rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO bei unzutreffender Angabe des steuerlichen Einlagekontos in der Feststellungserklärung nach § 27 Abs. 2 KStG mit 0 EUR und dadurch verursachter Nichtberücksichtigung eines von den Gesellschaftern einer GmbH in die Kapitalrücklage einzuzahlenden Agios

 

Leitsatz (redaktionell)

Wurde in der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos in Zeile 5, in der die Höhe des steuerlichen Einlagekontos anzugeben ist, ein Betrag von 0 EUR eingetragen, so kann in dem bestandskräftig gewordenen Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG wegen der unterbliebenen Berücksichtigung einer Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 HGB beim steuerlichen Einlagekonto nur dann eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO vorliegen, wenn sich aus dem Akteninhalt sowohl die Erhöhung der Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 HGB als auch der tatsächliche Mittelzufluss bei der Gesellschaft ergeben (vgl. FG Münster, Urteil v. 13.10.2017, 13 K 1204/16 F, EFG 2018 S. 15; FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 9.3.2017, 10 K 10319/15). Letztere Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn sich weder aus den Erläuterungen zur Bilanz noch aus sonstigen Unterlagen ergibt, dass neu in eine GmbH eintretende Gesellschafter das von ihnen jeweils in die Kapitalrücklage der GmbH einzuzahlende Agio auch tatsächlich gezahlt haben, und wenn in den Erläuterungen zur Bilanz lediglich ausgeführt wird, dass die Einlage eingefordert wurde; aus einer Einforderung der Einlage ergibt sich aber gerade nicht, dass diese auch tatsächlich gezahlt wurde.

2. Nach dem Urteil, BFH, Urteil v. 8.12.2021, I R 47/18, BStBl 2022 II S. 827, schließt allein der Umstand, dass zur Bestimmung der zutreffenden Höhe des steuerlichen Einlagekontos nicht die mechanische Übernahme der im Jahresabschluss angegebenen Kapitalrücklage ausreicht, sondern auf einer zweiten Stufe noch weitere Sachverhaltsermittlungen zur tatsächlichen Höhe des steuerlichen Einlagekontos erforderlich sind, eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 Satz 1 AO nicht aus. Dies kann jedoch nicht so verstanden werden, dass eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 129 Satz 1 AO auch dann vorliegen kann, wenn auf der ersten Stufe, d.h. bei der Frage, ob eine offenbare Unrichtigkeit dem Grunde nach vorliegt, weitere Sachverhaltsermittlungen erforderlich sind.

 

Normenkette

KStG 2007 § 27 Abs. 2 S. 1; AO § 129 S. 1; HGB § 272 Abs. 2

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die gesonderten Feststellungen von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen nach § 27 Abs. 2 KStG zum 31. Dezember 2007 und 2008 wegen einer offenbaren Unrichtigkeit gemäß § 129 AO geändert werden können.

Die Klägerin ist eine im Jahr … gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in …., deren Unternehmensgegenstand …..ist. Das Stammkapital von 90.000 DM wurde seit …. 2006 ausschließlich von Herrn S gehalten, der bis …. 2015 auch einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer war. Mit notarieller Urkunde vom …. 2007 (Notar F) wurde das Stammkapital der Klägerin in Euro umgewandelt und auf 100.000 EUR aufgestockt. In diesem Zusammenhang übernahmen die H AG (AG) 45 % und Z 5 % der Anteile. Die AG und Z hatten zu ihren Stammeinlagen ein Aufgeld (Agio) von …. EUR und …. EUR zu erbringen. Unter Tz. III der notariellen Urkunde vom …. 2007 ist für die beiden neuen Gesellschafter geregelt, dass das Aufgeld zu 50 % bis zum …. 2007 und zu den weiteren 50 % bis 14 Tage nach der Anforderung durch die Gesellschaft zu zahlen ist. Eine Abschrift der Urkunde ist am …. 2007 beim vormals zuständigen Finanzamt L (FA L) eingegangen.

Die Klägerin reichte am …. 2008 bzw. …. 2009 die Körperschaftsteuererklärungen sowie die Erklärungen zu den gesonderten Feststellungen nach §§ 27, 28 und 38 KStG jeweils für 2007 und 2008 ein. Die Erklärungen zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos weisen in Zeile 5, in der die Höhe des steuerlichen Einlagekontos anzugeben ist, jeweils den Betrag von 0 EUR aus. In den Zeilen 32 der Feststellungserklärungen und den Zeilen 33 der Körperschaftsteuererklärungen erfolgten keine Eintragungen. Die jeweils zeitgleich eingereichten Jahresabschlüsse zum 31. Dezember 2007 und 2008 weisen auf Blatt 11 bzw. 12 eine Kapitalrücklage von …. EUR (31. Dezember 2007) und …. EUR (31. Dezember 2008) aus. In der Erläuterung hierzu hießt es in der Bilanz zum 31. Dezember 2007: „Gemäß notarieller Urkunde vom …. 2007 (Notar F) ist ein AGIO (Aufgeld) i. H. v. …. EUR zu zahlen und in die Kapitalrücklage einzustellen. Hiervon sind bisher 75 % eingefordert”. Die Erläuterung in der Bilanz zum 31. Dezember 2008 unterscheidet sich hiervon nur insoweit, als 100 % statt 75 % als eingefordert angegeben werden.

Am …. 2008 und …. 2010 erließ das FA L Bescheide, über die gesonderte F...

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