Entscheidungsstichwort (Thema)

vGA bei Übernahme von Haftungsrisiken aus einer Aufsichtsratstätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers

 

Leitsatz (amtlich)

Stellt eine GmbH ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, der ein Aufsichtsratsmandat in einer AG ausübt, an der die GmbH eine Beteiligung hält, von jeglichen Haftungsrisiken - unabhängig von Vorsatz und Fahrlässigkeit - frei, führt die Inanspruchnahme aus der Haftungsübernahme zu einer vGA zu Gunsten ihres Gesellschafters.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) in Höhe von 74.165 €.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmenszweck ... ist. Sie hielt u.a. im Streitjahr 2015 eine Beteiligung an der inzwischen insolventen A AG. Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin, B, wurde von der Klägerin in den Aufsichtsrat der A AG entsandt.

Unter dem ... 2010 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin, ihren Gesellschafter-Geschäftsführer von allen Ansprüchen freizuhalten, die sich aus dessen künftiger Tätigkeit als Aufsichtsrat der A AG ergeben könnten. Am selben Tag schloss die Klägerin eine entsprechende Vereinbarung mit B ab.

Im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A AG warf der Insolvenzverwalter u.a. B vor, seine Pflichten als Aufsichtsratsvorsitzender nicht ordnungsgemäß erfüllt zu haben und machte Schadensersatzansprüche gegen ihn und zwei weitere Aufsichtsratsmitglieder geltend. Diese Ansprüche waren Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung, die mit dem Abschluss eines Vergleichs vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht im ... 2015 (xxx) ihr Ende fand. Danach war B verpflichtet, 74.165 € an den Insolvenzverwalter zu zahlen. Nach Maßgabe der Vereinbarung vom ... 2010 übernahm die Klägerin die Zahlung und machte sie im Rahmen ihrer Gewinnermittlung im Streitjahr als Betriebsausgabe geltend.

Mit Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheid für das Streitjahr vom 28. Juli 2017 qualifizierte der Beklagte die Zahlung der Vergleichssumme als vGA und rechnete den Betrag außerbilanziell dem Gewinn hinzu. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 31. August 2017, der mit Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2019 zurückgewiesen wurde. Am 18. März 2019 hat die Klägerin Klage erhoben.

Die Klägerin hält daran fest, dass die Vergleichszahlung nicht zu einer vGA führe. Sie habe ihre Grundlage in der Vereinbarung vom ... 2010 und sei ausschließlich betrieblich veranlasst gewesen. Die Zahlung sei für B in dessen Eigenschaft als Aufsichtsrat der A AG geleistet worden. Die Wahrnehmung des Aufsichtsratsmandats habe in ihrem, der Klägerin, Interesse gelegen. Es fehle folglich an den Voraussetzungen einer verdeckten vGA.

Die Zahlung sei als Vergütung für B zu qualifizieren. Denn neben Gehalt und Tantieme könne eine Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsführer auch durch die Übernahme von Verbindlichkeiten und Haftungsrisiken aus dessen Tätigkeit als Aufsichtsrat in einer anderen Gesellschaft entlohnen, an der die Kapitalgesellschaft beteiligt sei. Es habe nicht die Absicht bestanden, dem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuzuwenden. Vielmehr sei es darum gegangen, Risiken des B, die sich aus der Übernahme des Aufsichtsratsmandates für die Gesellschaft ergeben hätten, ihm nicht persönlich aufzubürden. Die Vereinbarung sei auch im Voraus getroffen worden, sowie klar und eindeutig. Der Umstand, dass bei Abschluss der Vereinbarung die Höhe einer möglichen Inanspruchnahme offen gewesen sei, sei unschädlich. Es mache auch keinen Unterschied, ob sie, die Klägerin, das Risiko selbst übernehme oder eine Versicherung gegen die Inanspruchnahme aus der Aufsichtsratstätigkeit abschließe.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide für 2015 über Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag 2015 vom 28. Juli 2017 und die Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2019 mit der Maßgabe zu ändern, dass keine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 74.165 € hinzugerechnet wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält daran fest, dass die Übernahme der Vergleichszahlung nach Maßgabe der Freistellungsvereinbarung vom ... 2010 zu einer vGA führe. Die Vereinbarung genüge bereits nicht den erhöhten formalen Anforderungen an Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter; insoweit fehle es ihr an der erforderlichen Klarheit und Eindeutigkeit, ob und in welcher Höhe ein Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters zu zahlen sei. Die Vereinbarung halte zudem einem Fremdvergleich nicht stand. Damit seien zivilrechtliche Verbindlichkeiten des Gesellschafters übernommen worden, ohne dass sich hieraus Vorteile ergäben. Es seien vielmehr dem Grunde und der Höhe nach unkalkulierbare Risiken übernommen worden. Es sei davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eine derartige Vereinbarung nicht mit einem fremden Dritten abgeschlossen hätte, sie habe daher ihre Ursache im Gesell...

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