rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuergesetz: Ort der sonstigen Leistungen von Personalberatern

 

Leitsatz (amtlich)

Die Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften durch Personalberatungsunternehmen kann eine sonstige Beratungsleistung i. S. d. § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG darstellen. Beratungsleistungen in diesem Sinne liegen jedenfalls dann vor, wenn sich die vertraglich geschuldete Leistung als ein einheitlicher Beratungsprozess erweist, der die personalwirtschaftliche Analyse der in Frage stehenden Position sowie der Unternehmensstrategie und des betrieblichen Umfelds der Auftraggeber, die Erarbeitung und Diskussion des fachlichen und persönlichen Anforderungsprofils der vakanten Position, die Überprüfung der fachlichen und persönlichen Qualifikation von Bewerbern - ggf. unter Einsatz psychometrischer Verfahren - , die Diskussion mit den Auftraggebern über die einzuladenden Bewerber und die - fakultative - Beratung bei der Festlegung von Einstellungs-, Arbeits- und Vergütungsbedingungen umfasst.

 

Normenkette

UStG § 3a Abs. 1, 4 Nr. 3; RL 2006/112/EG Art. 56 Abs. 1c; EWGRL 388/77 Art. 9 Abs. 2e

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften für ausländische Unternehmen im Inland steuerbar sind.

Die in 1985 in der Rechtsform einer GmbH gegründete Klägerin ist im Bereich der Personal- und Unternehmensberatung in Europa und Übersee tätig. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften, die Konzeption und Durchführung von Managementtrainings sowie die Durchführung von Potentialanalysen und Outplacement-Beratungen. Die Geschäftsführung der Klägerin bestand in den Streitjahren 1997 - 2000 aus Hochschulabsolventen mit Abschlüssen auf den Gebieten der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre sowie der Psychologie.

Bei der Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften erbringt die Klägerin gegenüber ihren Auftraggebern regelmäßig folgende Leistungen durch akademisch qualifiziertes Fachpersonal (vgl. Proposals for Search and Selection):

  • Ist-Aufnahme und Analyse der in Frage stehenden Position, der Unternehmensstrategie und des betrieblichen Umfelds (Unternehmensstruktur).
  • Erarbeitung des fachlichen und persönlichen Anforderungsprofils der Position (mit Hilfe von Positions- und Potentialanalysen). Diskussion und Verabschiedung des Anforderungsprofils.
  • Suche und Identifikation von Bewerbern. Aufbau einer Zielfirmliste.
  • Auswahl und Vorbeurteilung der Bewerber. Überprüfung der fachlichen und persönlichen Qualifikation, Erstellung von Gutachten über mögliche Bewerber. Diskussion mit dem Auftraggeber, ob und welche Kandidaten zu einem persönlichen Gespräch eingeladen werden. Einsatz psychometrischer Verfahren.
  • Präsentation qualifizierter Bewerber, Diskussion mit dem Auftraggeber mit eventueller Entscheidungshilfe.
  • Beratung bei der Festlegung von Einstellungs-, Arbeits- und Vergütungsbedingungen.

Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin schuldet diese ihren Auftraggebern die vereinbarte Beratungsleistung und nicht einen wirtschaftlichen Erfolg. Vgl. hierzu die "General Terms of Business":

"2. Scope and implementation of the assignment (I) The object of the assignment is the agreed service, and not any commercial success..."

Mit den ausländischen Kunden vereinbarte die Klägerin für die Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften in den Streitjahren stets folgende stufenweise Vergütung (vgl. Proposals for Search and Selection):

1. Rate bei Abschluss des Vertrags (1/3 des Honorars)

2. Rate bei Präsentation eines Kandidaten (1/3 des Honorars)

3. Rate bei Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einem Kandidaten (1/3 des Honorars).

Insgesamt tätigte die Klägerin in 1997 - 2000 gegenüber ausländischen Auftraggebern Umsätze (brutto) aus oben genannten Beratungsleistungen in folgender Höhe (vgl. Prüfungsvermerk Nr. 1.2 vom 24.01.2003):

1997

1998

1999

2000

DM

DM

DM

DM

526.661,48

721.680,03

951.313,43

1.287.256,64

In ihren Umsatzsteuererklärungen für 1997 - 2000 behandelte die Klägerin diese Umsätze als steuerfreie Umsätze (mit Vorsteuerabzug; 1997-1999) bzw. als im Inland nicht steuerbare Umsätze (2000). Der Beklagte folgte dieser Behandlung zunächst mit Vorbehaltsfestsetzungen - § 168, § 164 AO- vom 29.05.1998 (1997), 03.08.1999 (1998), 16.06.2000 (1999) sowie 09.04. (1997-1999) und 21.08.2001 (2000).

Nach einer bei der Klägerin in 2002 - 2003 durchgeführten Außenprüfung änderte der Beklagte seine diesbezügliche Rechtsauffassung. Die Leistungen der Klägerin stellten keine Beratungsleistungen i. S. d. § 3a Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 Nr. 3 UStG dar. Der Leistungsort bestimme sich daher nach § 3a Abs. 1 UStG und liege im Inland. Mit Änderungsbescheiden vom 12.05.2004 erhöhte der Beklagte die steuerpflichtigen Umsätze und die darauf entfallende Umsatzsteuer entsprechend wie folgt:

1997

1998

1999

2000

DM

DM

DM

DM

Umsätze brutto

526.661,48

721.680,03

951.313,43

1.287.256,64

darin enth. USt

15/115

15,75/115,75

16/116

16/116

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