Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbindliche Ursprungsauskunft: präferentieller Ursprung nach dem Abkommen zwischen der EU und der Schweiz sowie dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) für gesinterte Rundstäbe aus Kunststoff

 

Leitsatz (amtlich)

Gesinterte Rundstäbe aus Kunststoff, die nach dem Sintern entgratet und abgelängt werden, sind keine "anderen Erzeugnisse, weiter bearbeitet als nur mit Oberflächenbearbeitung" im Sinne der Ursprungsregeln für Waren der HS-Positionen 3916 bis 3912.

 

Normenkette

ZK Art. 12 Abs. 1, Art. 27; Freihandelsabkommen EU-Schweiz; EWR-Abkommen; Regionales Übereinkommen über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den präferenziellen Ursprung gesinterter Rundstäbe aus Kunststoff.

Unter dem 21.08.2013 beantragte die Klägerin - ein Kunststoff verarbeitender Betrieb - die Erteilung verbindlicher Ursprungsauskünfte (vUAe) für den präferenziellen Warenursprung im Warenverkehr zwischen der EU und der Schweiz bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Der Antrag bezog sich - neben gesondert beschiedenen Kunststoff-Flacherzeugnissen - auf Rundstäbe mit Durchmessern zwischen 10 mm und 150 mm, die aus pulverförmigem ultrahochmolekularem Polyethylen (PE), das aus Brasilien unter der Position 3901 KN in die EU eingeführt wird, durch Ram-Extrusion hergestellt werden. Bei diesem speziellen Sinterverfahren wird das PE-Pulver unter starkem Druck und Hitze zu festen Endlosstäben unterschiedlichen Durchmessers umgeformt. Die Rundstäbe werden nach Kundenwunsch auf ein oder zwei Meter abgelängt und für den Transport und die sichere Handhabung entgratet.

Unter dem 12.12.2013 erteilte der Beklagte zwei vUAe, mit denen festgestellt wurde, dass die Rundstäbe keinen Präferenzursprung nach Art. 27 ZK in Verbindung mit dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Schweiz (vUA Nr. DE ...1/13) sowie dem EWR-Abkommen (vUA Nr. DE ...2/13) haben. Es liege keine ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung vor, da die Listenbedingungen gemäß Art. 2 Abs. 1 b, Art. 6 Abs. 1 und Anhang II (Verarbeitungsliste zur Kapitel 3916 bis 3921 HS) des Protokolls Nr. 3 der jeweiligen Abkommen nicht erfüllt seien. Danach sei ursprungsbegründendes Verarbeiten nur ein "Herstellen, bei dem der Wert aller verwendeten Vormaterialien 50 v. H. des Ab-Werk-Preises der hergestellten Ware nicht überschreitet und innerhalb der oben stehenden Begrenzung der Wert aller verwendeten Vormaterialien des Kapitels 39 20 v. H. der hergestellten Ware nicht überschreitet." Nach den Angaben der Klägerin liege der Ab-Werk-Preis der Rundstäbe zwischen 6,80 €/kg für 10 mm-Stäbe und 4,20 €/kg für 150 mm-Stäbe (Bl. 28.1 des Antragshefts) sowie der Preis des verwendeten PE-Pulvers (Handelsbezeichnung UTEC-3040T) bei 1,75 €/kg.

Gegen beide vUAe legte die Klägerin mit E-Mail vom 13.01.2014 Einspruch ein. Die Rundstäbe müssten den Ursprungsregeln unterliegen, die für "Profile, Rohre und Schläuche" gälten, weil es sich um Profile handele. Im Übrigen seien die Rundstäbe "andere Erzeugnisse, weiter bearbeitet als nur mit Oberflächenbearbeitung", weil sie nicht nur entgratet und abgelängt, sondern auch gesintert würden. Alle Bearbeitungsschritte seien Verarbeitungen im Sinne der DIN 8580 für Fertigungsverfahren.

Mit Schreiben vom 12.08.2014 nahm das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung (BWZ) Hamburg Stellung. Die Rundstäbe seien von der Position 3916 HS erfasst. Bei dem PE-Pulver handele es sich um ein Additionshomopolymerisationserzeugnis im Sinne der Ursprungsregeln für Waren der Positionen 3916 - 3921 HS. Sintern, Entgraten und Ablängen stellten keine weitere Bearbeitung als nur eine Oberflächenbearbeitung dar. Dies ergebe sich aus den Erläuterungen zur Position 3916 HS. Das Ablängen sei dort ausdrücklich erlaubt. Sintern und Entgraten seien Prozesse, die zur typischen Formgebung gehörten. Weitere Arbeitsschritte seien z. B. Bohrungen, spezielle Zuschnitte oder Verbindungen mit anderen Materialien. Nach Anmerkung 8 zu Kapitel 39 KN seien Profile nur Erzeugnisse mit einem anderen als runden, ovalen, rechteckigen oder ein regelmäßiges Vieleck aufweisenden Innenquerschnitten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 02.12.2014 wies der Beklagte die Einsprüche der Klägerin zurück. Die zur Herstellung der Rundstäbe verwendeten Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft würden nicht ausreichend be- oder verarbeitet im Sinne der Ursprungsregeln der einschlägigen Freihandelsabkommen. Anwendbar seien die Regeln für Waren der Position 3916 - 3921 HS, da die Rundstäbe der Position 3916 HS zuzuweisen seien. Die für "Profile, Rohre und Schläuche" geltenden Ursprungsregeln seien nicht anwendbar, da es sich bei den Rundstäben nicht um Profile handele. Nach dem Wortlaut der Position 3916 HS werde zwischen Stäben, Stangen und Profilen unterschieden. Danach seien Stäbe und Stangen einfache Erzeugnisse mit rundem Querschnitt. Profile zeichneten sich durch einen komplexeren Querschnitt aus.

Bei den Rundstäben ha...

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