Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. keine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 RSiedlG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein einstweiliger Rechtsschutz im Eilverfahren nach § 69 Abs. 3 FGO kann nicht weiter reichen, als dies im Hauptsacheverfahren möglich ist.

2. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass § 29 Abs. 1 Satz 1 RSiedlG, soweit diese Norm eine Grunderwerbsteuerbefreiung vorsah, weder durch Fortgeltung noch durch den Einigungsvertrag Bundesrecht geworden ist und auch nicht etwa in Sachsen-Anhalt als Landesrecht fortgilt.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 25 Abs. 12; RSiedlG § 29 Abs. 1 S. 1; GG Art. 70 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2, Art. 123 Abs. 1, Art. 124-125; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 05. Oktober 2021 (Urkundenrollen-Nr. der Notarin B) verkaufte die C GmbH – der Antragstellerin, einer zweigliedrigen GbR, mehrere im Grundbuch von Z eingetragene Grundstücke zum Gesamtpreis von ,– EUR.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2022 setzte der Antragsgegner gegenüber einer „D GbR” die Grunderwerbsteuer für vorgenannte Erwerbsvorgänge auf 5.175,– EUR fest, wobei er sich auf vorgenannten Kaufvertrag bezog und die Blattnummer „u.a.” des Grundbuchs von Z nannte.

Der hiergegen gerichtete Einspruch ging am 16. November 2022 beim Finanzamt ein.

Der Antragsgegner setzte die Vollziehung des Steuerbescheids bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch aus.

Unter dem 03. März 2023 wies der Antragsgegner den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, die Antragstellerin betreibe einen landwirtschaftlichen Betrieb in der Rechtsform einer GbR. O.g. Kaufvertrag sei durch Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz vom 19. September 2022 wirksam geworden. Der Vorgang sei grunderwerbsteuerbar und -pflichtig.

Die hiergegen gerichtete unter dem Aktenzeichen 1 K 216/23 geführte Klage ging am 06. April 2023 beim Gericht ein. Mit der Klage, über die der Senat bislang nicht entschieden hat, begehrt die Antragstellerin die Aufhebung o.g. Grunderwerbsteuerbescheids.

Unter dem 04. Mai 2023 lehnte der Beklagte die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids ab, wobei er ausführte, eine Steuerbefreiung nach § 29 Reichssiedlungsgesetz (RSiedlG) sei nicht möglich, da jene Vorschrift wegen § 25 Abs. 12 Satz 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) nicht mehr anwendbar sei.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung o.g. Grunderwerbsteuerbescheids ist beim Finanzgericht am 08. Mai 2023 eingegangen.

Die Antragstellerin trägt vor, die Erwerbsvorgänge seien nach § 29 RSiedlG von der Grunderwerbsteuer befreit und hätten landwirtschaftliche Grundstücke betroffen. Die Vorschrift sei nach dem Einigungsvertrag als Bundesrecht in Kraft getreten und gelte auch im Land Sachsen-Anhalt ohne jede Einschränkung. Ein vom beklagten Finanzamt in der Einspruchsentscheidung angeführtes Urteil sei nicht einschlägig, denn es betreffe einen in Niedersachsen angesiedelten Sachverhalt und sei vor der Wiedervereinigung Deutschlands ergangen. In Niedersachsen sei das RSiedlG seinerzeit Landesrecht gewesen. Eine Aufhebung von § 29 RSiedlG sei im GrEStG nicht mehr enthalten, in dessen aktueller Fassung die §§ 24 bis 27 nämlich nicht mehr enthalten seien. Mit dem Wegfall von § 25 GrEStG sei der Ausschluss der Anwendung von § 29 RSiedlG entfallen. Die Vorschrift finde sich in einem GrEStG 1997 nicht mehr. Jenes regele die Befreiung von der Grunderwerbsteuer nicht abschließend.

Eine Aufnahme von § 29 RSiedlG in das Bundesrecht mit dem Einigungsvertrag, die die Antragstellerin zu erkennen meint, und die Streichung von § 25 Abs. 12 GrEStG spiegelten den Willen des Gesetzgebers wider, in Fällen wie dem Streitfall keine Grunderwerbsteuerpflicht entstehen zu lassen. Die im Einigungsvertrag vorgesehen Abweichungen vom RSiedlG beträfen nicht die Befreiung von der Grunderwerbsteuer. § 25 GrEStG habe sich ausschließlich auf landesrechtliche Vorschriften bezogen.

Eine Versicherung der Verkäuferin i.S.d. § 29 Abs. 2 RSiedlG finde sich auf Seite 6 o.g. notarieller Urkunde.

Die Antragstellerin beantragt

die Aussetzung der Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Oktober 2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03. März 2023 in voller Höhe ab dem 07. April 2023 bis einen Monat nach Zustellung des Urteils im Verfahren 1 K 216/23.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er verweist auf die Einspruchsentscheidung und trägt vor, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestünden nicht. Eine Steuerbefreiung nach § 29 RSiedlG sei nicht möglich, da jener gemäß § 25 Abs. 12 Satz 2 des GrEStG in einer am 01. Januar 1983 in Kraft getretenen Fassung nicht mehr anwendbar sei.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Der Antrag ist abzuweisen.

Es kann dahinstehen, ob der Antrag zulässig ist, denn er ist jedenfalls unbegründet.

a) Es kann ...

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