Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung von Anschaffungs- und Werbungskosten beim Baudarlehen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zinsen, die der Veräußerer eines Wirtschaftsguts einem Erwerber in Rechnung stellt, können je nach der Gestaltung der vertraglichen Geschäftsbeziehungen im Einzelfall beim Erwerber Anschaffungskosten oder –  als eigene Finanzierungskosten – sofort abziehbare Werbungskosten darstellen.
  2. Finanzierungskosten liegen vor, wenn mit der Zahlung bei wirtschaftlicher Betrachtung bezweckt wird, dem Erwerber die für die Anschaffung erforderlichen Geldmittel zu beschaffen.
  3. Die Abgeltung des Zinsvorteils bei Übernahme eines zinslosen Wohnungsbauförderungs-Darlehens führt demgegenüber zu Anschaffungskosten, weil sie keine Gegenleistung für einen Finanzierungsbeitrag des Veräußerers darstellt, sondern der Erwerber durch die Übernahme des Darlehens Kapital erlangt, das ihm – ebenso wie zuvor dem Veräußerer – bis zur Förderungshöchstdauer zur Deckung laufender Aufwendungen für Kapital- und Bewirtschaftungskosten, die bei der Verwaltung des geförderten Wohnraumes entstehen, zur Verfügung gestellt wurde und das von ihm dementsprechend verwendet werden musste.
 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 a, § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; HGB § 255 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1996

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 17.07.2007; Aktenzeichen IX B 28/07)

 

Tatbestand

Die Kläger wurden für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 1996 machten die Kläger in Zusammenhang mit dem Erwerb der Immobilie L-Straße 1 in A-Stadt – Nord (Erbbaurecht an 35 Eigentumswohnungen nebst Kellern und dazugehörigen Nebenräumen sowie am Sondereigentum betreffend 16 Tiefgaragenstellplätze) Schuldzinsen in Höhe von 1.423.851,22 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.

Die Bebauung war im Jahre 1985 im Wege des sozialen Wohnungsbaus, 1. Förderungsweg, errichtet worden. Die Finanzierung des Bauvorhabens erfolgte durch den Bauherrn u.a. mit Fremdmitteln. Zur Finanzierung der nach Bezugsfertigkeit der Wohnungen anfallenden laufenden Aufwendungen in Form von Kapital- und Bewirtschaftungskosten, die bei der Verwaltung des geförderten Wohnraumes entstehen, gewährte das Land über die Wohnungsbau-Kreditanstalt ausweislich des zugehörigen Bewilligungsbescheides vom 6. September 1984 u.a. eine Aufwendungshilfe in Höhe 8.766.716,40 DM. Die Aufwendungshilfe setzte sich zusammen aus einem Aufwendungsdarlehen in Höhe von 2.922.238.85 DM und Aufwendungszuschüssen in Höhe von 5.844.477,55 DM. Der Darlehensempfänger war den Bestimmungen des Bewilligungsbescheides zufolge verpflichtet, Darlehen und Zuschüsse zur Deckung der laufenden Aufwendungen während der vorgesehenen Förderungsdauer und gegebenenfalls nach deren Ablauf anzunehmen. Die Aufwendungshilfe wurde vom Anfang des Monats der von der Wohnungsbau-Kreditanstalt bestimmten mittleren Bezugsfertigkeit an für die Dauer von 15 Jahren, längstens jedoch bis zur planmäßigen Tilgung der zur Deckung der Gesamtkosten in Anspruch genommenen Fremdmittel gewährt. Nach Ablauf des zweiten und jedes weiteren Förderungsjahres verringerte sich die Aufwendungshilfe um 0,20 DM/qm Wohnfläche monatlich. Die Aufwendungshilfe wurde in vierteljährlichen Raten ausgezahlt.

Unter dem 11. Dezember 1996 erstellte der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Bewertung und Mieten von bebauten und unbebauten Grundstücken Dr.-Ing. B. ein Gutachten über den Verkehrswert des Objekts per 31. Dezember 1996, auf das Bezug genommen wird. Der Sachverständige kam in dem Gutachten zu dem Schluss, dass sich der Verkehrswert der Immobilie auf 3.760.000,- DM belaufe.

Die Kläger hatten das Objekt mit Vertrag vom 19. Dezember 1996 erworben. Übergang der Nutzen, Lasten und Gefahren war der 31. Dezember 1996. Unter II 2 des Kaufvertrages heißt es in dem Vertrag:

„Der Kaufpreis beträgt 3.760.000,- DM zuzüglich einer Zinsvorauszahlung in Höhe von 1.423.851,22 DM und wird wie folgt belegt:

a) der Kaufpreis und die Zinsvorauszahlung gemäß nachfolgendem Buchstaben b), somit insgesamt 5.183.851,22 DM werden vom Käufer dadurch erbracht,

aa) dass er gemäß nachfolgendem Buchstaben c) vollständig diejenigen Darlehensverbindlichkeiten übernimmt, die durch die in Abteilung III unter lfd. Nrn. 3, 4 und 5 eingetragenen Grundschulden im Nennbetrag von 277.500,- DM, 279.900,- DM und 2.922.300,- DM grundbuchlich gesichert sind und zum Stand 31. Dezember 1996 in Höhe von insgesamt 2.744.001,22 DM valutieren, und

bb) dass er einen Teilbetrag in Höhe von 2.439.850,- DM gemäß nachfolgendem Buchstaben c) von denjenigen Darlehensverbindlichkeiten übernimmt, die durch die in Abt. III unter lfd. Nr. 1 eingetragenen Grundschuld im Nennbetrag von 3.210.100,- DM grundbuchlich gesichert sind.

a) Verkäufer und Käufer sind sich einig, dass das gemäß nachfolgendem Buchstaben c) übernommene Darlehen „Aufwendungshilfen”, das durch die Grundschuld Abt. III lfd. Nr. 5 grundbuchlich gesichert ist, zi...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge