Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermäßigte Besteuerung einer in zwei Teilbeträgen gezahlten Abfindung. Steuerermäßgigung aus Billigkeitsgründen. Aussetzung der Vollziehung. Aussetzung der Vollziehung bezüglich Einkommensteuer 1995 und 1996 (Versteuerung einer über zwei Jahre verteilten Abfindung)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ermäßigte Besteuerung einer in zwei Teilbeträgen gezahlten Abfindung: Bei der summarischen Prüfung im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung wird festgestellt, dass der Billigkeitsgehalt des § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG verloren ginge, wenn die von der Vorschrift begünstigte Zusammenballung von gewöhnlichen und außergewöhnlichen Einkünften trotz des mit letzteren erkennbar verbundenen Zwecks einer ausnahmsweisen Sonderzahlung allein deswegen steuerlich nicht anerkannt würde, nur weil sie zweigeteilt in verschiedenen Veranlagungszeiträumen anfällt, obwohl den beiden Teilsummen (hier: Teilbeträge von 150.000 bzw. 30.000 DM) jedweder Charakter laufender Zahlung fehlt.

2. Führt die Anwendung des normalen Steuersatzes auf eine in zwei Teilbeträgen für die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses gezahlten Abfindung zu einer unbilligen Einkommensteuer, ist zu prüfen, ob die Steuerfestsetzung mit einer Billigkeitsfestsetzung nach § 163 AO 1977 verbunden werden kann.

 

Normenkette

EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 2 Nr. 2; AO 1977 § 163; EStG § 34 Abs. 1 S. 1; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Die durch den geänderten Einkommensteuerbescheid für 1995 vom 26. Mai 1998 festgesetzte Einkommensteuer wird in Höhe von 40.853 DM und die durch den erstmaligen Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 26. Mai 1998 festgesetzte Einkommensteuer wird in Höhe von 8.498 DM bis einen Monat nach Bekanntgabe der instanzbeendenden Entscheidung des Senats in der Klagehauptsache 2 K 99/99 in der Vollziehung ausgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Tatbestand

I.

Der zusammen mit seiner Ehefrau, einer Lehrerin, zur Einkommensteuer – ESt – veranlagte Antragsteller – Ast. – war ab dem 1. November 1993 bei der X AG als Vertriebsleiter beschäftigt (Bl. 21 ESt). Das Anstellungsverhältnis konnte von beiden Seiten mit einer 6-monatigen Kündigungsfrist jeweils zum 30. Juni bzw. zum 31. Dezember gekündigt werden (Bl. 21 ESt). Das letzte Monatsgehalt des Ast. betrug 12.916,76 DM (Bl. 23 Rb). Neben dem Monatsgehalt hatte der Ast. Anspruch auf eine Bonifikation (Bl. 20, 22 ESt).

Die X Ag war eine 100 %-ige Tochter der Y AG. Zum Konzern der X AG gehörte fernerhin das Handelshaus Z S.A. in, Frankreich (Bl. 35 Rb, 37 ESt), für welches der Ast. ebenfalls tätig war (Bl. 32 ESt). Die Aktien der Z S.A. wurden mehrheitlich von der X Vertriebsgesellschaft, gehalten (Bl. 33 ESt).

Am 12. Dezember 1995 schlossen der Ast. und die X AG einen „Aufhebungsvertrag” – AV – (Bl. 32–34 ESt). Nach § 1 dieses Vertrages sollte das Anstellungsverhältnis des Ast. bei der X AG und der Z S.A. mit Ablauf des 28. Februar 1996 enden. Gemäß § 2 AV hatte die X AG dem Ast. zum Ausgleich für die Aufgabe seines sozialen Besitzstandes 180.000 DM zu zahlen. Nach einer handschriftlichen Ergänzung dieser Vertragsbestimmung war ein Teilbetrag von 150.000 DM „unverzüglich nach Anteilsübertragung” und der Restbetrag „mit Beendigung des Angestelltenverhältnisses” auszuzahlen. All dies sollte gemäß §§ 7, 8 AV nur gelten, wenn der Ast. allein oder mit anderen von ihm zu benennenden Partnern bis zum 14., spätestens aber bis zum 31. Dezember 1995, sämtliche Aktien der Z S.A. erwerben würde (Bl. 33 ESt). Anderenfalls wurde das Angestelltenverhältnis des Ast. gemäß § 9 AV zum 30. Juni 1996 ordentlich gekündigt (Bl. 34 ESt).

Am 14. Dezember 1995 gab die Y AG in einer „Information an die Geschäftsführungen” den Verkauf der Z AG an den bisherigen Geschäftsführer (= Ast.) und seine Partner bekannt (Bl. 37 ESt). Diese hatten für den Erwerb der Gesellschaft, die bei der Z mit 15,8 Mio. FF im Soll stand, 9 Mio. FF aufzuwenden (Bl. 37–39 Rb).

In der ESt-Erklärung für 1995 des Ast. und seiner Ehefrau machte der Ast. nach Abzug des Abfindungsfreibetrages von 24.000 DM des § 3 Nr. 9 EinkommensteuergesetzEStG – für noch nicht vollendet 50-jährige Arbeitnehmer 126.000 DM als nach § 34 EStG ermäßigt zu besteuernde Entschädigung geltend. Dem folgte der Antragsgegner – Ag. – im ESt-Bescheid vom 25. November 1996 (Bl. 15 f. ESt). Danach wurde dem Ag. bekannt (Bl. 50, 19 ESt), dass der Ast, der 1996 Geschäftsführereinkünfte in Höhe von 198.003 DM bezogen hat (Bl. 53 ESt), in diesem Jahr den weiteren Abfindungsbetrag in Höhe von 30.000 DM erhalten hatte, dessen Besteuerung die Eheleute in ihrer daraufhin eingereichten ESt-Erklärung für 1996 wiederum zum vorgenannten ermäßigten Steuersatz begehrten (Bl. 53, 55 Rs. ESt). Dies lehnte der Ag. im ESt-Bescheid für 1996 vom 26. Mai 1996 ab, weil die Abfindungen von 1995 und 1996 nicht in einem Betrag gezahlt worden seien (Bl. 68 ESt). Hierwegen änderte er zugleich die bisherige ESt-Festsetzung für 1995 infolge Beka...

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