Entscheidungsstichwort (Thema)

Amtsermittlungspflicht des Finanzamtes bei Barabfindung und Fortgewährung von Sachbezügen anlässlich der einvernehmlichen Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Wird einem Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit im Rahmen eines einheitlichen Arbeitsverhältnisses nach dem Dienstvertrag mit der Muttergesellschaft darin besteht, einen Vorstandsposten bei deren Tochtergesellschaft zu bekleiden, anlässlich der einvernehmlichen Aufhebung des Vertragsverhältnisses neben einer einmaligen Abfindungszahlung der Tochtergesellschaft die Weitergewährung der seitens der Muttergesellschaft bislang geschuldeten Sachbezüge (106.000,-- DM p.a.) für mehrere Jahre zugesagt, so kann die bei Vertragsbeendigung zugeflossene Barabfindung mangels Zusammenballung der Einkünfte nicht dem ermäßigten Steuersatz unterworfen werden.
  2. Die erst nachträglich erlangte Kenntnis der Finanzbehörde davon, dass die erklärte Fortgewährung der Sachbezüge auf einer einheitlichen Aufhebungsvereinbarung beruht, rechtfertigt die Änderung der die Tarifierung der Barabfindung betreffenden Steuerfestsetzung, ohne dass dem der Einwand der Verletzung der Ermittlungspflicht wegen Nichtanforderung der einschlägigen Vertragsunterlagen entgegengehalten werden könnte.
 

Normenkette

EStG § 24 Nr. 1, § 34 Abs. 2 Nr. 2; AO § 173 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1992

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.02.2005; Aktenzeichen XI R 3/04)

BFH (Urteil vom 23.02.2005; Aktenzeichen XI R 3/04)

 

Tatbestand

Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Durch Dienstvertrag vom 05.09.1985 übernahm der Kläger ab dem 01.10.1985 die Position eines Vorstandsmitgliedes der „Uj-AG” (im Folgenden: „Uj-AG”). Gleichzeitig sollte der Kläger daneben die Tätigkeit eines Vorsitzenden des Vorstandes des Geschäftsbereiches „Ug” ausüben. Der Vertrag war zunächst bis zum 30.09.1990 befristet.

Dem Kläger wurden neben Barbezügen (zunächst 23.000 DM monatlich) für seine Tätigkeit folgende Sachbezüge zugesichert:

1. Anspruch auf freie Wohnung (bei Wohnen im eigenen Haus Mietgeld von 3.000 DM monatlich)

2. Aufwandersatz für Heizung, Beleuchtung und Wasser, Schönheitsreparaturen, Reparaturen zur Instandhaltung der Wohnung, Gartenpflege und Diensttelefon

3. Stellung eines PKW (z. Zt. Mercedes 280 SE/SEL, BMW 728i) mit Fahrer; die Benutzung des PKW für private Zwecke war gestattet.

Auf die Ansprüche aus dem Dienstvertrag vom 05.09.1985 sollten sämtliche Ansprüche aus dem Dienstverhältnis als Vorsitzender des Vorstandes des Geschäftsbereiches „Ug” angerechnet werden. Am 16.03.1990 wurde der Dienstvertrag des Klägers bis zum 30.09.1995 verlängert unter der Bedingung, dass der Kläger in den Vorstand der 1990 gegründeten Tochtergesellschaft „Bg” (im Folgenden: „Bg”) überwechseln sollte.

Der Kläger wechselte im Februar 1991 zu „Bg”, ohne jedoch den von „Bg” am 25.01.1991 vorgelegten Vertrag zu unterschreiben. Der Dienstvertrag mit „Uj-AG” wurde nicht aufgehoben. „Bg” leistete gemäß dem Vertragsentwurf vom 25.01.1991 Zahlungen an den Kläger, während „Uj-AG” weiterhin Sachbezüge gewährte.

Unter dem 15./16.12.1991 und 13.01.1992 trafen der Kläger, „Uj-AG” und „Bg” eine Ausscheidensvereinbarung, wonach das bestehende Vertragsverhältnis des Klägers mit „Uj-AG” und/oder „Bg” auf Veranlassung der „Bg” einvernehmlich zum 31.12.1991 aufgehoben wurde. Der Kläger sollte eine einmalige Abfindung von „Bg” in Höhe von 2,1 Mio. DM - Fälligkeit Januar 1992 - erhalten. Der dem Kläger „vertraglich zustehende Sachbezug für die Wohnung in „L-Stadt”... sowie seine übrigen Ansprüche auf Sachbezug wie Gartenpflege, Dienstwagen mit privater Nutzungsbefugnis, Ersatz der Telefonkosten, Versicherungen usw.” sollten unverändert bis zum 30.09.1995 durch „Uj-AG” gewährt und dort der Lohnsteuerpflicht unterworfen werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wurde auf die Aktennotiz der Personalverwaltung von „Uj-AG” vom 15.02.1991 verwiesen.

Schuldner der Leistungen aus der Ausscheidensvereinbarung sollten „Uj-AG” und „Bg” gesamtschuldnerisch sein, die sich über eine Aufteilung des Aufwandes untereinander verständigen sollten.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1992 erfasste der Kläger die Abfindungszahlung von „Bg” in Höhe 2,1 Mio. DM abzüglich eines Steuerfreibetrages von 24.000 DM mit 2.076.000 DM als ermäßigt zu besteuernde Entschädigung. Die Sachbezüge der „Uj-AG” waren in der Anlage N, Zeile 2 („weitere Lohnsteuerkarte(n)”) mit 91.826 DM erfaßt.

Durch Einkommensteuerbescheid vom 18.09.1995 wurden die Kläger von dem damals noch zuständigen Finanzamt „L-Stadt” zunächst erklärungsgemäß veranlagt.

Anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung bei der „Bg” in „N-Stadt” 1997 wurden dem Finanzamt „M-Stadt” die dem Kläger bis zum 30.09.1995 gewährten Sachbezüge (mit einem Jahreswert von ca. 106.000 DM) bekannt und mit Schreiben vom 06.10.1997 dem damals zuständigen Finanzamt „L-Stadt” mitgeteilt.

Daraufhin änderte das Finanzamt „L-Stadt” durch Änderungsbescheid vom 14.11.1997 nach § 1...

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