Entscheidungsstichwort (Thema)

Unentgeltliche Gestellung einer Gemeinschaftsunterkunft für einen täglich nach Hause fahrenden Zeitsoldaten der Bundeswehr in der Kaserne als steuerpflichtiger Arbeitslohn. keine Abziehbarkeit des versteuerten geldwerten Vorteils für die vom Arbeitgeber unentgeltlich bereitgestellte, aber vom Soldaten tatsächlich nicht für Übernachtungen genutzte Gemeinschaftsunterkunft als Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der unentgeltlichen Gestellung der Gemeinschaftsunterkunft in einer Kaserne handelt es sich auch dann um einen geldwerten Vorteil für einen Zeitsoldaten, der zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Form von Sachlohn führt und der mit dem amtlichen Sachbezugswert zu bewerten ist, wenn der grundsätzlich zum Wohnen in der Kaserne verpflichtete Soldat entsprechend den Ausgangsregelungen der Bundeswehr (sog. „Ausgang bis zum Wecken”) die Unterkunft in der Kaserne nicht für Übernachtungen genutzt hat, sondern arbeitstäglich zu seinem privaten Wohnsitz zurückgefahren ist.

2. Hat der Soldat den Werbungskostenabzug für seine täglichen Fahrten von der Privatwohnung zur Kaserne geltend gemacht, darf er darüber hinaus weder den von ihm – für die nicht zu Übernachtungen genutzte Gemeinschaftsunterkunft – versteuerten Sachbezugswert noch die darauf entfallende Lohnsteuer noch den Anrechnungsbetrag gem. § 39 Abs. 2 S. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) als Werbungskosten bei seinen nichtselbstständigen Einkünften abziehen.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, 2 S. 6, § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 5; BBesG § 39 Abs. 2 S. 1, § 69 Abs. 3; SG § 18

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.04.2020; Aktenzeichen VI R 5/18)

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der versteuerte geldwerte Vorteil für eine vom Arbeitgeber bereitgestellte, aber tatsächlich nicht genutzte Gemeinschaftsunterkunft als allgemeine Werbungskosten abzugsfähig ist.

Der 1987 geborene Kläger war im Streitjahr 2009 Zeitsoldat bei der Bundeswehr am Standort X und erzielte als solcher Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 EStG. Die Bundeswehr stellte dem Kläger – ihren eigenen Vorschriften folgend – unentgeltlich eine Gemeinschaftsunterkunft in der Kaserne zur Verfügung, da er das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Grundsätzlich bestand für die betreffenden Soldaten die Verpflichtung, in der Gemeinschaftsunterkunft auch zu wohnen. Eine Pflicht zur Übernachtung bestand indessen nicht; die Ausgangsregelungen ließen eine tägliche Rückkehr an den Heimatwohnort zu (sog. „Ausgang bis zum Wecken”). Der Kläger nutzte die Unterkunft in der Stammkaserne nicht für Übernachtungen, sondern fuhr arbeitstäglich zu seinem Wohnsitz in Y zurück. Für die Gestellung der Unterkunft versteuerte die Bundeswehr ausweislich der auszugsweise vorliegenden Gehaltsbescheinigungen (Bl. 19 ff.) einen geldwerten Vorteil nach der Sozialversicherungs-Entgeltverordnung (Sachbezugsverordnung) in Höhe von monatlich 51 EUR (d.h. 612 EUR für das Jahr 2009).

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 1.796,70 EUR (113 Fahrten à 53 km mal 0,30 EUR) geltend. Daneben beantragte er die Anerkennung von Unterkunftskosten am Beschäftigungsort in Höhe des von der Bundeswehr versteuerten Sachbezugswerts von 612 EUR (12 mal 51 EUR). Im Bescheid über Einkommensteuer vom 10. März 2014 erkannte der Beklagte die Fahrtkosten an, versagte jedoch den Abzug der Unterkunftskosten von 612 EUR als Werbungskosten und setzte die Einkommensteuer auf 1.813 EUR fest (Bl. 9 ff.).

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 6. Mai 2015 als unbegründet zurück (Bl. 5 ff.), nachdem wegen hier nicht streitiger Punkte am 12. Dezember 2014 ein geänderter Einkommensteuerbescheid ergangen war (Bl. 14 ff.).

Am 10. Juni 2015 hat der Kläger Klage erhoben (Bl. 1). Er beantragt sinngemäß (Bl. 4),

unter Änderung des Bescheids über Einkommensteuer für 2009 vom 12. Dezember 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Mai 2015 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 612 EUR festzusetzen.

Er trägt vor, die Bereitstellung der Gemeinschaftsunterkunft sei ausschließlich aus betrieblichem Interesse des Arbeitgebers erfolgt. Die Bundeswehr wolle damit sicherstellen, dass die Soldaten im Übungs- und Alarmfall kurzfristig zur Verfügung stünden. Ein privates Interesse habe er nicht gehabt. Er habe die Unterkunft lediglich für dienstliche Handlungen wie etwa die Aufbewahrung der dienstlichen Bekleidung und Ausrüstung genutzt. Hierfür und für das Umziehen hätte ein Spind genügt. Der versteuerte Betrag sei ihm aufgezwungen worden, ohne dass er sich diesem habe entziehen können bzw. ohne einen privaten Nutzen hiervon zu haben. Denn er habe die Gemeinschaftsun...

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