Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerungsrecht für Einkünfte aus selbständiger Arbeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Einkünfte aus IT-Dienstleistungen, die ein im Inland ansässiger Unternehmer für seinen in den Niederlanden ansässigen Auftraggeber in einem Büroraum an dessen Betriebssitz erbracht hat, unterliegen mangels einer nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über den Büroraum als ständige Einrichtung i.S.d. Art. 9 Abs. 2 Satz 1 DBA NL dem deutschen Besteuerungsrecht, wenn dem Stpfl. keine eigene Zutrittsberechtigung zu dem Arbeitsraum eingeräumt worden ist, eine Verwurzelung mit dem Ort der Ausübung der Tätigkeit durch besondere für die Dienstleistung erforderliche Vorrichtungen oder Ausrüstungen nicht erkennbar ist und der Arbeitsraum während der Abwesenheit des Stpfl. nicht für ihn vorgehalten wurde.

 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 1 S. 1; DBA Niederlande Art. 9 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob für bestimmte Betriebseinnahmen des Klägers aus freiberuflicher Tätigkeit als IT-Dienstleister das Besteuerungsrecht bei den Niederlanden oder der Bundesrepublik Deutschland liegt.

Die Kläger wurden im Streitjahr 2008 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war im Streitjahr selbständig tätig und erbrachte Beratungs- und Programmierungsleistungen auf dem Gebiet der IT. Hieraus erzielte er - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Da die Kläger ihre Einkommensteuererklärung nicht fristgemäß abgaben, erließ der Beklagte (das Finanzamt --FA--) am 3.12.2009 einen Einkommensteuerbescheid, in dem er die Einkünfte gem. § 162 der Abgabenordnung (AO) schätzte. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO.

Am 3.5.2011 hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass er im Jahr 2008 lediglich Umsätze von 45.270 € erzielt habe. Am 30.09.2011 reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für 2008 nach. Darin erklärte der Kläger einen in Deutschland steuerpflichtigen Gewinn aus der vorgenannten Tätigkeit in Höhe von 25.483 €. Das FA erließ am 17.10.2011 einen entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid, der weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand.

Im Jahr 2012 führte das FA bei dem Kläger eine Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2009 durch. Neben verschiedenen anderen Punkten stellte die Prüferin unter anderem fest, dass der Kläger im Streitjahr 2008 Zahlungen von der niederländischen Firma A (...) in Höhe von insgesamt 174.707,50 € erhalten hatte. Die Prüferin ging in ihrem Bericht vom 28.9.2012 davon aus, dass es sich hierbei um Betriebseinnahmen aus der selbständigen Tätigkeit handele und dass Deutschland das Besteuerungsrecht zustehe.

Am 12.12.2012 erließ das FA einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid. Darin erhöhte es den Gewinn aus selbständiger Arbeit um 174.707 €. Zusammen mit den weiteren, hier nicht streitigen Ermittlungen der Betriebsprüfung wurde ein geänderter Gewinn in Höhe von insgesamt 198.860 € angesetzt.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger fristgemäß Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, dass die Einnahmen von 174.707 € nicht der Besteuerung zu unterwerfen, sondern nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen seien. Maßgeblich für die Frage, ob Deutschland oder den Niederlanden das Besteuerungsrecht zustehe, sei Artikel 9 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (künftig DBA NL). Nach Maßgabe dieser Vorschrift stehe den Niederlanden das Besteuerungsrecht für die strittigen Einkünfte zu. Denn der Kläger habe bei der niederländischen Firma eine feste Einrichtung im abkommensrechtlichen Sinne unterhalten. Der niederländische Auftraggeber habe dem Kläger dort einen Arbeitsraum zur Verfügung gestellt sowie den Zugang zu den dortigen IT-Anlagen ermöglicht. Vor Ort habe der Kläger sodann während der gesamten Vertragszeit die von ihm zu erbringenden Leistungen ausgeführt. Entsprechend dem Typus der vom Kläger ausgeübten selbständigen Tätigkeit hätten ihm an dem Ort der festen Einrichtung sämtliche notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung gestanden, um seine Leistungen zu erbringen. Benötigt habe er im Wesentlichen ein Arbeitsplatz, sein Notebook und die Informationen und Dokumentationen, die vom Auftraggeber vor Ort zur Verfügung gestellt worden seien. Weitere Arbeitsmittel seien nicht erforderlich gewesen.

Das FA teilte den Klägern mit Schreiben vom 23.1.2013 mit, dass es dieser Auffassung nicht folge. Von einer ständigen Einrichtung sei nur dann auszugehen, wenn die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Räume mehr als sechs Monate lang genutzt würden. Da der Kläger seinen Auftrag in nur vier Monaten erledigt habe, sei daher nicht von einer ständigen Einrichtung auszugehen. Des Weiteren habe der Kläger in seinen R...

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