Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen als sonstige Einkünfte – Auszahlung von Sterbegeld aus der betrieblichen Altersversorgung an die Erben – Zufluss nachträglicher Einkünfte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Besteuerung als sonstige Einkünfte unterliegende Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen i.S.d. § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG liegen auch dann vor, wenn das Sterbegeld aus der betrieblichen Altersversorgung an die Erben, die nicht zugleich Hinterbliebene i. S. der Altersvorsorgeversicherung sind, ausgezahlt wird.

2. Bei dem Sterbegeld handelt es sich um den Rechtsnachfolgern zufließende nachträgliche Einkünfte i.S.d. § 24 Nr. 2 EStG.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 5 S. 1, § 24 Nr. 2, § 35b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.11.2019; Aktenzeichen X R 38/18)

BFH (Urteil vom 05.11.2019; Aktenzeichen X R 38/18)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Besteuerung einer Einmalzahlung, die die Kläger als Gesamtrechtsnachfolger ihres am 08.09.2012 verstorbenen Sohnes erhalten haben, nach § 22 des Einkommensteuergesetzes -EStG-.

Der ehemalige Arbeitgeber des Sohnes der Kläger hatte, beginnend am 01.03.2004, bei der A Pensionskasse eine betriebliche Altersversorgung abgeschlossen; Versicherter war der Sohn. Nach einem Arbeitgeberwechsel hatte der Sohn die Versicherung, zu der die Beiträge nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei eingezahlt wurden, auf sich selbst als Versicherungsnehmer umschreiben lassen. Bezugsberechtigt waren lt. Versicherungsschein im Überlebensfall der Sohn und im Todesfall die Hinterbliebenen i. S. des BetrAVG, d.h. der überlebende Ehepartner bzw. die Kinder bzw. der Lebensgefährte. Nach dem Tod des Sohnes, der weder Ehegatten, Lebenspartner, Lebensgefährtin noch Kinder hinterließ, zahlte die A die Leistung begrenzt auf ein Sterbegeld von 8.000 EUR an die Kläger als Erben aus und teilte dies dem Beklagten mit.

Der Beklagte erfasste den Bezug des Betrages von 8.000 EUR mit nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung geändertem Bescheid zur Einkommensteuer 2012 vom 19.12.2017 als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 15.08.2018 als unbegründet zurück. Die Norm erfasse jegliche Auszahlung aus Altersvorsorgeverträgen. Ob die Zahlung an die im Vertrag benannten Begünstigten oder an die Erben erfolge, sei nicht maßgeblich; entscheidend sei allein die Grundlage nicht des Erbfalls, sondern des Vorsorgevertrages. Ob wegen gleichzeitiger Erfassung bei der Erbschaftsteuer eine Doppelbesteuerung erfolge, könne ebenfalls dahinstehen; ausweislich der Ermäßigungsvorschrift des § 35b EStG lasse sich dies nicht immer vermeiden.

Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren, den Betrag von der Einkommensbesteuerung auszunehmen, weiter. Die Vorschrift des § 22 EStG gelte nur für Vertragspartner des Versicherungsvertrages, nicht aber für bloße Gesamtrechtsnachfolger. Für diese seien allein die Vorschriften des Erbschaftsteuergesetzes maßgebend. Die Kläger hätten keine Einkünfte bezogen, sondern einen Nachlass erhalten.

Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid 2016 vom 19.12.2017 und die Einspruchsentscheidung vom 15.08.2018 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO); der Beklagte hat das Sterbegeld zutreffend der Besteuerung unterworfen.

Nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG sind sonstige Einkünfte "Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen".

Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Wille des Gesetzgebers kann bei der Auslegung des Gesetzes nur insoweit berücksichtigt werden, als er in dem Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 23.10.2013 X R 3/12, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2014, 58; bestätigt durch BFH-Urteil vom 23.11.2016 X R 13/14, Sammlung nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2017, 445).

Der Wortlaut des Gesetzes ist mit der Formulierung "Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen" umfassend. Er erstreckt sich auf sämtliche Leistungen, die ihre Grundlage in derartigen Verträgen haben. Eine Differenzierung danach, welche Qualität bzw. welche juristische Einordnung dieser Grundlage inne ist, nimmt der Wortlaut ausdrücklich nicht vor.

In der betrieblichen Altersversorgung wird - so auch die vorliegende Vertragsregelung - eine Hinterbliebenenversorgung (Kapital, Beitragsrückgewähr oder Rente) nur an den Ehepartner, den eingetragenen Lebenspartner, den namentlich benannten Lebensgefährten oder die w...

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