Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verfassungsmäßigkeit der Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 45 % im Veranlagungszeitraum 2007

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Es wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG i. V. m. § 32c EStG – in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007 und des Jahressteuergesetzes 2007 – mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit vereinbar ist, als der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 % auf 45 % (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG) gleichzeitig eine auf Gewinneinkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG beschränkte Tarifbegrenzung (Entlastungsbetrag nach § 32c EStG) eingeführt hat.
  2. § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG 2007 i. V. m. § 32c EStG 2007 verstoßen dadurch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass diese Regelungen in ihrem Zusammenspiel bewirken, dass die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 45 % im Veranlagungszeitraum 2007 nur die Überschusseinkünfte betrifft, während die Gewinneinkünfte hiervon ausgenommen werden.
  3. Das spezifische unternehmerische Risiko und der Charakter des § 32c EStG als Übergangsregelung bis zu der für 2008 geplanten Unternehmenssteuerreform sind keine tragfähigen sachlichen Rechtfertigungsgründe für diese Privilegierung der Gewinneinkünfte gegenüber den Überschusseinkünften.
 

Normenkette

EStG i.d.F. des StÄndG 2007 § 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 5; EStG i.d.F. des StÄndG 2007 § 52 Abs. 44; EStG i.d.F. des JStG 2007 § 32c; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14

 

Streitjahr(e)

2007

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger ist „...” war im Streitjahr Gesellschafter-Geschäftsführer der „E-GmbH”. Aus dieser Geschäftsführertätigkeit erzielte der Kläger im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 1.517.476.- €. Außerdem erzielte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 25.579.- €, Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einer Beteiligung an einer KG in Höhe von 6.948.- €, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 16.097.- € und Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 113.522.- €. Die Klägerin erzielte im Streitjahr keine steuerpflichtigen Einkünfte. Die Summe der Einkünfte betrug mithin 1.647.428.- €, wobei es sich in Höhe von 32.527.- € um Gewinneinkünfte im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG und in Höhe von 1.614.901.- € um Überschusseinkünfte im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG handelte.

Mit Einkommensteuerbescheid 2007 vom 28.01.2009 setzte das Finanzamt - FA – „O-Stadt” die Einkommensteuer auf 705.634 € fest, wobei es die Einkünfte aus Kapitalvermögen - aufgrund unvollständiger Angaben in der Steuererklärung - mit 115.761.- € statt 113.522.- € ansetzte. Bei der Berechnung der Einkommensteuer berücksichtigte das FA „O-Stadt” die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 45 % gemäß § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007 und gewährte nur für die in dem zu versteuernden Einkommen der Kläger anteilig enthaltenen Gewinneinkünfte einen Entlastungsbetrag für Gewinneinkünfte gemäß § 32c EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007 (und des Jahressteuergesetzes 2007) in Höhe von 669.- €.

Mit dem gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 28.01.2009 eingelegten Einspruch machten die Kläger geltend, die durch § 32a EStG 2007 und § 32c EStG 2007 erfolgte Privilegierung der Gewinneinkünfte gegenüber den Überschusseinkünften sei verfassungswidrig. Den Einspruch wies das FA „O-Stadt” mit Einspruchsentscheidung vom 25.05.2009 als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen erhobenen Klage machen die Kläger geltend, die sich aus dem Zusammenspiel von § 32a EStG 2007 und § 32c EStG 2007 ergebende Benachteiligung der Kläger sei verfassungswidrig, weil sie gegen das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verstoße. Die genannten Vorschriften bewirkten im Wesentlichen, dass gut verdienende Angestellte einkommensteuerlich stärker belastet würden als Bezieher von gleich hohen Gewinneinkünften. Für diese Privilegierung von Gewinneinkünften gebe es keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung. Soweit in der Gesetzesbegründung zu § 32c EStG 2007 ausgeführt werde, dass die generelle Anhebung des Spitzensteuersatzes ein ökonomisch falsches Signal sei, eine endgültige Regelung der folgenden Unternehmenssteuerreform vorbehalten bleibe und Gewinneinkünfte mit einem spezifischen unternehmerischen Risiko behaftet seien, seien dies keine tragfähigen Gründe, um eine unterschiedlich hohe Besteuerung bei im Grunde gleicher Leistungsfähigkeit zu rechtfertigen. Eine erst später vorzunehmende Unternehmenssteuerreform könne niemals geeignet sein, eine aktuelle Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Auch das angeblich spezifische unternehmerische Risiko vermöge keine Ungleichbehandlung von Überschusseinkünften einerseits und Gewinneinkünften andererseits zu begründen. Verwirkliche sich dieses Risiko durch entsprechend niedrigere Einkünfte, werde dies im Rahmen der Progression bereits berück...

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