rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf getrennte Veranlagung bei bestandskräftiger Zusammenveranlagung gegenüber einem der Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erlangt ein Einkommensteuerbescheid, in dem inzwischen geschiedene Ehegatten zusammenveranlagt sind, nur gegenüber einem der Ehegatten Bestandskraft, kann der andere Ehegatte die Wahl der Veranlagungsart ohne Weiteres korrigieren. Der Ausübung des Wahlrechts im Sinne einer getrennten Veranlagung steht die Bestandskraft der Festsetzung gegenüber einem der Ehegatten nicht entgegen.

2. Aufgrund des Antrags des geschiedenen Ehegatten auf getrennte Veranlagung beginnt gegenüber dem anderen Ehegatten –bei zwischenzeitlich eingetretener Festsetzungsverjährung– nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO eine neue Festsetzungsfrist zu laufen.

 

Normenkette

EStG § 26 Abs. 1; AO 1977 § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 18.11.2005; Aktenzeichen III B 114/04)

BFH (Beschluss vom 18.11.2005; Aktenzeichen III B 114/04)

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Der Beigeladenen werden Kosten weder auferlegt noch erstattet.

 

Tatbestand

Nachdem der Kläger und die Beigeladene, seine bis 1993 mit ihm verheiratete Ehefrau, die Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1984 bis 1988 nicht fristgerecht eingereicht hatten, erließ der Beklagte am 4. Mai 1990 (betr. 1984, 1985, 1987, 1988) bzw. am 19. Juni 1990 (betr. 1986) Einkommensteuerbescheide, die die Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung (§ 162 AO) ermittelten. Hiergegen legten der Kläger und die Beigeladene mit Schriftsatz vom 11. Juni 1990 (ESt 1988) bzw. 23. Juli 1990 (ESt 1986) Einsprüche ein. Zur Begründung wurden am 30. November 1990 die Einkommensteuererklärungen eingereicht (ESt 1984).

Der Beklagte erließ am 3. April 1991 (für 1987) und am 4. Mai 1991 geänderte Einkommensteuerbescheide (für 1984 bis 1986 und 1988), die den Erklärungsangaben folgten. Der Kläger und die Beigeladene wurden darin jeweils zusammen veranlagt. Jeder Ehegatte erhielt eine Ausfertigung der Bescheide. Gegen die Bescheide legten der Kläger und die Beigeladene mit Schriftsatz vom 6. Mai 1991 (Rbh I, Bl. 17) bzw. 6. Juni 1991 (Rbh I, Bl. 20) Einsprüche ein.

Der Kläger und die Beigeladene trennten sich Mitte 1991. Ihre Ehe wurde am 28. Dezember 1993 geschieden (Rbh I zu St. Nr. 210/02939, Bl. 7).

Am 4. Mai 1993 ergingen erneut (zusammengefasste) Einkommen Steuerbescheide für 1984 bis 1988, die – soweit sie nicht inhaltsgleich waren – lediglich geänderte Kinderfreibeträge auswiesen. Gegen diese Bescheide legte der Kläger am 7. Juni 1993 Einsprüche ein (Rbh, Bl. 23).

Am 10. April 1996 erließ der Beklagte eine Einspruchsentscheidung, die die Einsprüche „der Eheleute A … vom 07.06.1993 gegen die Einkommensteuerbescheide für 1984 bis 1988 in der geänderten Fassung vom 04.06.1993” mangels Begründung als unbegründet zurückwies (Rbh I, Bl. 36). Die Einspruchsentscheidung sollte nach der Verfügung des Beklagten vom 10. April 1996 (Rbh I, Bl. 31) dem Kläger förmlich bekannt gegeben werden. Die Ausfertigung für die Beigeladene sollte mit einfachem Brief an die Adresse E-str. in F zugesandt werden. Nachdem – offenkundig infolge der zwischenzeitlich erfolgten Wohnsitzverlegung des Klägers – eine Zustellung an diesen scheiterte, stellte der Beklagte die Einspruchsentscheidung dem Kläger am 23. Mai 1996 unter dessen neuer Wohnanschrift zu (Bl. 86). Eine Zustellung an die Beigeladene erfolgte nicht.

Nachdem die Beigeladene spätestens durch ihr an den Beklagten gerichtetes Schreiben vom 7. Dezember 2001 (Rbh I zu St. Nr. 210/02939, Bl. 7 ff.) zu erkennen gab, die Einspruchsentscheidung vom 10. April 1996 nicht erhalten zu haben, und gleichzeitig die getrennte Veranlagung beantragt hatte, erließ der Beklagte am 5. Juli 2002 unter der Steuernummer der Eheleute Aufhebungsbescheide zur Einkommensteuer 1984 bis 1988 (Bl. 6 ff.). Am 30. Juli 2002 erließ er unter zwei neuen Steuernummern Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1984 bis 1988 für den Kläger und die Beigeladene, die von einer getrennten Veranlagung ausgingen. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden insgesamt dem Kläger zugerechnet.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2002 (Rbh II, Bl. 2) stimmte der Kläger der Aufhebung der Veranlagungen 1984 bis 1988 zu. Hilfsweise legte er Einsprüche gegen die Aufhebungsbescheide vom 5. Juli 2002 ein. Mit Schriftsatz vom 2. September 2002 erfolgte die Einlegung des Einspruchs des Klägers gegen die Einkommensteuerbescheide vom 30. Juli 2002 (Rbh II, Bl. 16). Am 29. August 2002 ergingen, gestützt auf § 174 AO, erneut Änderungsbescheide, die nunmehr die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dem Kläger nur mehr noch hälftig zurechneten. Gegen diese Änderungsbescheide legte der Kläger am 1. Oktober 2002 (Rbh II, Bl. 16) Einsprüche ein. Er machte u.a. geltend, eine Durchführung der getrennten Veranlagung sei nicht mehr möglich.

Am 20. Dezember 2002 erließ der Beklagte eine Einspruchsentscheidu...

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