vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anschaffungskosten bei Anteilsveräußerung – Wertzuwachs vor Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht – Nachweis der Besteuerung im Wegzugsstaat

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Bemessung des Gewinns aus einer Anteilsveräußerung kann der die historischen Anschaffungskosten übersteigende, bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht entstandene Vermögenszuwachs nur dann nach § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG vom Veräußerungspreis abgezogen werden, wenn dieser Wertzuwachs im Wegzugsstaat einer tatsächlich gezahlten Steuer unterlegen hat.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Sätze 1, 3; AStG § 6; DBA Niederlande Art. 13 Abs. 6

 

Streitjahr(e)

2016

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.10.2021; Aktenzeichen IX R 13/20)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Anschaffungskosten bei Veräußerung von Anteilen i.S. des § 17 des Einkommensteuergesetzes -EStG- nach Zuzug aus den Niederlanden.

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer verlangte Eheleute. Der Kläger ist niederländischer Staatsbürger und gründete im Jahr 1998 eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in den Niederlanden - die A Management B.V. (”B.V.“) - mit einem Stammkapital von 18.000 €, deren Alleingesellschafter er war. Zu diesem Zeitpunkt lebte der Kläger in den Niederlanden. Im Jahr 2006 verzog der Kläger nach Deutschland und lebt seitdem dort. Mit Vertrag vom 4.5.2016 veräußerte der Kläger seine Beteiligung an der B.V. zu einem Veräußerungserlös von 1.419.956 €.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 (Streitjahr) ermittelten die Kläger den Gewinn nach § 17 EStG aufgrund der Veräußerung wie folgt: Vom Veräußerungserlös zogen sie (hier unstreitige) Kosten von 79.528 € und 33.052 € ab und berücksichtigten zusätzlich als Anschaffungskosten nach § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG einen Wert von 1.112.240 €, sodass sich ein Gewinn von 195.136 € (Ansatz zu 60% = 117.081,60 €) ergab. Bei dem Wert von 1.112.240 € handele es sich um den von den niederländischen Steuerbehörden (Belastingdienst) festgestellten Wert der Beteiligung für Besteuerungszwecke in den Niederlanden. Zur Begründung führten die Kläger aus, dass es mit den niederländischen Steuerbehörden lange Streit über den Status der inaktiven Gesellschaft gegeben habe. Eigentlich hätte nach Art. 13 Abs. 6 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und den Niederlanden (”DBA Deutschland-Niederlande“) der Besteuerungswert bei Wegzug in einem Steuerbescheid - dem sog. Konservierungsbescheid - festgestellt und die darauf entfallende Steuer festgesetzt werden müssen. Es wäre jedoch nicht zu einer sofortigen Besteuerung, sondern einer Stundung der Steuer gekommen und nach Ablauf von zehn Jahren hätte die Steuer erlassen werden können. Dieses Verfahren und dabei insbesondere die Festsetzung in einem Konservierungsbescheid seien aber durch ein Versehen der niederländischen Steuerbehörden unterblieben. Im Jahr 2016 sei dann eine Einigung dahin erfolgt, dass die niederländische Finanzverwaltung den Kläger so behandele, als ob der Konservierungsbescheid ergangen wäre; diese ziehe daraus die in den Niederlanden geltende Rechtsfolge, dass der Wert der Gesellschaft mit 1.112.240 € der Besteuerung unterlegen habe. Die Kläger verweisen dazu auf ein auf den 28.12.2015 datiertes Schreiben des Belastingdienst (vgl. Bl. 16 GA und in deutscher Übersetzung Bl. 32 GA). Darin heißt es auf die Anfrage des Klägers über einen Konservierungsbescheid auszugsweise (in deutscher Übersetzung):

”Bei der Auswanderung ins Ausland im Jahr 2006 hat man versäumt, BA einen Aufschubbescheid zu erteilen. Das Finanzamt hat jedoch so gehandelt, als ob ihm ein Aufschubbescheid erteilt worden wäre. Wie Sie richtig angegeben haben, wurde der Wert der Anteile A [sic] Management B.V. ermittelt. Der Wert der Anteile wurde dabei auf 1.112.240 € festgelegt.“

Der Beklagte setzte im Einkommensteuerbescheid 2016 vom 2.8.2019 als Anschaffungskosten lediglich das Stammkapital (18.000 €) und nicht den beantragten Wert von 1.112.240 € an (Veräußerungsgewinn zu 60% damit 773.626 €). Zur Begründung führte er an, dass Voraussetzung für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG die tatsächliche Steuerzahlung sei. Zwar sei der Wert durch die niederländische Steuerbehörde festgestellt worden, diese habe aber darauf weder Steuern festgesetzt noch erhoben.

Im Einspruchsverfahren trugen die Kläger vor, dass diese Besteuerung nicht mit den Regelungen des DBA im Einklang stehe. Es komme allein auf die Besteuerung im Ausland an. Mit dem Schreiben des Belastingdienst sei nachgewiesen, dass der Fall nach niederländischem Steuerrecht erfasst worden sei. Es fehle allein an einem formellen Bescheid, der aber - da die Steuer erlassen worden wäre - nicht zu einem anderen Besteuerungsergebnis geführt hätte. Auf die Höhe der im Ausland zu zahlenden Steuer komme es nicht an. Eine letztlich aus Gründen des niederländischen Steuerrechts nicht erhobene (im Unterschied ...

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