Entscheidungsstichwort (Thema)

Bildung von Liquidationszeiträumen für Zwecke der Besteuerung. Hier Abwicklung einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft. Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 1995; gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31.12.1995

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bildung eines Liquidationszeitraums für Zwecke der Besteuerung beinhaltet einen eigenständigen Verwaltungsakt, der die Beteiligten für spätere Besteurungszeiträume bindet.

2. Ist die tatsächlich betriebene Liquidation innerhalb des gebildeten Liqidationszeitraums von mindestens drei Jahren noch nicht zum Abschluss gekommen, kann das FA erneut einen vorläufigen Besteuerungszeitraum i. S. des § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG festlegen, der sich über einen Zeitraum von drei Jahren, aber auch über einen kürzeren Zeitraum erstrecken kann.

3. Hat das FA im Anschluss an einen dreijährigen Liquidationszeitraum als weitere Zwischenveranlagung einen Besteuerungszeitraum von lediglich einem Jahr gewählt, ist eine Begründung dieser Ermessensentscheidung regelmäßig nicht erforderlich.

4. Bei der erstmaligen Bildung eines Liquidationszeitraums, der tatsächlich nicht den gesamten Abwicklungszeitraum umfasst, sowie bei der oder den anschließenden Veranlagungen i. S. des § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG handelt es sich um so genannte Zwischenveranlagungen, die nach Beendigung der Liquidation durch eine Veranlagung über den gesamten Abwicklungszeitraum zu ersetzen sind.

 

Normenkette

KStG § 11 Abs. 1 S. 2, § 7 Abs. 3, § 49 Abs. 1; EStG § 25 Abs. 1; AO 1977 §§ 5, 121 Abs. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Mitgliederversammlung der Klägerin beschloss am 22.08.1990 die Liquidation. Die Einleitung des Liquidationsverfahrens begann zum 01.01.1991. Für die Jahre ab 1991 gab die Klägerin zunächst keine Steuererklärungen ab. Daraufhin erließ der Beklagte mit Datum vom 11.03.1997 Schätzungsbescheide, die den Zeitraum 01.01.1991 bis 31.12.1994 umfassten. Die Bescheide sind bestandskräftig, auf die Einspruchsentscheidung vom 24.8.1998 sowie die Neuberechnung der festzusetzenden Steuerbeträge wird Bezug genommen.

Mangels Abgabe von Steuererklärungen für das Streitjahr erließ der Beklagte mit Datum vom 8.6.1998 ebenfalls Schätzungsbescheide. Hierbei legte das Finanzamt die Angaben in den Umsatzsteuerüberwachungsbögen zu Grunde und berücksichtigte für Zwecke der Umsatzsteuerberechnung einen Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 von Hundert. Nachdem die Klägerin im anschließenden Einspruchsverfahren trotz entsprechender Zusage keine Steuererklärungen abgegeben hatte, wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.

Die Klägerin begründet ihre Klage wie folgt: Die Schätzungsbescheide erwiesen sich als rechtswidrig. In Höhe des Sicherheitszuschlages sei der Umsatzsteuerbescheid fehlerhaft. Dagegen weise die dem Finanzgericht übersandte Umsatzsteuerjahreserklärung ausweislich der mit Schriftsatz vom 17.09.1999 bei Gericht eingereichten Kontenliste die tatsächlich erbrachten Lieferungen und Leistungen sowie abziehbaren Vorsteuerbeträge zutreffend aus.

Gleichermaßen müsse hinsichtlich des Körperschaftsteuerbescheides der geschätzte Gewinn korrigiert werden. Im Streitjahr sei ein Verlust erzielt worden. Vor allem die mit dem Schriftsatz vom 27.11.1998 zu den Gerichtsakten gereichten Kostenfreiheitsbescheinigungen nach § 67 Abs. 2 Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) machten den Fehler des Schätzungsergebnisses deutlich. Tatsächlich sei davon auszugehen, dass im Zuge des Liquidationsverfahrens keine Gewinne erzielt würden.

Im Übrigen habe eine Veranlagung für das Jahr 1995 zu unterbleiben. Im Hinblick auf § 11 Körperschaftsteuergesetz (KStG) habe der Beklagte sein Ermessen vielmehr pflichtgemäß dahingehend auszuüben, dass der gesamte Abwicklungszeitraum dem Besteuerungsverfahren zugrunde zu legen sei. Die Besonderheiten einer Betriebsabwicklung – vor allem eines landwirtschaftlichen Betriebes – in den neuen Ländern sowie die Langwierigkeit von Grundstücksverkäufen machten es erforderlich, im Rahmen der Veranlagung auf einen Gesamtabwicklungszeitraum 01.01.1991 bis 31.12.1997 abzustellen. Zudem würden jährliche Abschlüsse zu unverhältnismäßig hohen Kosten führen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 25.09.1998 den Bescheid für 1995 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31.12.1995, jeweils vom 08.06.1998, aufzuheben und den Bescheid für 1995 über Umsatzsteuer vom 08.06.1998 entsprechend der eingereichten Umsatzsteuererklärung 1995 zu ändern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung des Beklagten kommt eine Änderung des Umsatzsteuerbescheides nicht in Betracht. Mangels Vorlage des Jahresabschlusses oder einer anderen geeigneten Aufstellung sei es nicht möglich, die in der Erklärung ausgewiesenen Umsätze und Vorsteuer...

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