Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitsbewertung eines Betriebsgrundstücks – Abgrenzung zwischen Gebäuden und Betriebsvorrichtungen – Zugehörigkeit eines Hochregallagers einschließlich Vorzone zum Grundvermögen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Hochregallager, das während des laufenden Betriebs von Menschen nicht betreten werden kann, stellt kein Gebäude, sondern eine Betriebsvorrichtung dar.
  2. Gleiches gilt für eine zu dem Hochregallager gehörende, nur zur Durchführung von Wartungs- und Reparaturarbeiten dienende Vorzone ohne eigene räumliche Umschließung, die nach Größenverhältnis (7%) und Nutzungsintensität von untergeordneter Bedeutung ist.
  3. Die bautechnisch separate Konstruktion des Hochregallagersystems einerseits und des sie sowie die Vorzone umschließenden Bauwerks andererseits führt nicht zu der Annahme der Gebäudeeigenschaft des das Regalsystem umschließenden Bauwerkes.
 

Normenkette

BewG § 68 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 2, § 99 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3

 

Tatbestand

...

 

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Einheitswertbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO). Das Finanzamt hat das Hochregallager einschließlich Vorzone zu Unrecht als Gebäude bewertet.

Das Betriebsgrundstück der Klägerin ist gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BewG wie Grundvermögen zu bewerten. Nach § 68 Abs. 1 BewG gehören zum Grundvermögen außer dem Grund und Boden auch die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör. Nicht in das Grundvermögen einzubeziehen sind nach § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.

Für die Abgrenzung zwischen Gebäuden und Betriebsvorrichtungen ist vom Gebäudebegriff auszugehen, weil Gebäude grundsätzlich zum Grundvermögen gehören. Deshalb kann ein Bauwerk, das als Gebäude zu betrachten ist, nicht Betriebsvorrichtung sein (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18.03.1987 II R 222/84, BStBl II 1987, 551 unter Hinweis auf das Urteil vom 25.03. 1977 III R 5/75, BFHE 122, 150, BStBl II 1977, 594 mit weiteren Nachweisen).

Ein Bauwerk ist als Gebäude anzusehen, wenn es nicht nur fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest ist, sondern es muss auch Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewähren und den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestatten (BFH-Urteil vom 28.05.2003 II R 41/01, BStBl. II 2003, 693, BFHE 202, 376 unter Hinweis auf BFH-Urteile in BFHE 96, 57, BStBl II 1969, 517, sowie vom 30. Januar 1991 II R 48/88, BFHE 163, 236, BStBl II 1991, 618). Alle Bauwerke, die sämtliche dieser Begriffsmerkmale aufweisen, sind ausnahmslos als Gebäude zu behandeln (BFH-Urteil vom 13. Juni 1969 III R 132/67, BFHE 96, 365, BStBl II 1969, 612).

Dabei dürfen die einzelnen Flächen, welche den Aufenthalt von Menschen erlauben, im Verhältnis zum Ganzen nicht von untergeordneter Bedeutung sein (BFH-Urteil vom 14.11.1975 III R 150/74, BStBl. II 1976, 198). Diesbezüglich ist nicht nur auf die Größenverhältnisse der jeweils maßgebenden Bauteile abzustellen, sondern auch auf die Nutzungsintensität (BFH-Urteil vom 14.11.1975, a.a.O.).

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze stellt das Hochregallager nebst Vorzone kein Gebäude sondern eine Betriebsvorrichtung dar.

1. Die Eigenschaft als Gebäude ist deshalb nicht gegeben, weil das Hochregallager nicht den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet.

Nach dem Inhalt der Akten und aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung steht fest, dass das vollautomatisch betriebene Hochregallager während des laufenden Betriebs von Menschen nicht betreten werden kann und aufgrund der automatisiert ablaufenden Ein- und Auslagerungsvorgänge auch nicht betreten werden darf. Das betriebliche Transport- und Lagersystem schaltet sich ab, sobald von der Vorzone, dem einzig möglichen Zugang, die Türe zum Hochregallagerraum geöffnet wird. Im Bereich des Regallagers selbst befinden sich außer den dem automatisierten Warentransport dienenden Lagergassen keinerlei Wartungs- und Beobachtungsgänge, auf denen sich Menschen ungestört durch das interne Transportsystem aufhalten können. Soweit sich Menschen zeitweilig außerhalb des Betriebsablaufs zu Wartungs-, Inspektions- und Reparaturarbeiten in dem Bauwerk (Lagerbereich) aufhalten, also während einer Betriebspause, ist dieser nur für kurze Zeitspannen mögliche Aufenthalt von untergeordneter Bedeutung (so schon BFH-Urteil vom 18.03.1987 II R 222/84, BStBl. II 1987, 551 zu einem vollautomatischen Hochregallager).

2. Anders als im eigentlichen Regallagerbereich ist zwar in der Vorzone wegen der neben dem Transportsystem verbliebenen Raumflächen der nicht nur vorübergehende Aufenthalt von Menschen möglich.

a) Gleichwohl führt dies nicht dazu, den aus dem Hochregallagerbe...

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