rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten einer Zweitwohnung bei widersprüchlichem Verhalten der Familienmitglieder nicht als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abziehbar

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine doppelte Haushaltsführung setzt nicht voraus, dass ein einheitlicher Haushalt in zwei Haushalte „aufgespalten” wird. Es muss lediglich zum ohnehin vorhandenen Haupthaushalt ein Zweithaushalt hinzukommen. Die Motive zur „Aufspaltung” der Haushaltsführung oder für die Wahl des Ortes des Haupthausstands spielen für die berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung keine Rolle.

2. Umfangreiche Ausführungen zu der Frage, wo sich der Haupthausstand der dreiköpfigen Familie im Streitfall befunden hat und welche Bedeutung der Anmietung einer zusätzlichen kleineren Wohnung für zwei Personen durch die Ehefrau, dem meldetechnischen Verhalten der Familienmitglieder sowie dem Antrag der Ehefrau auf Eintragung der Steuerklasse II in der Lohnsteuerkarte in diesem Zusammenhang und im Hinblick auf ein evtl. dauerndes Getrenntleben der Eheleute zukam.

3. Fahrten des berufstätigen Vaters von der an seinem Arbeitsort belegenen Familienwohnung zu einer an einem anderen Ort von der nur geringfügig beschäftigten bzw. arbeitslosen Mutter und der minderjährigen gemeinsamen Tochter bewohnten Zweitwohnung waren nach den maßgeblichen Umständen des Streitfalls durch die private Lebensführung veranlasst.

 

Normenkette

EStG 2002 § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 5, § 12 Nr. 1, § 26 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 07.09.2012; Aktenzeichen IX B 125/11)

BFH (Beschluss vom 07.09.2012; Aktenzeichen IX B 125/11)

 

Tenor

1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

3. Der Beigeladenen werden Kosten weder auferlegt noch erstattet.

 

Tatbestand

Der verheiratete Kläger ist seit über 20 Jahren bei einem Industrieunternehmen angestellt und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Seine Ehefrau, die Beigeladene, ist ausgebildete Industriekauffrau und Sekretärin. Die gemeinsame Tochter wurde 1992 geboren. Der Rechtsstreit wird im Wesentlichen um die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung und um Vermietungseinkünfte im Jahre 2004 geführt.

Der Kläger war für seinen Arbeitgeber zunächst in A tätig. Seit 1989 befand sich der Familienwohnsitz in zwei Eigentumswohnungen (genutzt als eine Wohnung mit sechs Zimmern und zwei Bädern) in der X-Straße in A. Ab 1999 wurde der Kläger im ca. 365 km entfernten B eingesetzt. Im Hinblick darauf hatte der Kläger – zunächst unter Beibehaltung des Familienwohnsitzes in A – in C in der Nähe seines neuen Arbeitsortes eine kleine Unterkunft gemietet.

Durch Vertrag vom 3. Juli 2003 mieteten der Kläger und die Beigeladene in der Nähe des Arbeitsplatzes ein Haus (6 ZKB) mit Garten und Doppelgarage in D zur Nutzung durch die gesamte Familie. Die Kaltmiete und die Nebenkosten (ohne Heizung) betrugen 1.000 EUR und 150 EUR. Am 17. Juli 2003 vermieteten die Eheleute die Wohnung in der X-Straße an K mit Wirkung zum 1. August 2003. Die Kaltmiete und die Nebenkosten betrugen 750 EUR und 60 EUR.

Der Beklagte und später das Finanzamt E sahen von 1999 bis zum 1. August 2003 die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung (Familienwohnsitz: A, doppelter Haushalt in C) als gegeben an. Durch den Familienumzug von A, X-Straße nach D waren ab August 2003 die Voraussetzungen dieser doppelten Haushaltsführung entfallen. Die Veranlagung zur Einkommensteuer 2003 wurde vom Finanzamt E bearbeitet, bei dem die Einkommensteuererklärung 2003 eingereicht worden war.

Am 12. Juli 2004 mietete die Beigeladene mit Wirkung zum 1. August 2004 eine 3 ZKB-Wohnung in dem Mehrfamilienhaus Y-Straße in A an. Unter § 1 Nr. 2 des Vertrages war vereinbart: „Die Parteien sind sich darüber einig, dass 2 Personen in die Mietsache einziehen”. Ab 1. August 2004 waren die Beigeladene und die Tochter mit Hauptwohnsitz in A, Y-Straße gemeldet. Die Tochter hat ab dem Schuljahr 2004/2005 eine Schule in A besucht. Der Kläger war ab 1. Januar 2006 unter der Adresse Y-Straße in A mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Am 13. August 2004 stellte die Beigeladene beim Bürgeramt der Stadt A den Antrag auf Erteilung einer Lohnsteuerkarte II nach §§ 38b Satz 1 Nr. 2, 24b EStG (Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) und versicherte hierbei, dass

  • ▹ sie seit dem 1. August 2004 verheiratet, getrennt lebend,
  • ▹ das Kind ausschließlich in ihrer Wohnung gemeldet und
  • ▹ keine andere volljährige Person in ihrer Wohnung lebe bzw. mit Haupt- oder Nebenwohnsitz bei ihr gemeldet sei.

Daraufhin wurde ihr eine Lohnsteuerkarte der Steuerklasse II erteilt. Die Lohnsteuerkarte des Klägers (Lohnsteuerklasse III) ist nicht geändert worden. Am 18. Oktober 2005 wurde auf der Lohnsteuerkarte der Beigeladenen die Steuerklasse II rückwirkend zum 1. Januar 2005 auf die Klasse V geändert.

Am 19./26. August 2004 schloss die Beigeladene einen Anstellungsvertrag über ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis (Stundenlohn 7 EUR, max...

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