Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbständige schönheitschirurgische Leistungen durch im Inland wohnhafte und nichtselbständig tätige Ärztin

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine im Inland wohnhafte und dort nichtselbständig tätige Ärztin, die gegen Umsatzbeteiligung in zwei holländischen Kliniken selbständig schönheitschirurgische Leistungen aufgrund von Vertragsbeziehungen gegenüber deren Betreibern und unter Nutzung von deren Räumlichkeiten und Einrichtungen erbringt, begründet dort eine feste Niederlassung i. S. d. Art. 9 Abs. 1 RL 77/388/EWG und damit eine Betriebsstätte i.S. von § 3a Abs.1 Satz 2 UStG, der die Leistungen örtlich zuzuordnen sind.
  2. Dem steht nicht entgegen, dass die Ärztin eine nur vorübergehende Verfügungsmacht über die zur Durchführung der Operationen notwendigen und allein von den Klinikbetreibern vorgehaltenen Räumlichkeiten und Einrichtungen hat.
 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 1, § 3a Abs. 1 S. 2, § 4 Nr. 14; AO § 12; RL 77/388/EWG Art. 9 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2002

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.06.2011; Aktenzeichen V R 37/09)

BFH (Urteil vom 30.06.2011; Aktenzeichen V R 37/09)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob von der Klägerin im Jahr 2002 an zwei in den Niederlanden gelegenen Schönheitskliniken durchgeführte Schönheitsoperationen in Deutschland umsatzsteuerbar und -pflichtig sind.

Die Klägerin war im Streitjahr 2002 in „E-Stadt” als angestellte Ärztin im Bereich kosmetische Chirurgie nichtselbständig tätig.

Außerdem erzielte sie zusätzliche Einnahmen aus der Durchführung von Schönheitsoperationen in zwei Kliniken in Holland in Höhe von „Z” EUR. Nach eigenen Angaben, verfügte die Klägerin an den holländischen Kliniken über keine Belegbetten. Sie suchte in unregelmäßigen Abständen die Kliniken in Holland nach Absprache mit den Klinikbetreibern auf und führte die Schönheitsoperationen durch, tätigte die notwendigen Beratungsgespräche und war zum Teil auch mit den Nachuntersuchungen befasst. Für ihre dortigen Tätigkeiten seien ihr von den holländischen Klinikbetreibern Arzträume zur Verfügung gestellt worden. Auf die klinischen Einrichtungen und das Klinikpersonal habe die Klägerin bei ihren Tätigkeiten zurückgreifen können. Die Honorierung ihrer Tätigkeit erfolgte durch die holländischen Kliniken und nicht durch die jeweiligen von ihr behandelten Patienten, wobei die Kliniken im Gutschriftswege Abrechnungen erteilten.

Diese Tätigkeit der Klägerin in den Niederlanden wurde dem beklagten Finanzamt FA erst im Rahmen einer von der Klägerin im Januar 2005 eingereichten Selbstanzeige wegen nicht erklärter Einnahmen bekannt.

Aufgrund der Selbstanzeige der Klägerin und in Anbetracht des Urteils des Bundesfinanzhofs – BFH – V R 27/03 vom 15.7.2004 (BFHE 206, 471, BStBl II 2004, 862), wonach nicht medizinisch veranlasste Schönheitsoperationen grundsätzlich steuerpflichtig seien, erließ das FA am 6.4.2005 einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2002 und setzte hierin die steuerpflichtigen Umsätze in Höhe von „X” EUR und die hierauf entfallende Umsatzsteuer in Höhe von „Y” EUR fest.

Der Einspruch gegen diese Steuerfestsetzung, den die Klägerin damit begründete, dass aufgrund interner Verwaltungsanweisungen Umsätze aus Schönheitsoperationen erst ab dem 1.1.2003 als steuerpflichtig zu behandeln seien, wurde durch Einspruchsentscheidung vom 14.7.2005 als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klägerin ist der Ansicht, ihre schönheitschirurgischen Leistungen gegenüber den holländischen Klinikbetreibern seien in Deutschland nicht steuerbar, da sie diese Umsätze ausschließlich in Holland erbracht habe. Hierzu hat sie zwei Bescheinigungen der beiden holländischen Kliniken vorgelegt, nach denen ihr in der Klinik A in der Zeit von Mai 2000 bis Juli 2003 und in der Klinik B in der Zeit von September 2002 bis Dezember 2005 jeweils zur Durchführung der Beratungen, Behandlungen, Nachkontrollen und Untersuchungen ein eignes Büro bzw. Arztzimmer zur Verfügung gestanden habe.

Im Anschluss an eine erste mündliche Verhandlung am 6.8.2008 hat die Klägerin ihr Vorbringen ergänzt. Vereinbarungen mit den holländischen Kliniken hätten nur auf mündlichen Absprachen basiert, was allerdings für die Selbständigkeit der von der Klägerin erbrachten Leistungen spreche. Weiterhin habe sie die bei den Kliniken beschäftigten Krankenschwestern, die ihr für ihre Tätigkeiten in Holland zur Verfügung gestanden hätten, jeweils in das neue Operationsspektrum eingewiesen.

Im Rahmen ihrer Tätigkeiten habe die Klägerin die Kliniken in den Niederlanden mehrmals im Monat aufgesucht und dabei entsprechende Untersuchungen, Patientenberatungen und Operationen vorgenommen. Ihre Leistungen seien auf Provisionsbasis vergütet worden, d.h. sie sei anteilig an den Umsätzen beteiligt worden, welche die Kliniken mit den von der Klägerin behandelten Patienten erzielten.

Nach einer weiteren Bescheinigung der Klinik A vom 26.9.2008 habe die Klägerin im Jahr 2000 die Verantwortung für sog. „M-Behandlungen” übernommen. Zu ihren Aufgaben habe hiern...

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