Entscheidungsstichwort (Thema)

Begrenzung des Schuldzinsenabzugs – Gewinnbegriff des § 4 Abs. 4 a EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Gewinnbegriff in § 4 Abs. 4 a EStG ist im Sinne des allgemeinen Gewinnbegriffs in § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 4 Abs. 3 EStG auszulegen und umfasst damit auch Verluste.
  2. Daher kann ein Verlust einen Einlagenüberschuss (Überschuss der Einlagen über die Entnahmen des jeweiligen Jahres) aufzehren und so das Entstehen einer – mit Überentnahmen weiterer Jahre zu verrechnenden – Unterentnahme verhindern.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4 a Sätze 2-3

 

Streitjahr(e)

2002, 2003, 2004, 2005

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.02.2012; Aktenzeichen X R 27/10)

BFH (Urteil vom 22.02.2012; Aktenzeichen X R 27/10)

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der abziehbaren Schuldzinsen der Jahre 2002 bis 2005 nach § 4 Abs. 4 a Einkommensteuergesetz (EStG).

Konkret ist strittig, ob die im Jahr 2001 durch den Kläger erbrachten Einlagen, soweit sie die Entnahmen dieses Jahres überschreiten, hinsichtlich der Ermittlung des für Zwecke des § 4 Abs. 4 a EStG maßgebenden Überentnahmebetrages vorrangig mit den in den Vorjahren getätigten Überentnahmen (Kläger) oder mit dem laufenden Verlust des Jahres 2001 (Finanzamt) zu verrechnen sind.

Der Kläger erzielt aus dem Betrieb gewerbliche Einkünfte. Er ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG.

Im Zuge einer Außenprüfung der Jahre 2002 bis 2004 wurden die zunächst erklärungsgemäß festgestellten Verluste gemindert.

Aus der Buchführung des Klägers ergibt sich folgendes:

Jahre

1999

2000

2001

Verlust

-464.447 DM

-589.813 DM

-339.309 DM

Einlagen

370.085 DM

Entnahmen

72.492 DM

74.295 DM

135.080 DM

Das Finanzamt ermittelte – der Außenprüfung folgend – als Ausgangsgröße die Überentnahme der Jahre vor 2002 durch Addition der beiden Überentnahmen der Jahre 1999 und 2000 (=146.787 DM = 75.051 EUR). Die nach Saldierung mit den Entnahmen verbleibenden Einlagen für 2001 (235.005 DM), verrechnete es vollständig mit dem höheren laufenden Verlust des Jahres 2001.

Dies ergab für den Streitzeitraum 2002 bis 2005 folgende Überentnahmen zur Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen:

Jahre

2002

2003

2004

2005

Überentnahme Vorjahre

75.051 EUR

123.095 EUR

197.489 EUR

308.096 EUR

Überentnahme laufendes Jahr

48.044 EUR

74.394 EUR

110.908 EUR

51.741 EUR

Summe

123.095 EUR

197.489 EUR

308.397 EUR

359.837 EUR

Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Anlage 10 des Außenprüfungsberichtes vom 22. Januar 2007 und auf das Berechnungsblatt des Gewinnfeststellungsbescheides 2005 zur Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages nach § 4 Abs. 4 a EStG Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich der Kläger nach erfolglos durchlaufenem Einspruchsverfahren.

Als Ausgangsgröße für die Berechnung der nichtabziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4 a EStG ab 2002 müsse von einer Unterentnahme aus den Vorjahren 1999 bis 2001 in Höhe von 88.218 DM (45.105 EUR) ausgegangen werden, die sich wie folgt errechne:

Jahre

1999

2000

2001

Verlust

-464.447 DM

-589.813 DM

-339.309 DM

Einlagen

370.085 DM

Entnahmen

72.492 DM

74.295 DM

135.080 DM

Überentnahme (-)/Unterentnahme (+)

-72.492 DM

-74.295 DM

+235.005 DM

Im Jahr 2001 sei eine Unterentnahme von 235.005 DM vorhanden, von der die Überentnahmen der beiden Vorjahre abgezogen werden müssten. Daraus ergebe sich nach § 4 Abs. 4 a EStG die Unterentnahme aus den Vorjahren 1999 bis 2001 in Höhe von 88.218 DM (45.105 EUR).

Diese Berechnung sei zwingend; der Kläger habe in den Jahren 1999 bis 2001 insgesamt 88.218 DM mehr eingelegt als entnommen.

Die Auslegung des § 4 Abs. 4 a Satz 2 und 3 EStG durch die Finanzverwaltung sei durch den Wortlaut und Sinn und Zweck des Gesetzes nicht gedeckt. Mit der Einführung der Regelung zu den nichtabziehbaren Schuldzinsen habe der Gesetzgeber den sog. Zweikontenmodellen/Mehrkontenmodellen die steuerliche Grundlage entziehen wollen. Der Unternehmer solle nicht mehr die vollständigen Betriebseinnahmen, sondern nur den Gewinn und die geleisteten Einlagen steuerunschädlich entnehmen können. Übereinstimmend werde der undeutliche Wortlaut des § 4 Abs. 4 a Sätze 2 und 3 EStG dahingehend interpretiert, dass Verluste keinen Eingang in die Grundformel für die Berechnung der Überentnahmen finden dürfen. In einem Gewinnjahr ergebe sich die Überentnahme in der Höhe, in der die Entnahmen die Summe aus Gewinn und geleisteten Einlagen übersteige. In einem Verlustjahr ergebe sich eine Überentnahme in der Höhe, in der die Entnahmen die geleisteten Einlagen überstiegen. Der Verlust bleibe unberücksichtigt.

Im Streitfall würden die nichtabziehbaren Schuldzinsen auf der Grundlage der kumulierten Überentnahmen der Jahre ab 1999 ermittelt. Folge man dem Finanzamt, so werde durch die Verrechnung von Unterentnahmen eines Jahres mit Verlusten der vorerwähnte Grundsatz der Nichtberücksichtigung etwaiger Verluste durchbrochen. Aus dem Wortlaut des Satz 3 in § 4 Abs. 4 a EStG ließen sich derartige gesetzgeberische Zielsetzungen nicht entnehmen.

Zudem würden vergleichbare wirtschaftliche Sachverhalte...

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