Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Beginn der Jahresfrist in § 48 Abs. 4 VwVfG

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Beginn der Jahresfrist in § 48 Abs. 4 VwVfG

 

Normenkette

MOG § 10; VwVfG § 48 Abs. 4; EWGV 3665/87 Art. 18 Abs. 3; EGV 3665/87 Art. 47 Abs. 2; EWGV 3445/89

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.12.2006; Aktenzeichen VII R 63/02)

BFH (Urteil vom 19.12.2006; Aktenzeichen VII R 63/02)

BFH (Beschluss vom 03.02.2004; Aktenzeichen VII R 63/02)

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung durch den Beklagten.

Die Klägerin meldete im Januar 1990 Gouda mit einem Fettgehalt von 40 GHT oder weniger unter der Marktordnungs-Warenlistennummer 0406 9077 3000 zur Ausfuhr nach Jugoslawien an und beantragte zugleich die Gewährung von Ausfuhrerstattung im Wege des Vorschusses, was ihr der Beklagte mit Bescheid vom 1.2.1990 (...) antragsgemäß gewährte.

Nach Freigabe der Sicherheiten stellte die Betriebsprüfungsstelle Zoll für den Oberfinanzbezirk Hamburg anlässlich einer bei der Klägerin durchgeführten Marktordnungsprüfung fest, dass es sich bei der Anfang des Jahres 1990 nach Jugoslawien ausgeführten Warenlieferung nicht um handelsüblichen Gouda, sondern um "Schmelzrohware Typ Gouda" gehandelt hatte (vgl. Prüfungsbericht vom 12.11.1991, Bl. 15 ff der Sachakte, Heft I a). Daraufhin teilte der Beklagte der Oberfinanzdirektion Hamburg mit Schreiben vom 27.4.1992 mit, dass er dennoch nicht beabsichtige, die gewährte Ausfuhrerstattung zurückzufordern, da seiner Auffassung nach die ausgeführte Schmelzrohware Typ Gouda unter die Warenlistennummer 0406 9089 9790 einzureihen gewesen wäre, für die ein gleich hoher Erstattungssatz gegolten hätte (Bl. 60 ff der Sachakte, Heft I a).

Im Mai 1992 leitete die Europäische Kommission eine Untersuchung gemäß Art. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 vom 21. April 1970 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik (ABlEG Nr. L 94) im Hinblick auf die Ausfuhr von Milchprodukten durch die Klägerin ein, die Anfang des Jahres 1995 abgeschlossen wurde. Die Europäische Kommission kam in dieser Untersuchung u.a. zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich der streitgegenständlichen Ausfuhrlieferung die Zahlung einer Erstattung nicht anerkannt werde.

Aufgrund dieser Feststellungen forderte der Beklagte mit Rückforderungsbescheid vom 14.8.1995 Ausfuhrerstattung in Höhe von insgesamt DM 62.719,27 mit der Begründung zurück, bei dem zur Ausfuhr abgefertigten Käse habe es sich nicht um handelsüblichen Gouda, sondern um eine sog. "Schmelzrohware Typ Gouda", die zum Herstellen von Schmelzkäse verwendet werde, gehandelt. Für Käse, der für die Verarbeitung bestimmt sei, sei nach der Verordnung (EWG) Nr. 3445/89 vom 15.11.1989 zur Festlegung der vollständigen Fassung der ab dem 1.1.1990 geltenden Nomenklatur der Ausfuhrerstattung für landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABl. Nr. L 336) eine Erstattung nicht vorgesehen. Auf den weiteren Inhalt des Rückforderungsbescheides wird Bezug genommen.

Den hiergegen von der Klägerin erhobenen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 7.12.1998 zurück. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung verwiesen (Bl. 19 ff der Sachakte, Heft II).

Die Klägerin hat am 6.1.1999 Klage erhoben. Sie führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Rückforderungsbescheid finde im Gemeinschaftsrecht keine Rechtsgrundlage. Art. 11 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 3665/87 sei erst durch die VO (EG) Nr.1945/94 vom 2.12.1994 (ABl. Nr. L 310/57) eingefügt worden, die in diesem Verfahren streitgegenständlichen Ausfuhren seien indes bereits im Jahre 1990 getätigt worden. Auch auf Art. 23 VO (EWG) Nr. 3665/87 könne der Rückforderungsbescheid nicht gestützt werden. Denn diese Vorschrift regele lediglich die Rechtsbeziehungen der Gemeinschaft zu den Mitgliedsstaaten, nicht aber auch das Verhältnis der Mitgliedsstaaten zum Marktbürger. Jedenfalls aber stehe der Rückforderung die Vertrauensschutzvorschrift des § 48 Abs. 4 VwVfG entgegen. Bei ihr - der Klägerin - sei im Jahre 1991 eine Marktordnungsprüfung durchgeführt worden. Der daraufhin ergangene Bericht der Betriebsprüfungsstelle Zoll für den Oberfinanzbezirk Hamburg habe dem Beklagten Ende des Jahres 1991 vorgelegen. Damit habe der Beklagte schon im Jahre 1991 alle Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigten, gekannt. Seine Rücknahmebefugnis sei daher mit Ablauf des 31.12.1992 erloschen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß

1. den Rückforderungsbescheid vom 14.8.1995 sowie die Einspruchsentscheidung vom 7.12.1998 aufzuheben;

2. den zurückgezahlten Betrag in Höhe vom DM 62.719,27 zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide mit den Gründen der Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus: Die Rücknahmebefugnis sei im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Rückforderungsbescheides noch nicht erloschen gewesen. Die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG beginne erst mit der vollständigen Kenntnis der zuständ...

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