Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG bei Beteiligung von Erbeserben an grundbesitzender Erbengemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Stirbt ein Miterbe vor Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, sind dessen Erben, die Erbeserben, unmittelbar als Miterben an beiden Erbengemeinschaften beteiligt.

2. Wenn die Erbeserben ihre Erbteile auf eine aus ihnen bestehende GbR I übertragen, ist dieser Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG grunderwerbsteuerbar, aber nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG von der Steuer befreit. Durch diesen Vorgang scheiden die Erbeserben aus der Erbengemeinschaft aus und die Auseinandersetzung sowohl der Erben- als auch der Erbeserbengemeinschaft ist ihnen gegenüber abgeschlossen.

3. Eine nachfolgende Grundstücksübertragung durch die Erbengemeinschaft auf eine aus den Erben und Erbeserben gebildete GbR II ist dann nicht mehr nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, soweit die Erbeserben an der GbR II beteiligt sind.

4. Die zunächst eingreifende Steuerbegünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG entfällt nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG rückwirkend, wenn die Erbeserben ihre Gesellschaftsanteile an der GbR II innerhalb von fünf Jahren nach der Grundstücksübertragung übertragen.

 

Normenkette

GrEStG § 3 Nr. 3 S. 1, § 6 Abs. 3, § 13 Nr. 1; AO § 365 Abs. 3 Sätze 2, 2 Nr. 2

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Grundstücksübertragung im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft nach § 3 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) von der Grunderwerbsteuer befreit ist.

I.

1. Das Grundstück XX in Y (Grundbuch von Y Blatt ...) stand zunächst im Eigentum des am ...1930 verstorbenen A, der von vier Erbinnen beerbt wurde. Nach dem Tod einer Miterbin und verschiedenen Erbteilsübertragungen bestand die Erbengemeinschaft nach A (im Folgenden: Erbengemeinschaft I) am 01.01.1994 aus den Miterbinnen B und C, deren Erbteile sich je auf die Hälfte beliefen (vgl. Grundbuchauszüge, Grunderwerbsteuerakten -GrEStA- Bl. 12 f., 84 ff.). Wegen der Einzelheiten wird auf die Übersicht des Beklagten verwiesen (GrEStA Bl. 114).

2. Am ... 1997 verstarb C und wurde durch C-1 beerbt.

3. Die am ... 1999 ebenfalls verstorbene andere Miterbin B wurde durch eine Erbengemeinschaft aus insgesamt elf Miterben beerbt (im Folgenden: Erbengemeinschaft II), darunter D, E und F.

4. Der Miterbe D-1 übertrug seinen Erbteil am ... 2001 auf die Miterbin E.

5. Durch den am ... 2002 geschlossenen "Erbauseinandersetzungs- und Überlassungsvertrag" (GrEStA Bl. 60 ff.) überließ die Erbengemeinschaft II "den 1/2 ideellen Anteil an dem (...) in Y, XX, gelegenen Grundstück" an die Miterbinnen D, E und F "untereinander in Gesellschaft bürgerlichen Rechts". An dieser Gesellschaft (im Folgenden: GbR I) sollten die drei Gesellschafterinnen zu je 1/3 beteiligt sein.

6. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom ... 2012 (GrEStA Bl. 3 ff.) wurde die Erbengemeinschaft I, nunmehr bestehend aus C-1 und der GbR I, in der Weise auseinandergesetzt, dass das Eigentum an dem Grundstück XX "auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus Herrn C-1, Frau E, Frau F und Frau D" (d. h. auf die klagende GbR, im Folgenden als GbR II bezeichnet) überging. Am Vermögen der GbR II sollten C-1 zu 1/2 und E, F und D zu je 1/6 beteiligt sein.

7. Mit Vertrag vom ... 2012 (Anlage K 5, Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband Bl. 15 ff.) veräußerten D, E und F ihre Gesellschaftsanteile an der Klägerin (GbR II) an die familienfremden Erwerber G-1, G-2, G-3 und G. Wegen der gesamten Vorgänge wird auf die graphische Übersicht Bezug genommen (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 15.04.2016, FGA Bl. 65).

II.

1. Der Beklagte bescheinigte gegenüber der Klägerin zunächst mit Bescheid vom 03.07.2012 (GrEStA Bl. 15) die Grunderwerbsteuerfreiheit bzgl. des Vertrages vom ... 2012 (oben I. 6.) nach § 5 Abs. 1 und § 3 Nr. 3 GrEStG.

2. Nachdem der Beklagte den Grundbesitzwert für das Grundstück XX mit Bescheid vom 16.05.2014 auf 2.345.500,00 Euro festgestellt hatte, erließ er am 04.06.2014 einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Grunderwerbsteuerbescheid für die "Ges. bürgerlichen Rechts C-1 E F D", in dem die Grunderwerbsteuer für die Veräußerung vom ... 2012 unter Ansatz der Hälfte des Grundbesitzwertes als Bemessungsgrundlage nunmehr auf 52.773,00 Euro festgesetzt wurde (GrEStA Bl. 53). Zur Erläuterung wies der Beklagte darauf hin, dass der Vorgang zur Hälfte, nämlich bzgl. des Anteils von C-1, gemäß § 3 Nr. 3 i. V. m. § 6 Abs. 3 GrEStG steuerfrei sei. Die Steuerfreiheit bzgl. des anderen Teils sei wegen der späteren Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der Klägerin (GbR II) am ... 2012 nachträglich entfallen.

III.

1. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 10.06.2014 Einspruch ein mit der Begründung, dass die Erbengemeinschaft I erst durch den Vertrag vom ... 2012 auseinandergesetzt worden sei. Die Auseinandersetzung vom ... 2002 habe demgegenüber lediglich die Erbe...

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