Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer: Kirchlicher Kindergarten kann Betrieb gewerblicher Art sein

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für einen Aufgabenübergang i. S. des § 4 Nr. 1 GrEStG genügt es, wenn die konkret auf dem veräußerten Grundstück ausgeübte öffentlich-rechtliche Aufgabe auf den Erwerber übergeht. Ein derartiger Aufgabenübergang liegt vor, wenn eine Kirchengemeinde die Trägerschaft für einen kirchlichen Kindergarten auf einen Kirchenkreis überträgt.

2. Ein von einem kirchlichen Träger in Hamburg betriebener Kindergarten ist ein Betrieb gewerblicher Art.

 

Normenkette

GrEStG § 4 Nr. 1; KStG § 4 Abs. 1, 5; GG Art. 140; WRV Art. 137 Abs. 3, 5

 

Tatbestand

A.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Übertragung eines für einen Kindergarten genutzten Grundstücks von einer evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde auf den Kläger nach § 4 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) grunderwerbsteuerfrei ist.

I.

1. Die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde A (im Folgenden: Kirchengemeinde) war Eigentümerin des in der X-Straße in Hamburg-A belegenen Grundstücks. Das Grundstück war mit einer Kapelle, der ... Kapelle, mit angegliedertem Gemeindehaus und einem Pastorat bebaut. In dem Verbindungsbau zwischen dem Gemeindehaus und dem Pastorat mit einer Fläche von ca. 40 qm befand sich ein evangelischer Kindergarten ("Ev. Kindergarten B") mit 22 Betreuungsplätzen. Die in dem Kindergarten betreuten Kinder nutzten die sanitären Anlagen des Gemeindehauses und das nicht aufgeteilte Außengelände auf dem Grundstück mit.

2. Der Rechtsvorgänger des Klägers, der Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis C gründete ein rechtlich unselbständiges Werk, das Evangelische Kindertagesstättenwerk C (Kita-Werk). Die Ordnung des Kita-Werks vom ... 2007 (Grunderwerbsteuerakten -GrEStA- Bl. 36 ff.) enthielt u. a. folgende Regelungen:

§ 2 Zweck

Zweck des Kita-Werks ist es, a. Für die Kindertagesstättenarbeit im Kirchenkreis die Rahmenbedingungen zu gestalten und für deren Qualität zu sorgen, b. die Träger der Kindertagesstätten in der Wahrnehmung ihrer Verantwortung vor Ort zu unterstützen, c. die Arbeit der Kindertagesstätten durch Übernahme des finanziellen Risikos abzusichern, d. die Personalverantwortung (Anstellung, Entlassung und Entwicklung) im Zusammenwirken mit den Trägern und Leitungen der Kindertagesstätten wahrzunehmen, e. die Kooperation der Träger untereinander und mit dem Kita-Werk fortzuentwickeln und zu fördern, f. den Kirchenkreis und seine Kindertagesstättenträger gegenüber kirchlichen, diakonischen und staatlichen Stellen und gegenüber der Öffentlichkeit in allen Belangen der Kindertagesstättenarbeit zu vertreten. (...)

§ 4 Austritt aus dem Kita-Werk

(1) Ein Träger kann seinen Austritt aus dem Kita-Werk schriftlich mit einjähriger Frist zum Ende eines Kalenderjahres erklären. (...)

§ 7 Trägerversammlung

(1) Der Trägerversammlung gehören an a. als Vertreter der Träger je ein Mitglied pro Kindertagesstätte, das vom Kirchenvorstand oder dem sonstigen Leitungsorgan des Trägers aus seiner Mitte gewählt wird, (...) (...)

§ 10 Aufgaben der Trägerversammlung

Die Trägerversammlung hat folgende Aufgaben: a. Sie entscheidet über die Grundlagen der Kindertagesstättenarbeit im Kirchenkreis und legt die Ziele dieser Arbeit fest. b. Sie wählt die Mitglieder des Vorstandes. (...) c. Sie kann Anträge und Anregungen an den Vorstand des Kita-Werkes und an den Kirchenkreisvorstand richten. (...)

§ 12 Aufgaben der Träger

(1) Die Träger nehmen ihre Verantwortung vor Ort wahr. Dazu gehören insbesondere a. die Erarbeitung und Aktualisierung der Kita-Konzeption in Umsetzung des gemeinsamen Leitbildes, b. die pädagogische, religionspädagogische und interkulturelle Gestaltung der Kita-Arbeit gemeinsam mit der Kita-Leitung, c. die Pflege einer intensiven Einbeziehung der Kindertagesstätte in das Leben der Kirchengemeinde, d. die Unterstützung der Kindertagesstätte in ihrem Orts- und Stadtteilbezug und in ihrer Eltern- und Öffentlichkeitsarbeit, e. die Unterhaltung der Gebäude und des Inventars, soweit dieses dem Kita-Werk zur Verfügung gestellt wird, f. die Errichtung, Angebotsveränderung oder Schließung von Kindertagesstätten (...).

(2) Die Träger wirken an Personalmaßnahmen des Kita-Werkes (...) mit.

(3) In Situationen, in denen sofortiges Handeln erforderlich ist, kann der Träger stellvertretend für das Kita-Werk vorläufige Maßnahmen treffen. Diese sind der Geschäftsführung des Kita-Werkes unverzüglich anzuzeigen."

Mit Aufgabenübertragungsvertrag vom ... 2007 (Anlage K 5, Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband) übertrug die Kirchengemeinde rückwirkend zum ... 2007 die Personal- und Finanzverantwortung für den Kindergarten im Wege der Auftragsverwaltung auf das Kita-Werk und trat diesem bei. In dem Vertrag war vereinbart, dass die Arbeitsverhältnisse mit den in der Kindertagesstätte tätigen Mitarbeitern und alle sonstigen den Betrieb der Kindertagesstätte betreffenden Verträge, die bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten, die Verantwortlichkeit für die laufen...

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