Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerpflicht von Verwaltungs- und Personalkostenzuschüssen an einen Dachverband der freien Jugendhilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Verwaltungs- und Personalkostenzuschüsse des Deutsch-Französischen (DFJW) und des Deutsch-Polnischen Jugendwerks (DPJW) an einen Dachverband der freien Jugendhilfe, der als Zentralstelle seine Mitglieder bei der Stellung von Förderanträgen an das DFJW und das DPJW berät und fachlich begleitet, sind mangels eines den Jugendwerken aus dieser Leistung erwachsenden unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteils und des deshalb fehlenden unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Leistung und gezahltem Gegenwert als echte Zuschüsse nicht umsatzsteuerpflichtig.
  2. Der Umstand, dass Zahlungen aus haushaltsrechtlichen Gründen an die Erfüllung der Auflage einer zweckentsprechenden Verwendung oder einer Erfolgskontrolle geknüpft werden (Zweckbestimmungen), führt allein nicht zu einem Leistungsaustausch (vgl. BFH-Urteil vom 27.11.2008 V R 8/07, BStBl II 2009, 397; Abschnitt 10.2. Abs. 10 UStAE 2016).
  3. Unabhängig davon sind die Beratung und fachliche Begleitung bei der Stellung von Förderanträgen als steuerfreie Nebenleistungen zu den nach § 4 Nr. 25 UStG begünstigten Jugendhilfeleistungen der Mitglieder des Dachverbands zu qualifizieren.
 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 25, § 10 Abs. 1 S. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein eingetragener Verein. Ihr satzungsgemäßer Zweck ist die Förderung der Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere der kulturellen Kinder- und Jugendbildung und die Weiterentwicklung der Kulturellen Bildung in den Bereichen Erziehung, Bildung, Kunst und Wissenschaft. Sie ist sowohl der Dachverband der Bundesverbände, Landesvereinigungen und bundesweit agierenden Institutionen der Kulturellen Bildung in Deutschland als auch der Fachverband für die Weiterentwicklung und Förderung der Kulturellen Kinder- und Jugendarbeit. Die Klägerin vertritt die Belange der Verbände und Einrichtungen gegenüber Parlament und Regierung und fungiert als Lobby für die kulturelle Bildung in der Öffentlichkeit. Ihr Ziel ist die Sicherung und Weiterentwicklung von kultureller Bildung mit, von und für Kinder und Jugendliche. Die Klägerin ist für ihre gesamte Tätigkeit durch Bescheid des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familien und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23.8.1999 als Träger der freien Jugendhilfe nach § 75 des Sozialgesetzbuchs (SGB) VIII anerkannt.

Zu den Aufgaben der Klägerin gehört auch die Zentralstellenarbeit für das Deutsch-Französische (DFJW) und das Deutsch-Polnische Jugendwerk (DPJW) – streitig ist, ob ihr in diesem Zusammenhang gezahlte Verwaltungs- und Personalkostenbeiträge umsatzsteuerpflichtig sind.

Das DFJW ist eine unabhängige internationale Organisation im Dienst der deutsch-französischen Zusammenarbeit. Es hat zur Aufgabe, die Beziehungen zwischen jungen Menschen in Deutschland und Frankreich zu intensivieren, das gegenseitige Verständnis zu vertiefen und ihnen dadurch die Kultur des Nachbarlandes näher zu bringen. Das DFJW arbeitet nach dem Subsidiaritätsgedanken mit zahlreichen Partnern zusammen und unterstützt sie bei finanziellen, pädagogischen und sprachlichen Fragen des Austauschs. Es leistet Hilfe bei der inhaltlichen Vorbereitung und Analyse von Begegnungen, informiert und berät. Dabei greift es immer wieder aktuelle Themen auf, die die Jugend in beiden Ländern bewegen – wie Integration, bürgerschaftliches Engagement, Jugendkultur, Zukunft Europas sowie wissenschaftlich-technische Themen. Einzelne Arbeitsbereiche sind berufliche Bildung, Studentenaustausch, Schüleraustausch, außerschulische Jugendbegegnungen, Erlernen der Partnersprache, die Pädagogik des interkulturellen Lernens sowie trinationale Programme, beispielsweise mit verstärkten Initiativen zu Mittelmeer-Anrainerstaaten.

Das DPJW ist ebenfalls eine unabhängige internationale Organisation. Es hat das Ziel, die Kontakte zwischen den Jugendlichen beider Länder zu fördern. So gewährt es Zuschüsse für Jugendbegegnungen und Projekte und unterstützt die Organisatoren mit Hilfe von Informationen über das Nachbarland, Publikationen zur Methodik des Jugendaustauschs und zur Landeskunde, oder bei der Suche nach einem Projektpartner. Es will bestehende Jugendprojekte ausbauen und vertiefen sowie neue deutsch-polnische Initiativen ermöglichen. Programme in beiden Ländern werden unterstützt – vor allem Begegnungen, Praktika, Fortbildungen und Gedenkstättenfahrten. Die Förderung erfolgt ebenfalls nach dem Subsidiaritätsprinzip.

Beide Jugendwerke erhalten Mittel von der Bundesrepublik Deutschland. Diese Mittel sind in den Bundeshaushaltsplänen der streitigen Veranlagungszeiträume 2002 – 2009 jeweils im Einzelplan 17 unter Kapitel 1702 „Allgemeine Bewilligungen”, Titel 686 18-271 und 686 19-271 als Beiträge etatisiert.

Im Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über die Gründung des DFJW vom 22.1.1963 ist in Art. 4 und 9...

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