Entscheidungsstichwort (Thema)

Zerlegung der Gewerbesteuer nach der Summe der Arbeitslöhne

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Gewerbesteuermessbetragszerlegung geht es - vorbehaltlich eines offenbar unbilliges Ergebnisses - darum, dass die Gemeinden, denen durch die Ansässigkeit der Arbeitnehmer einer Betriebsstätte auf ihrem Gebiet Lasten erwachsen, am Gewerbesteueraufkommen des Unternehmens beteiligt werden.
  2. Für die Zulassung eines von der Regelzerlegung abweichenden Zerlegungsmaßstabes zugunsten der Standortgemeinden von Windkraftanlagen, die von einem Unternehmen mit anderweitigem Geschäftssitz vertrieben werden, besteht kein Anlass, wenn die Herstellung, die Errichtung, die Wartung und die Reparatur der Windkraftanlagen ausschließlich im Wege der Beauftragung in Standortnähe ansässiger Unternehmer erfolgt.
  3. Schädliche Umwelteinwirkungen, die Beeinträchtigungen der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswerts sowie die Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes sind sämtlich Belange, die ausschließlich im Rahmen der baurechtlichen Zulässigkeit der Windkraftanlage zu berücksichtigen und zu gewichten sind.
  4. Die Gewerbesteuerzerlegung soll weder einen Finanzausgleich zwischen den Gemeinden aufgrund unterschiedlichen Gewerbesteueraufkommens ersetzen noch Wertverluste von Grundstücken oder Umsatzeinbußen von touristischen Unternehmen der gemeindeansässigen Bürger ausgleichen.
 

Normenkette

GewStG §§ 28, 29 Abs. 1, § 33 Abs. 1 S. 1; BauGB § 35

 

Streitjahr(e)

1999, 2000, 2001

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für den Bau , den Betrieb und den Verkauf von Windkraftanlagen.

Der Kläger betreibt in „F-Stadt” ein Einzelunternehmen, das sich mit der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Windkraftanlagen beschäftigt. Zudem verkauft der Kläger errichtete Windkraftanlagen. Neben dem Hauptsitz in „F-Stadt” unterhielt der Kläger in den Streitjahren Windkraftanlagen in den Gemeinden „G-Gemeinde”, „I-Gemeinde”, „T-Gemeinde”, „X-Gemeinde” und „L-Gemeinde”. An den einzelnen Standorten der Windkraftanlagen wurden vom Einzelunternehmen des Klägers keine Mitarbeiter beschäftigt und keine Arbeitslöhne gezahlt. Auch am Geschäftssitz in „F-Stadt” wurden keine Mitarbeiter beschäftigt. Der Kläger hatte für seine Windkraftanlagen einen Vollwartungsvertrag für die Betreuung vor Ort abgeschlossen. Die Überwachung des Anlagenbetriebs und die technische Betriebsführung wurden einem Ingenieurbüro überlassen, das im Fall der Betriebsstörung ortsansässige Unternehmer mit der Behebung von Störungen beauftragte. Die Wartungsarbeiten erfolgten dabei stets vor Ort in den Küstengemeinden. Die Tätigkeit des Klägers beschränkte sich in den Streitjahren auf die Projektierung der Anlagen, den Abschluss der Verträge mit den Energieversorgungsunternehmen, den Verkauf der Anlagen sowie die laufende Erlösverbuchung. Für die Wartung vor Ort wendete der Kläger nach dem unbestrittenen Vortrag der Beteiligten im Schnitt 40.000,00 € pro Jahr und Anlage auf. Der Kläger erzielte Gewinne sowohl aus dem Betrieb als auch aus dem Verkauf der Windkraftanlagen. Bei dem Verkauf einer Anlage wurde stets ein deutlich höherer Gewinn als aus dem Betrieb erzielt.

Der Beklagte erließ am 14.05.2001, 16.05.2003 und 29.03.2003 Bescheide für 1999, 2000 und 2001 über die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags. Zerlegungsmaßstab war das Verhältnis der Arbeitslöhne. Die Zerlegung erfolgte dabei wie folgt:

1999

2000

2001

Gewerbesteuermessbetrag

1.544,00 DM

1.794,63 €

2.993,61 €

"G-Gemeinde”

235,77 DM

576,94 €

115,44 €

"I-Gemeinde”

-

-

251,93 €

"T-Gemeinde”

226,62 DM

640,76 €

117,15 €

"X-Gemeinde”

-

-

61,98 €

"L-Gemeinde”

-

-

72,79 €

"F-Stadt”

1.081,61 DM

576,94 €

2.374,32 €

Gegen diese Bescheide legten das Amt „Y” (für die Gemeinden „X-Gemeinde” und „T-Gemeinde”) für die Jahre 1999, 2000 und 2001, das Amt „M” (für die Gemeinde „I-Gemeinde”) für das Jahr 2001 und die Gemeinde „G-Gemeinde” für die Jahre 1999 und 2001 jeweils Einspruch ein. Diese richteten sich gegen die vorgenommene Aufteilung. Die Gemeinden beantragten, den Gewerbesteuermessbetrag den Gemeinden zuzuweisen, in denen die Windkraftanlagen betrieben würden. Denn diese seien auf besondere Art belastet. Denn nur hier sei die notwendige Infrastruktur für den Betrieb der Windkraftanlage vorzuhalten. Auch hätten sie alle Nachteile wie die Verschlechterung des Landschaftsbildes und die Lärmbelästigung mit den daraus sich ergebenden Folgen für den Tourismus zu tragen. Die Wirtschaftswege würden zudem bei Errichtung und Reparatur (z. B. bei Austausch von Motoren und Rotorblättern) über das normale Maß hinaus durch schwere Nutzfahrzeuge in Anspruch genommen. Auch die Einlassung der Stromkabel führe regelmäßig zu Schäden an den Wirtschaftswegen. Es müssten regelmäßige Wartungs- und Inspektionsbesuche bei den Anlagen und den Einspeisepunkten vorgenommen werden, die nicht vom Sitz der Geschäftsleitung aus erledigt werden könnten. Für den operativen Betrieb eines Windparks sei da...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge