Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerungsgrundlage bei Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung des BVerfG über die Unvereinbarkeit des § 4 Abs. 1 SpStG mit Art. 3 Abs. 1 GG ist bindend. Das Gericht ist darüber hinaus jedoch auch an die Anordnung der weiteren Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 Hmb SpStG gebunden. Für eine erneute Vorlage an das Bundesverfassungsgericht besteht kein Raum.

 

Normenkette

SpStHGHA § 1; SpStGHA § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1; GG Art. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt im Bereich der Freien und Hansestadt Hamburg eine Spielhalle und stellt Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten auf.

Die Klägerin gab am 10.02.1995 eine Spielgerätesteueranmeldung für Januar 1995 über 3.600 DM (6 Geräte mal 600 DM) ab. Am 23.08.1995 meldete sie für August 1995 Spielgerätesteuer in Höhe von 6.000 DM (10 Geräte mal 600 DM) an. Am 01.02.2002 meldete sie für den Zeitraum ab Januar 2002 Spielgerätesteuer von 3.000 € (10 Geräte mal 300 €) an.

Gegen die Festsetzungen ab Januar 1995 und ab Januar 2002 legte die Klägerin jeweils am selben Tag Einspruch ein.

Nachdem das Einspruchsverfahren für Januar 1995 zunächst geruht hatte, wies der Beklagte den Einspruch vom 10.02.1995 mit Einspruchsentscheidung vom 11.04.2001 als unbegründet zurück.

Dagegen erhob die Klägerin am 08.05.2001 Klage. Zur Begründung führte sie aus, dass das Hamburgische Spielgerätesteuergesetz (vom 29.06.1988, HmbGVBl. 1988, S. 97, in der Fassung der Änderung vom 7.12.1994, HmbGVBl. 1994, S. 363 - SpStG) gegen das Grundgesetz (GG) verstoße, weil die pauschale Erhebung der Steuer in Höhe von 600 DM pro Spielgerät mit Gewinnmöglichkeit für einen durchschnittlichen Betrieb nicht zu erwirtschaften sei und somit erdrosselnde Wirkung habe.

Nachdem das Einspruchsverfahren betreffend die Spielgerätesteuer ab Januar 2002 zunächst geruht hatte, hat der Beklagte die Einsprüche mit der Einspruchsentscheidung vom 31.07.2009 unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 04.02.2009 (Az.: 1 BvL 8/05) im Normenkontrollverfahren als unbegründet zurückgewiesen.

Am 31.08.2009 hat die Klägerin gegen diese Entscheidung unter dem Aktenzeichen 2 K 246/09 Klage erhoben.

Die Klägerin führt zur Begründung weiter aus, dass die Feststellung des BVerfG, dass das SpStG mit Art. 3 GG nicht vereinbar sei, in Rechtskraft erwachse, hingegen nicht die Entscheidung über die Fortgeltung des SpStG. Dies sei auch nicht Gegenstand der Vorlagefrage gewesen. Der Ausspruch zur Fortgeltung sei rechtswidrig. Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) gestatte dem BVerfG weder nach seinem Wortlaut noch nach seinem Sinn und Zweck, die Fortgeltung eines verfassungswidrigen Gesetzes über viele Jahre hinweg anzuordnen. Auch die Entstehungsgeschichte zeige, dass dem BVerfG nicht die Kompetenz habe eingeräumt werden sollen, die Fortgeltung von Gesetzen anzuordnen. Ein solcher Ausspruch entfalte trotz Veröffentlichung im Gesetzesblatt nicht Gesetzeskraft. Das BVerfG sei nicht ermächtigt, mehr Rechte für sich in Anspruch zu nehmen, als ihm vom Gesetzgeber eingeräumt worden seien. Das BVerfG habe mit seiner Entscheidung zur Fortgeltung seine Kompetenz überschritten mit der Folge, dass das Finanzgericht Hamburg hieran nicht gebunden sei. Es gebe insbesondere keine haushälterischen Gründe für einen Fortgeltungsausspruch, weil die Freie und Hansestadt Hamburg in ihrem Haushalt die zu erstattenden Steuerbeträge zurückgestellt habe.

Der Ausspruch über die Fortgeltung widerspreche dem Rechtsstaatsgebot. Aufgabe des BVerfG sei es, die Einhaltung der Verfassung zu garantieren. Eine eigenmächtige Ausweitung der Kompetenzen sei schon deshalb nicht akzeptabel, weil das BVerfG keiner weiteren Kontrolle unterliege. Auch sei die Begründung für die Fortgeltung nicht nachvollziehbar, denn das Gericht begründe die Fortgeltung u. a. mit der Gerechtigkeit gegenüber den Spielgästen.

Es lägen inzwischen mehrere Entscheidungen aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit vor, die keine Fortgeltung wie das BVerfG anordneten und insoweit keine Bindungswirkung sähen.

Die Klägerin beantragt,

die Spielgerätesteueranmeldung für Januar 1995 vom 10.02.1995 und für Januar 2002 vom 01.02.2002 sowie die Einspruchsentscheidungen vom 11.04.2001 und 31.07.2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte führt zur Begründung aus, dass die Erhebung der Spielgerätesteuer rechtmäßig sei und bezieht sich dabei ausdrücklich auf den Beschluss des BVerfG vom 04.02.2009 (Az.: 1 BvL 8/05) sowie auf das Urteil des BFH vom 29.03.2006 (Az.: II R 59/04). Die Entscheidung des BVerfG über die Weitergeltung der als verfassungswidrig erkannten Vorschrift bis zum 01.10.2005 sei nicht angreifbar.

Mit Beschluss vom 09.09.2004 ist das Verfahren betreffend Spielgerätesteuer ab Januar 1995 wegen der ausstehenden Entscheidung des BFH in der Sache II R 59/04 und später mit Beschluss vom 28.03.2007 wegen der Verfassungsbeschwerde BvR 1686/06 zum Ruhen gebracht worden. Nach Entscheidung des BVerfG mit Bes...

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