rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkung des Streitwerts auf den Zinsnachteil bei bloßer zeitlicher Verschiebung des Vorsteuerabzugs

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist Gegenstand eines Rechtsstreits lediglich die Verschiebung eines unstreitigen Vorsteuerabzugs in einen früheren Besteuerungszeitraum, bemisst sich der Streitwert nach dem finanziellen Vorteil eines früheren Vorsteuerabzugs, der sich wiederum aus dem daraus resultierenden Verzinsungsvorteil (hier: Ersparnis von Nachzahlungszinsen) gemäß §§ 233a, 238 AO ergibt (vgl. BFH-Rspr. und Abgrenzung zu mittelbaren Auswirkungen auf Folgejahre sowie zur Verschiebung progressionsabhängiger Einkünfte).

 

Normenkette

GKG § 52 Abs. 1, 3 S. 1; AO §§ 233a, 238

 

Gründe

Auszugsweise Wiedergabe der Entscheidungsgründe:

IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 GKG.

In Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG). Entscheidend ist grundsätzlich der Steuerbetrag, um den unmittelbar gestritten wird. Mittelbare Auswirkungen auf Folgejahre sind regelmäßig unbeachtlich.

Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass für die Bestimmung des Streitwerts nur der in dem angefochtenen Steuerbescheid streitige Steuerbetrag maßgebend ist, gilt nach der Rechtsprechung des BFH jedoch dann, wenn es lediglich um die Verschiebung einer - sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unstreitigen - Umsatzsteuerschuld von einem Besteuerungszeitraum auf einen späteren Besteuerungszeitraum geht. In diesen Fällen ist der Streitwert geringer festzusetzen als der Steuerbetrag, dessen Festsetzungsverschiebung begehrt wird, und nach dem finanziellen Vorteil einer späteren Zahlung zu bemessen (BFH, Beschlüsse vom 25.02.1991 V E 5/90, BFH/NV 1992, 127 und vom 12.08.1994 V E 1/94, BFH/NV 1995, 428 jeweils m.w.N.; vgl. auch BFH, Beschluss vom 14.02.2007 IV E 3/06, BFH/NV 2007, 1155). Entsprechendes gilt auch im umgekehrten Fall, in dem es lediglich um die Verschiebung einer unstreitigen Umsatzsteuervergütung bzw. eines unstreitigen Vorsteuerabzugs von einem Besteuerungszeitraum in einen früheren Besteuerungszeitraum geht. In diesem Fall bemisst sich der Streitwert nach dem finanziellen Vorteil eines früheren Vorsteuerabzugsrechts, welcher sich aus dem daraus resultierenden Verzinsungsvorteil gemäß §§ 233a, 238 AO ergibt.

Danach beträgt der maßgebliche Streitwert im Streitfall 4.927.227,- EUR. Dass der Klägerin aus den Rechnungen der A - B.V. für die im Jahr 2008 getätigten Lieferungen ein Recht auf Vorsteuerabzug i. H. v. 15.160.725,- EUR zustand, war zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Der Beklagte hat der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2014, mit der die Klägerin den Vorsteuerabzug geltend machte, zugestimmt und das daraus resultierende Guthaben mit der Umsatzsteuernachzahlung 2008 verrechnet. Gestritten wurde somit allein um die Frage, in welchem Besteuerungszeitraum das Vorsteuerabzugsrecht geltend gemacht werden konnte. Durch die vom Beklagten vorgenommene zeitliche Verlagerung des dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen Vorsteuerabzugsrechts aus dem Streitjahr 2008 in den Veranlagungszeitraum 2014 hat sich die Belastung der Klägerin mit Nachzahlungszinsen um den Betrag von 4.927.227,- EUR erhöht.

Die BFH-Beschlüsse vom 28.07.1998 V E 1/98 (BFH/NV 1999, 200) und vom 28.03.2012 VIII E 2/12 (BFH/NV 2012, 1318) stehen dem Ansatz eines auf den Zinsnachteil beschränkten Streitwerts nicht entgegen. Im erstgenannten Beschluss hat der BFH es bei einem Streit um die Abzugsfähigkeit von Vorsteuerbeträgen abgelehnt, eine bei Obsiegen in Folgejahren vorzunehmende Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG streitwertmindernd zu berücksichtigen. Dies entspricht dem Grundsatz, dass lediglich mittelbare Auswirkungen auf Folgejahre den Streitwert nicht beeinflussen. Anders als vorliegend war das Vorsteuerabzugsrecht in dem dem BFH-Beschluss zugrunde liegenden Klageverfahren dem Grunde nach streitig. Mit dem Beschluss vom 28.03.2012 VIII E 2/12 (BFH/NV 2012, 1318) hat der BFH es abgelehnt, den Streitwert bei Streitigkeiten über Einkommensteuerfestsetzungen deshalb geringer festzusetzen, weil lediglich eine Verschiebung der Steuerschuld im Streit gewesen sei. Er hat dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass die Höhe der Einkommensteuer bei einer Verschiebung von Einkünften wegen unterschiedlicher Progression in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen nur in Ausnahmefällen identisch sei, und ausdrücklich auf diesen Unterschied zur Umsatzsteuer hingewiesen.

 

Fundstellen

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