Entscheidungsstichwort (Thema)

Organschaft. Organgesellschaft. Organträger. Organkreis. Krankenhaus. Filialtheorie. Gewerbesteuermessbetrag 1985 bis 1989

 

Leitsatz (amtlich)

Ambulante Krankenhausleistungen sind auch dann nach § 3 Nr. 20 b GewStG gewerbesteuerfrei, wenn sie – im räumlichen Zusammenhang – innerhalb eines Organkreises von einer anderen Organgesellschaft erbracht werden als von derjenigen, die das Krankenhaus betreibt.

 

Normenkette

GewStG 1986 § 2 Abs. 2 S. 2, § 3 Nr. 20 Buchst. b

 

Beteiligte

das Finanzamt Saarbrücken, Am Stadtgraben, vertreten durch den Vorsteher

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.06.2003; Aktenzeichen I R 100/01)

 

Tenor

1. Unter Änderung der Bescheide vom 14. Juli 1995, alle in Form der Einspruchsentscheidung vom 29. Oktober 1998, wird dem Beklagten aufgegeben, die Gewerbesteuermessbeträge 1985 bis 1989 unter Gewährung der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG neu zu berechnen, und zwar ausgehend von gewerbesteuerfreien Umsätzen für

1985 i.H.v.

12.233.456 DM

1986 i.H.v.

13.179.316 DM

1987 i.H.v.

13.950.295 DM

1988 i.H.v.

15.306.200 DM

1989 i.H.v.

11.828.801 DM

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, betreibt ein Unternehmen, dessen Gegenstand insbesondere die Verwaltung und Verwertung des J. in B. F. ist. In den Streitjahren war die Klägerin zu 100% an den folgenden Firmen beteiligt, an die sie ihren Grundbesitz verpachtet hatte (Bl. 19):

  • • Klin-GmbH – Betrieb eines anerkannten und nach § 3 Nr. 20 GewerbesteuergesetzGewStG – steuerbefreiten Krankenhauses;
  • • Kur-GmbH – Betrieb von Thermalwasserbädern zur ambulanten Durchführung von Heil-, Vorsorge- und Kurbehandlungen einer jeden Art;
  • • T.-GmbH.

Die Klägerin ist umsatz- und gewerbesteuerlich Organträgerin ihrer Tochtergesellschaften. Das Klinikum und das Kurmittelhaus stellen eine bauliche Einheit dar, die durch eine gemeinsame Cafeteria verbunden wird. Die Einrichtungen des Kurmittelhauses werden von den Patienten des Klinikums, von ambulanten Patienten mit ärztlicher Verordnung und von sonstigen Besuchern gegen Eintrittsgeld genutzt (Bl. 20 ff., 33 ff.).

Im Zuge einer Außenprüfung hat die Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass die Leistungen der Kur-GmbH auch insofern gewerbesteuerpflichtig seien, als sie der ambulanten Durchführung von Heil- u.ä. Behandlungen aufgrund ärztlicher Verordnung dienen (Bl. 20). Am 14. Juli 1995 erließ der Beklagte dementsprechend geänderte Gewerbesteuermessbescheide für 1985 bis 1989. Dagegen legte die Klägerin am 4. August 1995 Einsprüche ein, die der Beklagte mit Entscheidung vom 29. Oktober 1998 als unbegründet zurückwies.

Am 30. November 1998 erhob die Klägerin Klage. Sie beantragt sinngemäß (Bl. 1f., 36, 54),

unter Änderung der Bescheide vom 14. Juli 1995, alle in Form der Einspruchsentscheidung vom 29. Oktober 1998, die Gewerbesteuermessbeträge 1985 bis 1989 unter Gewährung der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20b GewStG für die Erträge des ambulanten Bereiches festzusetzen und zwar ausgehend von gewerbesteuerfreien Umsätzen für

1985 i.H.v.

12.233.456 DM

1986 i.H.v.

13.179.316 DM

1987 i.H.v.

13.950.295 DM

1988 i.H.v.

15.306.200 DM

1989 i.H.v.

11.828.801 DM

Zwar seien die ambulanten Leistungen von der rechtlich selbständigen Kur-GmbH erbracht worden. Dennoch seien diese Leistungen wegen der vorliegenden gewerbesteuerlichen Organschaft mit denen der Klin-GmbH und damit denen eines Krankenhauses, eng verbunden, so dass die Voraussetzungen des § 3 Nr. 20b GewStG vorliegen würden. Es spiele keine Rolle, ob das Tätigwerden am Markt als Krankenhaus in rechtlich selbständigen Einheiten oder als rechtlich einheitliches Unternehmen organisiert werde. Vorliegend betreibe der Organträger über seine Organgesellschaften eine Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung, die die Anforderungen erfülle, die § 2 Nr. 1 KHG an ein Krankenhaus stelle. Hierbei komme es nur auf die stationär erbrachten Leistungen an (Bl. 34 f.).

Der Beklagte beantragt (Bl. 39),

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung im übrigen ist der Beklagte der Auffassung (Bl. 38 f.), die „Einrichtung J.” erfülle auch angesichts der bestehenden Organschaft die Voraussetzungen des § 3 Nr. 20b GewStG nur bezüglich der Klin-GmbH, nicht dagegen bezüglich der Kur-GmbH. Die persönliche Befreiung von der Gewerbesteuer sei – auch im Organkreis – nur an die eigene Tätigkeit der jeweiligen Organgesellschaft gebunden (BFH BStBl. II 1975, 179).

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.

 

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