Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1980

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.12.1999; Aktenzeichen V R 19/99)

 

Tenor

Der Umsatzsteuerbescheid 1980 vom 8.8.1986 und die Einspruchsentscheidung vom 1.3.1995 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gegenstand ihres Unternehmens war die Errichtung und der Verkauf von Einfamilienhäusern. Unter anderem errichtete und verkaufte die Klägerin im Rahmen des Bauvorhabens „BV 1” insgesamt sechs Reihen- Einfamilienhäuser.

Am 2.10.1981 reichte die Klägerin eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung 1980 ein, mit der sie eine Steuer von 11.296,81 DM erklärte.

Im Jahre 1982 fand bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch das seinerzeit für die Besteuerung der Klägerin zuständige Finanzamt A – Stadt statt. Hinsichtlich des Bauvorhabens „BV 1” gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die Klägerin – entsprechend ihrer Jahreserklärung – von den sechs Reihenhäuser nur eines steuerpflichtig veräußert habe. Der Prüfer wich lediglich insoweit von der Steueranmeldung ab, als er die Bemessungsgrundlage für diesen Verkauf um die vom Käufer entrichtete Grunderwerbsteuer erhöhte (Tz. 12,13 des Umsatzsteuer-Sonderprüfungsberichtes vom 2.7.1982). In Tz. 15 des Berichtes heißt es unter „Auswertungsvorschlag”:

„Die Prüfungsfeststellung zu Tz. 12 dieses Berichtes wird in einer gem. § 164 Abs. 2 AO zu berichtigenden USt-Festsetzung für 1980 berücksichtigt. Die Festsetzung erfolgt weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Weitergehende Feststellungen bleiben einer evtl. künftigen Außenprüfung vorbehalten.”

Am 6.10.1982 erließ das Finanzamt A – Stadt einen gemäß § 164 Abs. 2 AO berichtigten Umsatzsteuerbescheid 1980. Unter „Bemerkungen” heißt es:

„Der o.a. Steuerfestsetzung liegen die Feststellungen der USt-SoPr. (vgl. Bericht vom 2.7.1982) zugrunde.”

Eine ausdrückliche Kennzeichnung als Vorbehaltsfestsetzung enthält der Bescheid nicht.

Im Jahre 1985 fand bei der Klägerin eine ebenfalls das Streitjahr betreffende Betriebsprüfung durch das Finanzamt A – Stadt statt. Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, die Lieferung eines weiteren Reihenhauses des Bauvorhabens „BV 1” (Käufer: Eheleute EL 1) sei steuerpflichtig. Unter Berücksichtigung der abziehbaren Vorsteuer erhöhe sich die Umsatzsteuer dadurch um 7.469.– DM (Tz. 9,10 des Betriebsprüfungsberichtes vom 13.12.1985).

Am 8.8.1986 erließ der inzwischen zuständig gewordene Beklagte einen dementsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid 1980.

Mit der hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, der Beklagte habe den vorangegangenen Bescheid nicht ändern dürfen, da die Frage der Steuerfreiheit oder Steuerpflicht der Veräußerung der sechs Reihenhäuser „BV 1” durch die Umsatzsteuer-Sonderprüfung abschließend geprüft worden sei. Hierauf habe die Klägerin vertrauen dürfen. Ausweislich des Sonderprüfungsberichtes seien lediglich „weitergehende Feststellungen” einer künftigen Außenprüfung vorbehalten gewesen. Darüber hinaus sei zweifelhaft, ob die Lieferung des weiteren Reihenhaus zu Recht als steuerpflichtig beurteilt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1980 vom 8.8.1986 und die Einspruchsentscheidung vom 1.3.1995 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er hält unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung an seiner Auffassung fest, der vorangegangene Bescheid vom 6.10.1982 habe gemäß § 164 Abs. 2 AO ohne Verstoß gegen § 173 Abs. 2 AO und das Übermaßverbot geändert werden können. Die Lieferung des Reihenhauses falle auch nicht unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 9 a UStG.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte war verfahrensrechtlich daran gehindert, den dem angefochtenen Bescheid vorangegangenen Umsatzsteuerbescheid 1980 vom 6.10.1982 zu ändern.

Eine Änderungsbefugnis des Finanzamtes ergibt sich nicht aus § 164 Abs. 2 AO, denn der Bescheid vom 6.10.1982 stand nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Einen ausdrücklichen Vorbehaltsvermerk enthält dieser Bescheid nicht. Der Bescheid vom 6.10.1982 stand auch nicht deshalb unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, weil er eine gemäß § 168 Satz 1 AO kraft Gesetzes einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehende Steueranmeldung änderte. Zwar ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH aus dem Charakter des Vorbehalts der Nachprüfung als einer unselbständigen Nebenbestimmung zum Steuerbescheid und der Gleichsetzung der Aufhebung des Vorbehalts mit einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt, dass der Vorbehalt auch dann bestehen bleibt, wenn er im Fall einer Änderung des ursprünglichen Bescheides durch einen weiteren Bescheid nicht ausdrücklich wiederholt wird (BFH, Urteil vom 10.10. 1995 VIII R 56/91, BFH/NV 1996, 304 m.w.N.). Diese Rechtsprechung betrifft jedoch nur Sachverhalte, in denen das Finanzamt einen St...

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