Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkaufsmärkte als Betriebsstätten eines selbständigen Handelsvertreters; Schätzung der privaten Telefonnutzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einkaufsmärkte, die ein selbständiger Handelsvertreter ständig mit wiederkehrender Regelmäßigkeit anfährt und in denen er seine gewerbliche Tätigkeit ausschließlich ausübt, stellen für ihn "Betriebsstätten" i.S. von § 4 Abs. 5 Nr.6 EStG 1990 dar, mit der Folge, dass die Kfz-Fahrtkosten nur mit dem Pauschbetrag nach § 9 Abs. 1 Nr.4 EStG abziehbar sind und ein Abzug eines Verpflegungsmehraufwands - auch nicht nach den für eine Einsatzwechseltätigkeit geltenden Regeln - nicht in Betracht kommt.

2. Zur Schätzung des betrieblichen Anteils der häuslichen Telefonkosten, wenn der Anschluss auch von der Ehefrau für deren gewerbliche Tätigkeit sowie der 12-jährigen Tochter genutzt wird (Bestätigung des vom FA angesetzten Privatanteils von 50 % unter Ablehnung des vom Kläger beantragten Privatanteils von nur 20 %).

 

Normenkette

EStG 1990 § 4 Abs. 5 Nr. 6, § 9 Abs. 1 Nr. 4; EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1; AO 1977 § 162; LStR 1990 Abschn. 39 Abs. 7

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer – ESt – veranlagt werden. Der Kläger war im Streitjahr 1990 für die Fa. H in verschiedenen M-Märkten – vornehmlich in B, T und V sowie gelegentlich auch in R und S – als selbständiger Handelsvertreter tätig. Hinzu kam 1990 eine zweitägige Messefahrt nach K.

In ihrer ESt-Erklärung für 1990 erklärten die Kläger einen Gewinn aus der Handelsvertretertätigkeit des Klägers in Höhe von 32.176,91 DM. Im ESt-Bescheid für 1990 vom 16. Juni 1993 (Bl. 4 ESt 90) erhöhte der Beklagte den Privatanteil der erklärten Kfz-Kosten um 5.000 DM. Die mit 6.274,66 DM angesetzten Reisekosten des Klägers berücksichtigte er lediglich in Höhe von 1.000 DM. Dadurch erhöhte sich der Gewinn des Klägers auf 43.705 DM.

Während des hierwegen eingeleiteten Einspruchsverfahrens reichten die Kläger beim Beklagten eine überarbeitete Gewinnermittlung 1990 des Klägers ein (Bl. 34 ff. Rb IV). Diese wies nunmehr nur noch einen Gewinn in Höhe von 30.524,54 DM aus. Dabei wurden nach Maßgabe eines beigefügten Fahrtenbuches als Verpflegungsmehraufwand 5.783 DM und die privatanteiligen Kfz-Kosten mit 774,185 DM (= 7,371 v.H.) angesetzt. Die privaten Telefonkosten wurden nur noch mit 20 v.H. angegeben.

Der Einspruch der Kläger hatte lediglich insoweit Erfolg, als der Beklagte für die Fahrten nach K und V Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 3.381 DM anerkannte (Bl. 14 FG). Im Übrigen wies er den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 18. März 1996 als unbegründet zurück (Bl. 12 ff. FG), indem er das Fahrtenbuch beanstandete und deshalb den Privatanteil der geltend gemachten Kfz-Kosten nunmehr auf pauschal 15 v.H. schätzte. Den Privatanteil der Telefonkosten nahm er im Anschluss an die Vorjahre mit 50 v.H. an.

Mit ihrer am 17. April 1996 beim Finanzgericht (FG) erhobenen Klage beantragen die Kläger,

unter Änderung des Bescheides vom 16. Juni 1990 in Form der Einspruchsentscheidung vom 18. März 1996 die Einkommensteuer 1990 unter Zugrundelegung eines gewerblichen Gewinns des Klägers in Höhe von 30.524,54 DM festzusetzen.

Zur Begründung führen sie aus (Bl. 4, 5 und 20 FG; Bl. 51 Rb IV): Im Hinblick auf die amtsbekannten Reiseziele des Klägers sei das Fahrtenbuch ordnungsgemäß geführt worden. Die Geschäftsreisen des Klägers und der Privatanteil der Kfz-Kosten könnten und müssten daher an Hand des Fahrtenbuches ermittelt werden (Bl. 20 FG). Als privatanteilige Telefonkosten seien allein 20 v.H. sachangemessen, weil es sich bei den beruflichen Telefonaten ausschließlich um Ferngespräche gehandelt habe.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Hierfür bezieht er sich auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung.

Wegen weiterer Sachverhaltseinzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten im Einspruchs- und im Klageverfahren, den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Beklagten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1.Betrieblicher Anteil der Telefonkosten

a) Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind abzugsfähige Betriebsausgaben (BA) solche Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Da es sich um steuermindernde Aufwendungen handelt, ist für ihre Entstehung der Steuerpflichtige beweispflichtig. Er hat sie deshalb durch entsprechende Belege nachzuweisen oder wenigstens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit glaubhaft zu machen. Geschieht dies nicht oder nicht in genügender Weise, kann das Finanzamt – FA – die Besteuerungsgrundlagen mit der Maßgabe schätzen (§ 162 Abgabenordnung), dass die Schätzung mit größter Wahrscheinlichkeit zu einem realitätsgerechten Ergebnis führt (s. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226).

b) Auch wenn die Telefonkosten der Kläger im Streitjahr mit insgesamt 504,92 DM nicht sonderlich hoch waren, ist die Schätzung...

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