Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer: Umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch; Scheingeschäft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wer bei einem Umsatz (hier: Lieferung eines Sportwagens durch zwischengeschalteten Händler) als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen. Sog. Strohmanngeschäfte sind in der Regel ernstlich gewollt und daher gültig; denn die Parteien eines Strohmanngeschäfts wollen die Rechtsfolgen der Vereinbarung wirklich herbeiführen, weil anderenfalls der erstrebte wirtschaftliche Zweck nicht in rechtsbeständiger Weise erreicht würde. Das gilt auch dann, wenn der Vertragspartner die Strohmanneigenschaft kennt. Charakteristisch für ein Strohmanngeschäft ist, dass der Mittelsmann die Rechte und Pflichten des Geschäfts auch im Außenverhältnis ernstlich übernehmen will. Dagegen ist ein Scheingeschäft anzunehmen, wenn die Beteiligten zur Erreichung ihrer Zwecke einen Scheinvertrag für genügend erachten und sich darüber einig sind, dass der Mittelsmann nur seinen Namen hergibt.

2. Mit einem unvollständigen Belegnachweis kann das Vorliegen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen werden (Anschluss an BFH-Urteil vom 14.11.2012 XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596).

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a; UStDV § 10 Abs. 1, § § 17a ff.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erbracht hat.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie betreibt einen Gebrauchtwagenhandel mit hochwertigen Personenkraftwagen. Gesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist Herr A.

Für die dem Streitjahr vorausgegangenen Jahre hatte die Klägerin folgende Umsätze erklärt:

  • für 2000 Umsätze zu 16% i. H. v. 1.630.920 DM,
  • für 2001 Umsätze zu 16% i. H. v. 2.328.909 DM sowie nicht steuerbare Umsätze i. H. v. 2.077.500 DM,
  • für 2002 Umsätze zu 16% i. H. v. 308.643 € sowie nicht steuerbare Umsätze i. H. v. 341.663 €,
  • für 2003 Umsätze zu 16% i. H. v. 173.159 € sowie steuerfreie Umsätze gem. § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG i. H. v. 15.100 € und gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG i. H. v. 91.861 €.

Für das Jahr 2004 liegt dem Gericht keine Umsatzsteuererklärung vor.

Zu den Geschäftspartnern der Klägerin gehörte das von der B-Handelsgesellschaft mbH + Co. KG (im Folgenden: B-KG) betriebene C ... D. Die B-KG war im Jahr 2004 an die Klägerin herangetreten, weil ein in E tätiger US-Amerikaner, F (im Folgenden: F), einen Sportwagen erwerben wollte. Der B-KG selbst war es aufgrund ihres Händlervertrags untersagt, ein Fahrzeug ins Ausland zu veräußern. Außerdem wollte F den Kauf über eine österreichische Firma abwickeln, um das Fahrzeug von dieser leasen zu können; bei der Firma handelte es sich um die G GmbH mit Sitz in H (im Folgenden: G-GmbH). Auch die Zwischenschaltung einer ausländischen Leasingfirma war der B-KG untersagt.

Der Geschäftsführer der G GmbH wandte sich im Folgenden an einen Mitarbeiter der B-KG, den Zeugen J, und besprach mit diesem die Abwicklung des Geschäfts. Der Zeuge J wies darauf hin, dass die B-KG eine weitere Firma, nämlich die Klägerin, einschalten müsse, die die Rechnung erstellen werde.

Im September 2004 meldete sich F telefonisch bei der B-KG, um den zu liefernden Sportwagen zu konfigurieren. Der Zeuge J füllte eine entsprechende Bestellung für das Fahrzeug aus, auf der der Name des F notiert, dann durchgestrichen und durch den Namen der Klägerin ersetzt wurde (s. Anlage 1 zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2013, Anlagenband).

Am 14.10.2004 leistete F eine Anzahlung i. H. v. 10.000 € an die B-KG (s. Kontoauszug aus der Buchführung der B-KG, Anlage 3 zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2013, Anlagenband).

Als Liefertermin wurde mit der G GmbH in der Folgezeit der 29.03.2005 vereinbart.

Mit Fax vom 17.03.2005 übersandte die G GmbH der B-KG einen Firmenbuchauszug aus dem österreichischen Handelsregister, mit dem sie ihre Eintragung belegte (s. Bl. ... der Rechtsbehelfsakten) und die Kopie eines Bescheides über die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (s. Bl. ... der Rechtsbehelfsakten).

Mit Fax vom 18.03.2005 richtete die B-KG eine Anfrage nach § 18e Nr. 1 UStG an das Bundesamt für Finanzen (BfF) und erhielt mit Fax vom selben Tag eine entsprechende Bestätigung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch das BfF (s. Bl. ... der Rechtsbehelfsakten).

Mit Fax vom 22.03.2005 übersandte die B-KG der G GmbH ein vorformuliertes Schreiben. Dieses war an die Klägerin adressiert und enthielt die auf den 29.03.2005 datierte Versicherung der G GmbH, dass das noch zu liefernde Fahrzeug in das Bestimmungsland Österreich befördert und dort der Erwerbsbesteuerung unterworfen werden würde. Die G GmbH sandte dieses Schreiben unterschrieben und mit ihrem Firmenstempel versehen am 29.03.2005 per Fax zurück an die B-KG (Bestätigung einer innergemeinschaftlichen Lieferung vom 29.03.2005, s. B...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge