Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweismaß bei der Feststellung einer Steuerhinterziehung - Verletzung von Mitwirkungspflichten - Indizienbeweis, Zuordnung eines unter einer Referenznummer geführten anonymisierten Auslandskontos

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei nicht behebbaren Zweifeln ist die Feststellung einer Steuerhinterziehung mittels reduzierten Beweismaßes - mithin im Schätzungswege - nicht zulässig.
  2. Insoweit darf dem Steuerpflichtigen die Verletzung von Mitwirkungspflichten nicht zum Vorwurf gemacht werden. Das gilt auch für die Verletzung sog. erweiterter Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten nach § 90 Abs. 2 AO.
  3. Bei der Beweiswürdigung zur Zuordnung eines unter einer Referenznummer geführten Auslandskontos kann berücksichtigt werden, dass es über ein bloßes Bestreiten hinaus an jeglichem Vorbringen fehlt, das Anlass dafür geben könnte, die aus den Indizien gewonnene Überzeugung, dass es sich um eine Kontoverbindung des bestreitenden Steuerpflichtigen handelt, in Frage zu stellen.
  4. Eine Negativbescheinigung der ausländischen Bank des Inhalts, dass sie auf den Namen des Steuerpflichtigen kein Konto/Depot führt, schließt das Bestehen eines ihm zuzurechnenden anonymisierten Kontos nicht aus.
 

Normenkette

AO § 90 Abs. 2, §§ 162, 169 Abs. 2 S. 2, § 171 Abs. 5 S. 2, § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 370 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 96 Abs. 1 S. 1 1. Halbsatz

 

Streitjahr(e)

1991, 1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999, 2000

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.05.2015; Aktenzeichen II R 13/12)

BFH (Urteil vom 19.11.2014; Aktenzeichen VIII R 12/12)

BFH (Urteil vom 19.11.2014; Aktenzeichen VIII R 12/12)

 

Tatbestand

Die Klägerin erzielte in den Streitjahren neben ihren Renteneinkünften Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung.

Sie hatte fortlaufend Einkommensteuer- und Vermögensteuererklärungen eingereicht.

Am 14. Dezember 1998 leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (Steufa) im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen bei der „A” AG in gegen die Klägerin ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung für die Jahre 1991 bis 1996 sowie der Vermögensteuerhinterziehung auf den 1. Januar 1989 bis 1. Januar 1996 ein. Am 10. April 2002 wurde das Verfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommensteuer 1997 bis 2000 erweitert. Die Bekanntgabe der Einleitung des Strafverfahrens insgesamt erfolgte im Rahmen einer Durchsuchung am 30. Juli 2002.

Die Klägerin war im fraglichen Zeitraum - was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - Inhaberin des Kontokorrentkontos Nr. sowie seit 1981 als Zugangsbevollmächtigte des Schließfachs Nr. Kundin der A” Bank, Niederlassung „B”. Das Schließfach Nr. war angemietet worden von Frau „C”, einer Verwandten des Herrn „D”, welcher bei der Klägerin als Verwalter ihrer Immobilien angestellt ist.

Ausweislich der Begehungskarten der Bank fand eine Begehung des Schließfaches u.a. an folgenden Tagen statt: 3. Oktober 1989, 6. Oktober 1989, 17. Oktober 1989, 8. Juni 1990, 19. Dezember 1990, 14. Januar 1992.

Nach den Feststellungen der Steufa im Steuerfahndungsbericht vom 21. März 2003 unterhielt die Klägerin unter der Referenz-Nr. ein Konto bei der „A” Bank Ausland(„A"Ausland). Die Steufa stellte hierzu fest, dass nach den vorliegenden - im Rahmen der Durchsuchungen der A” Bank sichergestellten - Beweismitteln Einzahlungen zugunsten der unter der Referenznummer bei der „A” Bank Ausland bestehenden Vermögensanlage wie folgt nachvollzogen werden könnten:

Lfd. Nr. Datum Betrag (DM) Einzahler

1 03.10.1989 36.000 DM „bekannt”

2 17.10.1989 16.000 DM dto

3 06.10.1989 24.000 DM dto

4 13.02.1990 23.000 DM dto

5 08.06.1990 68.000 DM dto

6 22.10.1990 80.000 DM dto

7 19.12.1990 80.000 DM dto

8 14.01.1992 80.000 DM „A. Wagner”

Summe 407.000 DM

Dem Steufa-Bericht zufolge erfolgten sämtliche Einzahlungen in anonymisierter Form stets in bar bei der Niederlassung der „A” Bank in „B”.

In dem Prüfungsbericht heißt es weiter:

„Die Identifizierung der Beschuldigten als tatsächliche Kontoinhaberin der genannten Referenznummer im Ausland konnte wie folgt vorgenommen werden:

Am 13. Februar 1990 wurden von dem Konto der Beschuldigten bei der „A” Bank „B”, Kasse Nr. 1 DM 50.000,- in bar abgehoben (Buchung Nr. 0018). Die Bareinzahlung Nr. 4 zugunsten der Vermögensanlage im Ausland (23.000,- DM) wurde nachweislich über die gleiche Kasse der „A” Bank „B” mit der Buchungsnummer 0019 abgewickelt. Unbekannt ist allerdings die Verwendung des Restbetrages in Höhe von 27.000,- DM.

In gleicher Weise erfolgte am 8. Juni 1990 eine Barabhebung vom Konto der Beschuldigten in „B” in Höhe von 128.000,- DM. Wiederum wurde die Auszahlung und Einzahlung eines Teilbetrages in Höhe von 68.000,- DM (Nr. 5) zugunsten der o.g. Referenznummer im Ausland über die gleiche Kasse der „A” Bank „B” durch 2 direkt folgende Buchungsnummern (0078 und 0079) abgewickelt. Der Verbleib des Restbetrages in Höhe von 60.000,- DM kann nicht abschließend beurteilt werden. Nach den im Rahmen der Durchsuchung bei ...

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