Entscheidungsstichwort (Thema)

Für die Frage, wer Gläubiger eines Erstattungsanspruchs ist, sind maßgebend die dem Finanzamt im Zeitpunkt der Zahlung bekannten Umstände

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Mangels entgegenstehender Indizien werden aus der maßgeblichen Sicht der Finanzbehörde Einkommensteuer-Vorauszahlungen zusammen veranlagter Eheleute hälftig auf die diese als Gesamtschuldner treffende Einkommensteuerschuld geleistet. Auf das bezogene Konto, den Güterstand und den Umfang der Einkunftserzielung durch den jeweiligen Ehegatten kommt es dabei nicht an.
  2. Wird die Finanzbehörde nach Ablauf des Vorauszahlungszeitraums über die zwischenzeitliche Trennung und nachfolgende Scheidung der Eheleute informiert, so ist bei einer deshalb durchgeführten getrennten Veranlagung für diesen Vorauszahlungszeitraum die aus Sicht des Zahlungszeitpunkts erkennbare Zurechnung und die daraus folgende Erstattungsberechtigung bei der Abrechnung weiterhin zu beachten.
 

Normenkette

AO § 37 Abs. 2 S. 2, § 44 Abs. 1 S. 1, § 218 Abs. 2 S. 1

 

Streitjahr(e)

1996, 1997

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 04.11.2003; Aktenzeichen VII B 382/02)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die vollständige Berücksichtigung von Einkommensteuervorauszahlungen zur Einkommensteuer 1996 und 1997 vom Beklagten.

Der Kläger beantragte beim Beklagten zunächst die Zusammenveranlagung gemäß §§ 26, 26 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit seiner damaligen Ehefrau, mit der er im Güterstand der Gütertrennung lebte. Der Kläger selbst erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb; seine Ehefrau, die in seinem Betrieb angestellt war, erzielte im maßgeblichen Zeitraum kein einkommensteuerpflichtiges Einkommen.

Mit Einzugsermächtigung vom 21. Februar 1995 ermächtigte der Kläger den Beklagten, Vorauszahlungen zu Lasten seines bei der…Bank…bestehenden Girokontos per Lastschrift einzuziehen. Die Einzugsermächtigung lautete auf die gemeinsame Steuernummer beim Beklagten; der Kläger gab weiterhin im Kopf des Vordrucks die (ehemals) gemeinsame Wohnanschrift…an.

Durch Urteil des Amtsgerichts A vom 13. Juli 1998 wurde die Ehe geschieden. Ausweislich der Gründe des Urteils lebten die Eheleute seit dem 16. Februar 1997 getrennt. Von dem Urteil des Amtsgerichts A und der Tatsache, dass die Eheleute seit Februar 1997 getrennt gelebt haben, erfuhr der Beklagte erst durch Schreiben des damaligen Steuerbevollmächtigten des Klägers vom 31. März 1999.

Für 1996 erließ der Beklagte erstmals am 9. November 1998 gegenüber dem Kläger und seiner damaligen Ehefrau einen Einkommensteuerbescheid, der im Folgenden mehrfach geändert wurde (Bescheide vom 22. Juli 1999, 6. September 1999, zuletzt 24. Juni 2002). Nachdem der Beklagte von der Trennung erfahren hatte, führte er schließlich auf entsprechenden Antrag des Klägers eine getrennte Veranlagung gemäß § 26 a EStG durch. Für 1997 erließ der Beklagte erstmals am 10. November 1999 einen Einkommensteuerbescheid, der im Folgenden durch Bescheid vom 20. Juni 2002 geändert wurde. Dabei wurde eine getrennte Veranlagung nach § 26 a EStG durchgeführt. Für die beiden genannten Zeiträume berücksichtigte der Beklagte im Rahmen der Steuerfestsetzung die gezahlten Einkommensteuervorauszahlungen für 1996 und 1997 beim Kläger und bei seiner damaligen Ehefrau jeweils zur Hälfte.

Gegen die Aufteilung der Einkommensteuervorauszahlungen für 1996 und 1997 wandte sich der Kläger mit Schreiben seiner jetzigen Prozessvertreter vom 18. August 1999 und vom 10. Dezember 1999. Die Einkommensteuervorauszahlungen seien unstreitig aus seinem Firmenkonto gezahlt worden. Auf Grund der von Anfang an vereinbarten Gütertrennung habe er keine Zahlungen für Rechnung seiner damaligen Ehefrau geleistet. Aus dem Urteil des Amtsgerichts A ergebe sich weiterhin, dass er seit dem 16. Februar 1997 von seiner damaligen Ehefrau getrennt gelebt habe. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass für seine damalige Ehefrau keine Steuerschuld habe entstehen können. Demnach könne von seiner Seite aus zu keinem Zeitpunkt die Absicht bestanden haben, Vorauszahlungen auch für seine Ehefrau leisten zu wollen. Entscheidend sei, auf wessen Rechnung die Zahlung geleistet werde. Dies sei nach objektiven Kriterien stets für seine Rechnung erfolgt. Dem Beklagten seien die persönlichen Verhältnisse zwar erst im März 1999 bekannt geworden, diese Kenntnis sei jedoch ungeachtet des Zeitpunkts des Bekanntwerdens zu berücksichtigen, zumal die Veranlagung noch nicht abgeschlossen sei.

Daraufhin erließ der Beklagte gleichlautende Abrechnungsbescheide gemäß § 218 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) vom 31. August 1999 für das Jahr 1996 und vom 3. Januar 2000 für das Jahr 1997. Zur Begründung führte er in beiden Bescheiden an, dass erstattungsberechtigt nur derjenige Ehegatte sei, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden sei. Dies sei nicht derjenige, auf dessen Kosten die Zahlung erfolgt sei. Es komme auch nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt werde, sondern allein darauf an, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zah...

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