Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerb durch Vermächtnis begrifflich kein Erwerb durch Erbanfall

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird der Gesellschaftsanteil des Erblassers an einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts dessen Sohn und Mitgesellschafter unter aufschiebendem Verzicht auf Erb- und Pflichtteilsrechte und ausschließlicher Erbeinsetzung der übrigen Abkömmlinge sowohl durch Vermächtnis als auch durch gesellschaftsvertragliche Übernahmeregelung auf den Todesfall übertragen, so erwirbt der Sohn den Gesellschaftsanteil außerhalb der Erbfolge und kann daher den Freibetrag bei Erwerb durch Erbanfall nicht in Anspruch nehmen.

 

Normenkette

ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nrn. 1, 2 S. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 2a S. 1 Nr. 1; BGB §§ 1922, 1924 Abs. 1, §§ 1937-1938, 2147, 2174, 2303 Abs. 1, § 2317 Abs. 1, § 2346 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.05.2005; Aktenzeichen II R 40/02)

 

Tatbestand

Der Kläger ist der Sohn des Erblassers B . Der Kläger und der Erblasser waren Gesellschafter der Ingenieurbüro B Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Ingenieurbüro B GbR). Nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR vom 22. Dezember 1989 sollte diese Gesellschaft zunächst bis zum 31. Dezember 1996 bestehen. Danach sollte durch Gesellschafterbeschluss die Fortsetzung der Gesellschaft bestimmt werden können. § 9 des Gesellschaftsvertrags vom 22. Dezember 1989 sah vor, dass der Erblasser für das Geschäftsjahr 1990 einen Gewinnanteil von 60 v.H. und der Kläger einen solchen von 40 v.H. erhalten sollten. In den folgenden Geschäftsjahren sollte sich der Gewinnanteil des Erblassers zugunsten des Klägers um jeweils 2 v.H. vermindern. In § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags war bestimmt, dass bei dem Ausscheiden des Erblassers durch Tod dessen Gesellschaftsanteil auf den Kläger übergehen sollte.

Mit Beschluss vom…änderten der Erblasser und der Kläger den Gesellschaftsvertrag der Ingenieurbüro B GbR unter anderem wie folgt ab:

㤠10 Ausscheiden, Abfindung, Versorgung:

(1) Scheidet ein Gesellschafter durch Kündigung aus der Gesellschaft aus, steht ihm ein Abfindungsguthaben in Höhe des Buchwerts seines Gesellschaftsanteils zu...

(2) Beim Ausscheiden eines Gesellschafters durch Tod gehen dessen Gesellschaftsanteile auf den jeweils anderen Gesellschafter über. Sofern als gesetzliche Erben minderjährige Kinder vorhanden sind, steht den Erben eine Abfindung in Höhe des Buchwertes zu. Andernfalls geht der Geschäftsanteil abfindungsfrei auf den verbleibenden Gesellschafter über...

§ 10a Beendigung der Gesellschaft:

Endet die Gesellschaft gemäß § 2 Absatz 1 durch Zeitablauf, steht das Auseinandersetzungsguthaben den Gesellschaftern nicht entsprechend ihren Anteilen an der Gesellschaft zu, sondern allein Herrn Dipl.-Ing. H B. Herr Dipl.-Ing. B B überträgt insoweit seinen Anteil an dem Auseinandersetzungsguthaben im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf Herrn Dipl.-Ing. H B unter Anrechnung auf dessen Erb- und Pflichtteilsansprüche.”

Mit Schreiben vom…übersandte der Erblasser dem Finanzamt…eine Abschrift dieser Änderung des Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR. Ferner erklärte er „verbindlich und unwiderruflich, dass der Freibetrag gemäß § 13 Absatz 2a Erbschaftsteuergesetz für den Übergang des Auseinandersetzungsguthabens auf meinen Sohn H B im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gemäß der beigefügten Vereinbarung in Anspruch genommen wird”.

Am…1995 errichtete der Erblasser ein von dem Zeugen K notariell beurkundetes Testament. Hiermit setzte er zu seinen alleinigen Erbinnen seine am geborene Tochter A und seine am…geborene Tochter M ein. Unter I. 4. dieses Testaments vermachte der Erblasser dem Kläger seinen Gesellschaftsanteil an der Ingenieurbüro B GbR einschließlich sämtlicher ihm bis zum Todeszeitpunkt gegebenenfalls zustehender und noch nicht ausgezahlter Gewinnanteile. Unter I. 5. seines Testaments vom…1995 ordnete der Erblasser an, dass seine Töchter nur den Pflichtteil erhalten sollten, falls sie das Testament anfechten oder sich seiner Durchführung widersetzen sollten. Der Erblasser und der Kläger schlossen am 1995 ferner einen notariell beurkundeten Erbvertrag ab. Hiermit verzichtete der Kläger unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Gesellschaftsanteil des Erblassers an der Ingenieurbüro GbR einschließlich der bis zum Todeszeitpunkt gegebenenfalls zustehenden und noch nicht ausgezahlten Gewinnanteile im Rahmen des zu seinen Gunsten angeordneten Vermächtnisses auf ihn übergehen werde, auf seine Erb- und Pflichtteilsrechte.

Der Erblasser verstarb am…und wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts vom - 7 VI 377/95 - von seinen beiden Töchtern zu jeweils ½ Anteil beerbt.

Das Finanzamt , dessen Zuständigkeit mittlerweile auf das beklagte Finanzamt übergegangen ist, forderte den Kläger mehrfach erfolglos auf, eine Erbschaftsteuererklärung abzugeben. Ausweislich eines hierüber angefertigten Aktenvermerks vom 31. Oktober 1996 stellte das Finanzamt…durch Nachfrage bei dem für die Besteuerung...

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