 nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts (ESt-A Bl. 16R, 17, 34, 34R, 35).

a) In der Einkommensteuererklärung für das Vorjahr 2002 erklärte der Kläger wiederum bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in der Anlage N Zeile 15 nach Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Arbeitslohn aus Ungarn.

Die von der ungarischen Kapitalgesellschaft durch ihren ungarischen Geschäftsführer ausgestellte Bescheinigung trug diesmal die Überschrift "Lohnnachweis zur personellen Einkommensteuererklärung". Nach den "Einnahmen" mit der kleiner geschriebenen Unterzeile "5. aus sonstigen, nicht selbständigen Tätigkeiten" folgen weiter unten u. a. "Separiert versteuerte Einnahmen" mit der kleiner geschriebenen Unterzeile "162. Dividende mit 20 %". Der auf der Bescheinigung handschriftlich angebrachte Vermerk über die Währungsumrechnung bezieht sich wiederum nur auf den in die Steuererklärung Anlage N Zeile 15 übernommenen Betrag der Einnahmen aus nicht selbständiger Tätigkeit.

Dividendeneinkünfte aus Ungarn erklärte der Kläger in seiner deutschen Einkommensteuererklärung wiederum weder in Anlage GSE noch in Anlage KAP. Auch für 2002 reichte er keine Anlage AUS ein (Anlage K I 2/4; ESt-A Bl. 37, 41, 45 ff.; vgl. Rechtsbehelfs-Akte --Rb-A-- Bl. 3; FG-A Bl. 69).

b) Das FA berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2002 vom 13. Mai 2004 und in dem Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2002 vom 15. Dezember 2005 den als steuerfrei erklärten ungarischen Arbeitslohn beim Progressionsvorbehalt; es erfasste nicht die in der Erklärung nicht aufgeführten ungarischen Dividenden (ESt-A Bl. 50R, 51, 101, 101R).

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2003 vom Juni 2004 erklärte der Kläger wieder bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Anlage N Zeile 14 nach Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Arbeitslohn aus Ungarn (ESt-A Bl. 77, 82).

a) Im Unterschied zu den Vorjahren reichte der Kläger eine Bescheinigung aus Ungarn nicht in deutscher Sprache, sondern in ungarischer Sprache in Form e...

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