Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Vollmacht an das Finanzamt

 

Leitsatz (amtlich)

Wurde die Frage, wie das Finanzamt vom Widerruf der Vollmacht in Kenntnis gesetzt werden soll, nicht geklärt, sondern lediglich darauf vertraut, der bisher Bevollmächtigte werde dies schon tun, so ist die unterbliebene Benachrichtigung als eigenes Verschulden zuzurechnen. Wenn der vollmachtlose Vertreter vorsorglich gegen die Einspruchsentscheidung selbst Einspruch einlegt, kann dieser Einspruch nicht als Klage gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung verstanden werden.

 

Normenkette

AO §§ 80, 122

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Steuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998.

Nachdem die Klägerin trotz Aufforderung für die Streitjahre 1997 und 1998 keine Steuererklärungen eingereicht hatte, ermittelte das damals zuständige Finanzamt Hamburg-A die Besteuerungsgrundlagen gem. § 162 AO in Anlehnung an die Entwicklung des Betriebes in den Vorjahren im Schätzungswege. Es ging dabei davon aus, dass die Gesellschaft in den Jahren nicht mehr aktiv tätig gewesen ist und schätzte dementsprechend die Umsätze und die Einkünfte der Klägerin auf Null. Mit den Bescheiden für 1997 und 1998 über Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Feststellung nach § 47 Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) vom 11.02.2000 setzte das Finanzamt Hamburg-A die Körperschaftsteuer jeweils auf 0 DM fest. Mit den Bescheiden für 1997 und 1998 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer vom 11.02.2000 setzte es den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag sowie die Gewerbesteuer jeweils auf 0 DM fest. Entsprechend den Feststellungen in den Körperschaftsteuer-Bescheiden erfolgte die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1997 und 31.12.1998 mit Bescheiden vom 11.02.2000. Alle Bescheide wurden an die ...S Steuerberatungsgesellschaft mbH (S) als Empfangsbevollmächtigte laut Vollmacht vom 21.10.1998 bekannt gegeben.

Mit Schreiben vom 10.03.2000 legte die S für die Klägerin gegen diese Bescheide bei dem zuständigen Finanzamt Hamburg-A Einspruch ein und beantragte eine Frist zur Einreichung der Erklärungen bis zum 30.04.2000.

Mit Schreiben vom 08.09.2000 teilte der Beklagte der S unter Angabe der neuen Steuernummer mit, dass die Akten nunmehr bei ihm geführt würden und bat um umgehende Einreichung der Steuererklärungen oder einer Rücknahme der Einsprüche bis zum 22.09.2000. Mit Einspruchsentscheidung vom 29.09.2000 wies der Beklagte die Einsprüche z.T. als unzulässig und z.T. als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung wurde der S als Empfangsbevollmächtigte bekannt gegeben.

Laut Sachakten liegen dem Beklagten folgende Vollmachten vor: Vom Geschäftsführer der Klägerin am 21.10.1998 an die S erteilte Vertretungsvollmacht in steuerlichen Angelegenheiten vor dem Finanzamt Hamburg-A, Steuer-Nr. ...1 sowie Empfangsvollmacht für das Besteuerungs- und Steuererhebungsverfahren, eingegangen am 25.01.2000; von dem Geschäftführer der Klägerin am 26.01.2000 den Rechtsanwälten R in Sachen "Steuerverbindlichkeiten Herr B (StNr.: ...2) wegen Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom Januar 2000" erteilte Vollmacht, eingegangen am 28.01.2000; vom Geschäftsführer der Klägerin am 13.07.2000 der ... Treuhandgesellschaft mbH erteilte Vollmacht für die Vertretung in sämtlichen steuerlichen Angelegenheiten, beim Beklagten eingegangen am 15.01.2001, zuvor am 10.01.2001 beim Finanzamt Hamburg-A eingegangen; von dem Geschäftsführer der Klägerin am 12.02.2001 erteilte Vollmacht für Herrn Rechtsanwalt C die Klägerin in steuerlichen Angelegenheiten zu vertreten.

Am 31.10.2000 teilte die S dem Beklagten unter Rücksendung der Einspruchsentscheidung mit, dass ihm bekannt sein dürfte, dass die Vollmacht zur Vertretung der Klägerin abgelaufen sei. Vorsorglich lege sie als vollmachtsloser Vertreter gegen die Einspruchsentscheidung selbst Einspruch ein. Sie bitte um Mitteilung, dass die Einspruchsentscheidung gegenüber dem jetzigen steuerlichen Vertreter bekannt gegeben werde und sie aus der Zustellung entlassen worden sei.

Mit Schreiben vom 09.11.2000 teilte der Beklagte der S unter Rückübersendung der Einspruchentscheidung mit, dass die Einspruchsentscheidung wirksam an sie als Verfahrensbevollmächtigte bekannt gegeben worden sei. Er habe erstmals am 31.10.2000 Kenntnis von einem Widerruf der Vertretungs- und Zustellungsvollmacht erhalten. Im Zeitpunkt der Absendung der Einspruchsentscheidung sei die Vollmacht daher noch wirksam gewesen. Im Übrigen sei ein Einspruch gegen die Einspruchsentscheidung nicht statthaft und der Einspruch damit unzulässig. Sofern er innerhalb von vier Wochen keine gegenteilige Nachricht erhalte, betrachte er den Einspruch als erledigt.

Am 12.02.2001 gingen bei dem Beklagten die Steuererklärungen für die Jahre 1997 und 1998 ein, mit denen die Klägerin einen Verlust geltend machte.

Mit Schreiben vom 26.06.2001, eingegangen am 29.06.2001, hat die Klägerin Klage ...

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