vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldanspruch bei Unterbrechung der Ausbildung wegen Erkrankung – Nachträgliche Abgabe einer Erklärung des Kindes über das Bestehen der Ausbildungswilligkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die für den Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG vorauszusetzende Ausbildungswilligkeit kann auch dann vorliegen, wenn das Kind infolge einer Erkrankung daran gehindert ist, sich um eine Berufsausbildung zu bemühen oder eine Ausbildung fortzusetzen.
  2. Für die Feststellung der Ausbildungswilligkeit des Kindes genügt es entgegen der Verwaltungsanweisung in DA-KG V 6.1 Abs.1 Satz 8, nach der eine dies bestätigende Erklärung des Kindes nur ab dem Zeitpunkt des Eingangs bei der Familienkasse gelten soll, dass die Sachverhaltsumstände im Zeitpunkt der Entscheidung vollständig und glaubhaft dargelegt sind.
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.02.2021; Aktenzeichen III R 35/19)

 

Tatbestand

Die Klägerin bezog fortlaufend u.a. für ihren Sohn A (geb. 1996) Kindergeld. Der Sohn befand sich zunächst in einer Schulausbildung, die bis Juli 2017 dauern sollte. A begann am 1.8.2016 eine Ausbildung, die zum 31.10.2016 durch eine fristgerechte arbeitgeberseitige Kündigung beendet wurde. Der Sohn war nach einer ärztlichen Bescheinigung vom 29.6.2017 vom 14.9.2016 bis zunächst 16.7.2017 arbeitsunfähig. Nach einer weiteren ärztlichen Bescheinigung vom 4.12.2017 dauerte die Arbeitsunfähigkeit bis 31.12.2017 an.

Mit einem Bescheid vom 29.6.2017 wurde die Kindergeldfestsetzung ab August 2017 wegen Beendigung der Schulausbildung aufgehoben. Auf eine Nachfrage durch die Familienkasse erklärte der Sohn unter dem 12.9.2017, er beabsichtige zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung seiner Erkrankung eine Ausbildung aufzunehmen. In einem Formular bescheinigte der behandelnde Arzt am 12.9.2017, dass das Ende der Erkrankung nicht absehbar sei. Mit einem weiteren Bescheid vom 2.10.2017 wurde Kindergeld ab August 2017 abgelehnt, weil das Ende der Erkrankung nicht absehbar sei. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

Nach Anhörung wurde die Kindergeldfestsetzung mit dem angefochtenen Bescheid vom 21.11.2017 rückwirkend ab November 2016 aufgehoben und Kindergeld für den Zeitraum November 2016 bis einschließlich Juli 2017 in Höhe von 1.778 € zurückgefordert. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Kind habe die Berufsausbildung abgebrochen. Zudem sei ein Ende der Erkrankung nicht absehbar. Die Klägerin erhob hiergegen am 5.12.2017 Einspruch und trug vor, ihr Sohn habe die Ausbildung nicht abgebrochen, sondern sei während der Probezeit gekündigt worden. Ein Ende der Erkrankung sei absehbar und er werde im nächsten Jahr eine Berufsausbildung beginnen können. Die Klägerin reichte eine ärztliche Bescheinigung ein, wonach die Erkrankung voraussichtlich am 31.12.2017 ende.

Mit Bescheid vom 8.3.2017 wurde der Bescheid vom 21.11.2017 dahingehend geändert, dass Kindergeld ab September 2017 bis einschließlich Januar 2018 festgesetzt wurde.

Mit Einspruchsentscheidung vom 27.3.2018 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Gegenstand der Einspruchsentscheidung sei die Aufhebung ab November 2016 und Rückforderung. In den Gründen wurde ausgeführt, der Einspruchsbescheid beziehe sich auf den Zeitraum ab Februar 2018. Nachweise über Eigenbemühungen um einen Ausbildungsplatz ab Februar 2018 oder eine Registrierung als ausbildungsplatzsuchend ab Februar 2018 seien nicht eingereicht worden. Eine weitere Einspruchsentscheidung erging nicht.

Die Klägerin hat am 20.4.2018 Klage erhoben und trägt im Wesentlichen vor, die Einspruchsentscheidung sei insoweit schon fehlerhaft, als davon ausgegangen werde, dass der Einspruchsbescheid sich nur noch auf die Zeit ab Februar 2018 beziehe. Tatsächlich sei auch noch der Zeitraum ab der Aufhebung ab November 2016 bis einschließlich August 2017 streitig. Ihr stehe durchgängig Kindergeld zu. Sie habe eine Bescheinigung darüber, dass ihr Sohn ab Februar 2018 ausbildungsplatzsuchend sei, eingereicht. Im Übrigen sei ihr Sohn bis 31.12.2017 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Ihr Sohn habe auch nach der Erkrankung immer eine Ausbildung angestrebt. Dass er die Erklärung, ausbildungswillig zu sein, erst im September 2017 abgegeben habe, liege daran, dass er erst zu diesem Zeitpunkt von der Familienkasse hierzu aufgefordert worden sei. Weder sie noch ihr Sohn hätten gewusst, dass sie eine solche Erklärung hätten abgeben müssen. Die Beklagte argumentiere rein formal, wenn sie der Erklärung des Sohnes keine Wirkung für die Vergangenheit zubillige. Eine vorherige entsprechende Belehrung sei nicht erfolgt.

In der mündlichen Verhandlung am 26.4.2019 hat die Klägerin die Klage für den Monat August 2017 zurückgenommen. Die Beklagte hat die Einspruchsentscheidung vom 27.3.2018 aufgehoben.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 21.11.2017 und Kindergeld für den Zeitraum November 2016 bis einschließlich J...

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