Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenrecht: Terminsgebühr, Erledigungsgebühr, notwendige Aufwendungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Keine Entstehung einer Terminsgebühr, wenn es in den Telefonaten und dem E-Mail-Verkehr ausschließlich um die rechtliche Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf den Streitfall geht.

2. Fehlt es an der Kausalität der besonderen anwaltlichen Mitwirkung für den Erledigungserfolg, entsteht eine Erledigungsgebühr nicht.

3. Kosten eines AdV-Verfahrens können nicht im Rahmen des Hauptsacheverfahrens als notwendige Aufwendungen geltend gemacht werden.

 

Normenkette

FGO § 139 Abs. 1; RVG-VV Nrn. 1002, 3002

 

Tatbestand

Die Klägerin und Erinnerungsführerin hatte sich in der Hauptsache gegen die Entrichtung einer Steuer gewandt. Das Hauptsacheverfahren ruhte bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in einem Normenkontrollverfahren. Noch am selben Tag, an dem der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts veröffentlicht wurde, durch den das Gesetz für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig erklärt wurde, nahm der Prozessbevollmächtigte telefonisch Kontakt zur Gegenseite auf, um zu besprechen, welche Schritte im Hinblick auf eine möglichst schnelle Erledigung der bei den Finanzgerichten ruhenden Verfahren zu ergreifen seien. Nachdem die beklagte Behörde die angefochtene Steueranmeldung aufgehoben hatte, erklärten die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt. Mit Beschluss vom 14.07.2017 legte der Senat der beklagten Behörde die Kosten des Verfahrens auf.

Die Klägerin und Erinnerungsführerin wendet sich mit ihrer Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Gerichts, der ihr nicht nur die Festsetzung einer Termins- und Erledigungsgebühr versagte, sondern auch die beantragte Festsetzung der Kosten für ein AdV-Verfahren, welches die Klägerin parallel zum Hauptsacheverfahren geführt hatte, nicht gewährte.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 149 Abs. 2 zulässige Erinnerung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Keine Entstehung einer Terminsgebühr nach Nr. 3002 RVG-VV

Nach Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV-RVG, die auch im finanzgerichtlichen Verfahren gilt, entsteht die Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV-RVG für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder für die Wahrnehmung eines von einem gerichtlichen Sachverständigen anberaumten Termins oder für die Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung auch ohne Beteiligung des Gerichts ... Die Terminsgebühr ist im Zusammenhang mit dem Erlass des RVG vom 05.05.2004 (BGBl I, S. 718) eingeführt worden. Der Gesetzgeber des RVG wollte durch diese Terminsgebühr einen Anreiz für außergerichtliche Einigungen schaffen. In der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks. 15/1971, S. 148) heißt es insoweit:

"Die außergerichtliche Streiterledigung soll ferner dadurch gefördert werden, dass die Terminsgebühr auch dann anfallen soll, wenn der Rechtsanwalt nach Erteilung des Klagauftrags an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung mitwirkt ... Der Anwalt soll nach seiner Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beitragen. Deshalb soll die Gebühr auch schon verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirkt, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielen. Solche Besprechungen sind bisher nicht honoriert worden."

Die Gesetzesbegründung zeigt, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Terminsgebühr das ernsthafte Bemühen des Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts honorieren und damit zugleich die außergerichtliche Streitbeilegung fördern wollte (Niedersächsisches FG, Beschluss vom 29.05.2012, 9 KO 1/12, EFG 2012, 2153). Wenn auch mit Blick auf das gesetzgeberische Anliegen an das Merkmal einer Besprechung keine besonders strengen Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 20.11.2006, II ZB 6/06, NJW-RR 2007, 286), so müssen die Prozessbeteiligten doch anlässlich einer (auch) fernmündlichen Unterredung zumindest über die Erledigung des Verfahrens verhandelt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 20.11.2006, II ZB 6/06, NJW-RR 2007, 286). Gemessen an diesen Grundsätzen hat vorliegend keine Besprechung im Sinne der hier einschlägigen Regelung in Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV-RVG stattgefunden.

Der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführerin hat an keiner Besprechung mit dem Erinnerungsgegner teilgenommen, die auf Erledigung des Klageverfahrens gerichtet war. Weder die im unmittelbaren Anschluss an die Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ... geführten Telefonate ... noch der E-Mail-Austausch mit dem Vertreter der Verwaltung ... erfüllen die Voraus...

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