Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Umsätze und Gewinne eines Taxiunternehmens geschätzt werden dürfen

 

Leitsatz (amtlich)

Verstößt der Betreiber eines Taxiunternehmens gegen die Pflicht, sog. Schichtzettel zu führen und diese aufzubewahren, berechtigt dies die Finanzbehörde zu einer Schätzung gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO.

 

Normenkette

AO § 162 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob und (gegebenenfalls) in welcher Höhe der Beklagte die Umsätze und Gewinne des Klägers schätzen durfte.

Der Kläger ist Kaufmann. Er betrieb in der Zeit vom ... bis zum ... als Einzelunternehmer ein Taxenunternehmen mit bis zu ... Fahrzeugen unter der Firma A. Seinen Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 5 Abs. 1, § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Für die Streitjahre 1998 bis 2001 erklärte der Kläger folgende Gewinne (bei Umsatzerlösen und angemeldeter Umsatzsteuer wie angegeben):

1998

1999

2000

2001

Gewinne:

... DM

... DM

... DM

... DM

Umsatzerlöse:

... DM

... DM

... DM

... DM

Umsatzsteuer:

... DM

... DM

... DM

... DM

Mit Wirkung zum ... 2001 veräußerte der Kläger das Einzelunternehmen A mit ... Fahrzeugen an die Firma B GmbH für ... DM; der Veräußerungsgewinn belief sich seinen Angaben zufolge auf ... DM.

Mit Bescheiden über Einkommensteuer vom 02.09.1999 (1998), vom 15.12.2000 (1999), vom 22.11.2001 (2000) und vom 28.05.2002 (2001) veranlagte der Beklagte den Kläger jeweils erklärungsgemäß. Die Einkommensteuer wurde auf ... DM (1998), ... DM (1999), ... DM (2000) und auf ... DM (2001) festgesetzt. Die Bescheide vom 22.11.2001 (2000) und vom 28.05.2002 (2001) ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 2 AO).

Am 06.11.2001 erhielt der Beklagte von der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts Hamburg-1 eine Mitteilung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung C. Darin heißt es, der Kläger habe bereits 1993 von der Firma D eine speziell für Taxenunternehmen entwickelte Manipulations-Software erworben, mit der es möglich sei, "Umsatz- und Lohnmanipulationen EDV-mäßig durchzuführen und gleichzeitig eine Richtigkeit und Schlüssigkeit der Betriebsdaten vorzutäuschen" (...); Prüfungen bei entsprechenden Unternehmen hätten zu Feststellungen von Umsatzverkürzungen und entsprechenden Lohnverkürzungen zwischen 15 und 50 % geführt.

Mit Verfügung vom 21.12.2001 ordnete der Beklagte eine Betriebsprüfung bei dem Kläger an, die am 29.10.2002 begann. Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfer (...) und der bereits erwähnten Mitteilung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung C leitete das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg am 12.11.2002 ein Steuerstrafverfahren gegen den Kläger ein. Im Rahmen dieses Verfahren wurde festgestellt, dass der Kläger die Taxenumsätze einmal wöchentlich mit seinen Fahrern abgerechnet und in das EDV-Programm "Taxi-..." der Firma D eingegeben hatte. Grundaufzeichnungen über die Fahreinnahmen der einzelnen Taxen lagen nicht vor, ebenso wenig Schichtabrechnungen der Fahrer. Lediglich die von dem Kläger mittels EDV erstellten Wochenabrechnungen waren ausgedruckt und für die Jahre 1998 bis 2001 in einem Ordner abgelegt worden. Nach den Eintragungen in den Kassenaufzeichnungen und den Ausdrucken über die Fahreinnahmen entstand zudem der Eindruck, dass der Kläger im gesamten Ermittlungszeitraum keine unbaren Fahreinnahmen (Verrechnungsfahrten, Kartenumsätze, Krankenfahrten etc.) gehabt hatte. Gleichwohl waren dem Kläger nach den der Steuerfahndung vorliegenden Kontounterlagen auf seinem betrieblichen Konto (X-Bank, Kontonummer .../...) Zahlungen diverser Funkzentralen gutgeschrieben worden, die jedoch in den Wochenabrechnungen nicht nachvollzogen werden konnten; dabei handelte es sich um Gutschriften in Höhe von ... DM (1998), ... DM (1999), ... DM (2000) und ... DM (2001). Diese Gutschriften waren jeweils über das Konto 13XX/Geldtransit erfolgsneutral verbucht und anschließend über die Buchung "Konto 13XX (Geldtransit) an Konto 10XX (Kasse)" ebenfalls erfolgsneutral ausgeglichen worden. In gleicher Weise war mit Scheckgutschriften (für Krankenfahrten, Taxifahrerausbildung, Erstattung von Unfallschäden etc.) verfahren worden. Vor diesem Hintergrund stellte die Steuerfahndung fest, dass die Buchführung sowohl formal als auch inhaltlich nicht ordnungsgemäß sei. ... (...).

Die Steuerfahndung nahm eine Nachkalkulation der Umsätze und der Gewinne des Klägers vor (...). Ausgangspunkt dieser Nachkalkulation war eine auf der Grundlage der Daten von ... Fahrzeugen ermittelte durchschnittliche Tagesfahrleistung von 160 km (1998), 195 km (1999) und 192 km (2000 und 2001) pro Taxe (...). Dass die übrigen Taxen des Klägers unberücksichtigt blieben, wurde mit der ungewöhnlich niedrigen Gesamtfahrleistung und den sich daraus ergebenden durchschnittlichen Tagesfahrleistungen der betreffenden Fahrzeuge begründet (zwischen 54 bis 77 km), die stark auf eine Manipulation der Tachostände hindeuteten,...

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